Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Klimawandel gefährdet laut Studie Hälfte aller Tier- und Pflanzenarten
Folge menschengemachter Erderwärmung
BERLIN (AFP) - Die Erderwärmung wird einer Studie zufolge zu einer ernsthaften Gefahr für die Artenvielfalt in besonders schützenswerten Erdregionen: In besonders artenreichen Gebieten wie dem Amazonas oder Madagaskar seien bis zum Jahr 2080 ein Viertel bis die Hälfte der Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht, heißt es in einer am Mittwoch in der Zeitschrift „Climatic Change“veröffentlichten Studie.
Demnach wären bei einer Erderwärmung um 4,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter 48 Prozent der Arten vom Aussterben bedroht. Immer noch halb so groß wäre das Risiko, wenn der durchschnittliche Temperaturanstieg auf zwei Grad begrenzt würde, wie es das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 vorsieht.
Die Studie gab die Organisation World Wide Fund For Nature (WWF) bei der East Anglia Universität in Großbritannien und der James-Cook-Universität in Australien in Auftrag. Die Wissenschaftler untersuchten die klimatischen Bedingungen für 80 000 Arten in 33 einzigartigen Gebieten wie dem Amazonas, der Wüste von Namibia, dem Himalaya, dem Baikalsee und dem Süden Chiles.
Bei einem Temperaturanstieg um zwei Grad blieben 56 Prozent der Oberfläche der besonders schützenswerten Erdregionen als Lebensraum erhalten, bei 4,5 Grad könnte diese Fläche auf nur noch 18 Prozent schrumpfen. „Naturparadiese wie der Amazonas oder die Galapagosinseln drohen noch zu Lebzeiten unserer Kinder weitreichend zerstört und der Hälfte ihrer Tier- und Pflanzenarten beraubt zu werden“, sagte Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland. „Das ist kein Schicksal, sondern direkte Folge der menschengemachten Klimaerhitzung.“
Tiere wie Afrikanische Elefanten oder Große Pandas könnten „regional verschwinden, genau wie Zehntausende Pflanzen, Insekten und kleinere Lebewesen, die die Grundlage des Lebens auf der Erde bilden“, sagte Heinrich. Die Bestände des Afrikanischen Elefanten würden „deutlich zurückgehen aufgrund steigender Temperaturen und sinkendem Niederschlag“. Denn Elefanten benötigten pro Tag 150 bis 300 Liter Wasser.
Bedrohte Regionen
Besonders hart treffen werde es der Studie zufolge die Miombowälder im südlichen und östlichen Afrika, den Amazonas-Regenwald sowie den Südwesten Australiens. Aus den Miombowäldern verschwänden bis zu 90 Prozent aller Amphibien, 86 Prozent aller Vogel- sowie 80 Prozent aller Säugetierarten. Für den Amazonas-Regenwald rechneten die Forscher mit einem Rückgang der Pflanzenvielfalt um 69 Prozent. In Südwestaustralien stünden 89 Prozent aller Amphibien vor dem regionalen Aussterben. Auf Madagaskar werde ein Verlust von bis zu fast 60 Prozent sämtlicher Tier- und Pflanzenarten prognostiziert.
Als „dringendste Maßnahme“forderte der WWF, „so schnell wie möglich“aus Kohle, Öl und später Erdgas auszusteigen – denn dies seien die „Haupttreiber des Klimawandels“.
In Medellín in Kolumbien beginnt am Samstag eine internationale Konferenz zur Artenvielfalt. Die GrünenPolitikerin Steffi Lemke forderte die neue Bundesregierung auf, „das Artensterben in Deutschland – allen voran das Vogel- und Insektensterben zu stoppen“. Ansonsten werde Deutschland die „internationalen und nationalen Ziele zum Artenschutz bis 2020 krachend verfehlen“. Dazu müsse es „zuallererst eine Agrarwende und einen Ausstieg aus Ackergiften wie Glyphosat“geben. Als Beiträge zum Klimaschutz forderte Lemke ein Sofortprogramm mit „Kohleausstieg, CO2-Mindestpreis und Ausbau der Erneuerbaren“.