Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Alles für den fehlenden Titel
Das Ravensburger Mountainbiketeam Centurion Vaude will das Cape Epic gewinnen
Mit einem lauten, reißenden Geräusch zieht Physiotherapeutin Catharina Hoch an der Haut von VfB-Spieler Daniel Malescha. Mit spitzen Fingern zerrt sie die Hautschichten über seiner Wirbelsäule nach oben. Malescha windet sich schmerzerfüllt unter ihren Händen. „Das verbessert den Stoffwechsel“, sagt die 32-Jährige schlicht und verzieht keine Miene. Die beiden sind in keiner Physiotherapie-Praxis, sondern in Hochs Hotelzimmer in Berlin.
Wo die Volleyballer des VfB Friedrichshafen auch spielen, die Physiotherapeutin reist mit und baut ihre Massageliege dort auf, wo sie gebraucht wird. Beim ChampionsLeague-Spiel gegen die Berlin Recycling Volleys behandelt Hoch die Männer im eigenen Zimmer. Mit der Mannschaft reist deswegen auch ein ganzer Koffer voll mit Medikamenten und Utensilien, die die Physiotherapeutin braucht, um für jede Verletzung gewappnet zu sein. Auch beim Training in fremden Hallen beobachtet Hoch die Bewegungsabläufe der RAVENSBURG - Centurion Vaude ist im vergangenen Jahr das beste Mountainbiketeam der Welt gewesen. Zum fünften Mal in Folge gewann das beim KJC Ravensburg beheimatete Team die Transalp, Daniel Geismayr wurde Österreichischer Meister, siegte beim Roc d’Azur. Dazu kamen weitere Titel. Doch einem großen Ziel jagt Centurion Vaude immer noch hinterher. In diesem Jahr soll es in Südafrika den großen Wurf geben.
Die Rede ist vom Cape Epic. Es ist
Mountainbikerennen schlechthin, quasi die Tour de France der Mountainbiker. Am 18. März geht es mit dem Prolog los, es folgen sieben Etappen – insgesamt 658 Kilometer mit 13 500 Höhenmetern in acht Tagen. „Wir waren zweimal auf dem Podium“, sagt Teamchef Richard Dämpfle. 2016 wurde Centurion Vaude in Südafrika Zweiter, im vergangenen Jahr Dritter. „Natürlich muss in diesem Jahr der Sieg unser Ziel sein.“
Und dafür betreiben die Ravensburger einen enormen Aufwand. Seit fünf Monaten wird das Cape Epic in Südafrika geplant: Drei Wohnmobile, zwei Transporter und ein Kühltransporter stehen dem Centurion-Vaude-Team zur Verfügung. Weil in Südafrika derzeit Wasserknappheit herrscht, ist ein einheimischer Helfer seit Wochen dabei, Trinkwasser zu horten – 400 Liter sind zusammengekommen. „Um Gefahren für die Gesundheit zu vermeiden, werden wir sogar den Abwasch mit abgepacktem Trinkwasser machen“, sagt Dämpfle.
Akklimatisieren in Südafrika
Rund 50 000 Euro beträgt das Budget von Centurion Vaude für das Cape Epic – für den Mountainbikesport eine immense Summe. Zum Vergleich: Das Siegerteam erhält in Südafrika rund 12 000 Euro Preisgeld. All das verdeutlicht: In diesem Jahr soll es mit dem Sieg klappen. „Es ist auf jeden Fall möglich“, sagt Topfahrer Daniel Geismayr, im vergangenen Jahr der beste Mountainbiker der Welt auf der Langstrecke. Wie im Vorjahr fährt der Österreicher beim Cape Epic zusammen mit dem Schweizer Gastfahrer Nicola Rohrbach. Sie waren bereits dreieinhalb Wochen in Südafrika, um sich zu akklimatisieren und bei einem ersten Rennen Erfahrungen zu sammeln. „Es war perfekt und genau das, was wir im letzten Jahr nicht gemacht haben“, meint Geismayr.
Dann ging es aber noch einmal für gut eine Woche nach Hause – die Räder blieben allerdings in Südafrika. Gut gegessen ist halb gewonnen. Und gut geschlafen sowieso.
Spieler. „Als Physiotherapeutin sehe ich sofort, wenn etwas nicht rundläuft“, sagt sie. Dann hält sie Rücksprache mit dem Teamarzt, klebt Tape, massiert und drückt an den richtigen Stellen, um den Spielern kurz vor der Hochleistung, die ein Spiel bedeutet, den Schmerz zu nehmen.
Wenn die Mannschaft auswärts spielt, reisen eben nicht nur 13 Spieler von A nach B. Damit die Häfler Volleyballer weiter ungeschlagen bleiben – am Mittwoch feierten sie einen 3:2-Sieg –, müssen die Umstände passen. Dazu gehören auch acht Stunden guter Schlaf. Ohne das eigene Kissen können viele Spieler nicht schlafen. In handelsüblichen Betten können sie sich nicht einmal ausstrecken. Deswegen organisiert TeamManagerin 13 500 Höhenmeter sind beim Cape Epic zu überwinden.
„Man bekommt den Kopf frei, sieht Familie und Freunde“, so Geismayr. „Und man kann in der Kälte besser schlafen als im heißen Südafrika.“Inzwischen sind die Radfahrer und ihr Team – Trainer, zwei Mechaniker, ein Physiotherapeut, ein Koch (der alles frisch zubereitet, um Magenerkrankungen zu verhindern) sowie ein Südafrikaner als Manager
Gesa Katz im Vorfeld bereits Hotels mit extralangen Betten – für Volleyballer geeignet. Im Mannschaftsbus gibt es Matratzen, sodass die Spieler sich über vier Sitze hinweg ausstrecken können. Ganz bequem, mit dem Kissen von zu Hause unterm Arm.
„Wir essen auch zu anderen Zeiten, als es der normale Mensch tut“, sagt Katz. Mittagessen gibt es bei den Sportlern meist erst spät, vor dem abendlichen Training oder dem Spiel dann noch einen kleinen Snack. Gesund sollte das Essen außerdem sein. Salat, Suppe, Kartoffeln und Fisch, wenig rotes Fleisch und wenig Süßkram, damit die Sportler auch auswärts genug Nährstoffe bekommen. Und die Siegesserie weitergehen kann.
und Übersetzer – wieder nach Südafrika geflogen. Im Gepäck: 50 Ersatzreifen und zwölf Ersatz-Laufräder. 300 Kilogramm Zusatzgepäck packte Centurion Vaude in zwölf große Radkartons. „Wir tun alles dafür, um den Jungs den Sieg zu ermöglichen“, sagt Dämpfle.
Wie in den Vorjahren geht Centurion Vaude mit zwei Teams ins Cape Epic – allerdings gibt es in diesem Jahr eine klare Hierarchie. Geismayr/Rohrbach sind Team I, „unsere Toppaarung“, sagt Dämpfle. Markus Kaufmann und Jochen Käß bilden Team II, das Back-up-Team. „Wir können es uns nicht leisten, beide Paarungen zunächst zwei, drei Tage fahren lassen und dann erst entscheiden, wer auf die Gesamtwertung fahren soll“, erklärt Dämpfle. Kaufmann/Käß sind also die Helfer für ihre Teamkollegen. Das ist wichtig, denn beim Cape Epic dürfen sich Fahrer einer Mannschaft bei Defekten untereinander helfen. Und klar ist auch: „Team II darf nicht eine Stunde hinten dran sein, Kaufmann und Käß müssen ebenfalls vorne mit dabei sein“, sagt der Teamchef, der selbst Mitte der Woche nach Südafrika fliegen wird. „Wir haben vielleicht das stärkste Back-up-Team des gesamten Fahrerfelds.“
Vier bis fünf Stunden im Sattel
Dabei sind sämtliche Topteams im Mountainbikesport am Start. Weltmeister Alban Lakata aus Österreich ebenso wie Vorjahressieger Nino Schurter. Im vergangenen Jahr waren die Etappen beim Cape Epic allerdings deutlich kürzer als in diesem Jahr, das spielte den CrossCountry-Fahrern wie Schurter in die Karten.
In diesem Jahr sind die ersten vier Etappen jeweils mehr als 110 Kilometer lang – da sind Marathonexperten wie Geismayr, Rohrbach oder Lakata im Vorteil. Rund vier bis fünf Stunden sitzen die Fahrer täglich im Sattel. „Unsere Form ist gut“, sagt Geismayr selbstbewusst. Zeigen müssen sie es ab dem 18. März. Los geht der Prolog für Kaufmann/Käß um 11.16 Uhr mitteleuropäischer Zeit, genau zehn Minuten später machen sich Geismayr/Rohrbach auf die Strecke.
Der Prolog wird live im Internet übertragen – alle anderen Etappen werden live in mehr als 90 Ländern übertragen, nur in Deutschland nicht. Mountainbiken ist hierzulande eben eine Randsportart. Centurion Vaude wird jedoch alles daransetzen, ihren Sport bekannter zu machen. Am besten mit einem Sieg beim Cape Epic. Dann wäre die Titelsammlung der KJC-Mannschaft quasi vollständig.
Alle Informationen zum Cape Epic, zu den Etappen und der Liveübertragung gibt es im Internet unter www.cape-epic.com