Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Gebrazhofe­ner darf Rehe füttern

Ausnahme wurde vom Ministeriu­m für ländlichen Raum genehmigt

- Von Gisela Sgier

GEBRAZHOFE­N - Erich Bauer, Jagdpächte­r und passionier­ter Nachsuchef­ührer aus Gebrazhofe­n, sowie weitere sieben Pachtkolle­gen erhielten als eine von wenigen Jagdgemein­schaften in Baden-Württember­g die Genehmigun­g, Rehe in ihrem Pachtgebie­t im Winter zu füttern. Möglich wurde dies, da sie eine Fütterungs­konzeption auf einer Fläche von etwa 2500 Hektar eingereich­t hatten – diese wurde vom Ministeriu­m für ländlichen Raum genehmigt.

Nötig geworden sei die Fütterungs­konzeption, da die grün-rote Landesregi­erung 2015 aus der Fütterungs­pflicht in der Notzeit mit dem neuen Jagd- und Wildtierma­nagementge­setz ein generelles Fütterungs­verbot gemacht habe, so Pächter Bauer. Als Grund für die Einreichun­g des Konzepts nannte der Jäger die Erreichung waldbaulic­her Zielsetzun­gen, aber auch, um dem Tierwohl im rauen Allgäuer Winter durch die Gabe von Erhaltungs­futter gerecht zu werden, was sich seit Jahrzehnte­n bewährt habe. Nach großen bürokratis­chen Hürden und aufwendige­n Ergänzunge­n, hätten sich die Jäger im Juli vergangene­n Jahres über eine Zusage freuen können, die es ihnen weiterhin erlaubt, Rehe innerhalb ihres Jagdgebiet­es in der Zeit von 1. Dezember bis 31. März füttern zu dürfen.

„Das Reh ist eigentlich ursprüngli­ch ein Feldbewohn­er, wurde aber im Laufe der Zeit durch mittlerwei­le sehr intensive und großflächi­ge Landbewirt­schaftung und dichter Besiedelun­g in den Wald zurück gedrängt, was hier eine Verbissbel­astung an jungen Trieben erhöht“, erklärte der Jäger. „Im Winter fahren die Rehe ihren Stoffwechs­el und ihren Energiehau­shalt herunter und bewegen sich nur noch wenig“, so Bauer. Würde dann das Wild zum Beispiel durch Spaziergän­ger oder Skifahrer häufig gestört, Experten sprechen von einem Freizeitdr­uck auf den Wald, so würden die Tiere vermehrt Energie verbrauche­n. Das führe zu einer erhöhten Verbissgef­ahr, da der reine Wirtschaft­swald, wie er hier in der Gegend vorherrsch­t und der zu fast 90 Prozent aus Nadelbäume­n bestehe, sowie die leergeräum­ten Feldflure kaum natürliche Nahrung mehr bieten würden, erklärte der Waidmann.

Um der Verbissbel­astung im Wald entgegenzu­wirken und um die waldbaulic­hen Ziele zu erreichen, bedarf es laut dem Jäger einer Gesamtkonz­eption, die er in einer Schrift beim Ministeriu­m für ländlichen Raum in Stuttgart aufführte und in vier Säulen darstellte. So nannte er folgende Punkte: ein durch Bejagung angepasste­r Wildbestan­d, eine auf die Reviere angepasste Bejagungss­trategie, Verbisssch­utzmaßnahm­en an exponierte­n Stellen sowie einer Erhaltungs­fütterung in der äsungsarme­n Zeit, um das Wild von verbissgef­ährdeten Flächen wegzulenke­n. „Als waidmännis­cher Jäger sehe ich es als Teil meiner Hege-Aufgabe an, nicht nur zu nehmen, sondern dem Wild in der Notzeit auch zu geben“, so der Jäger, der bereits in jungen Jahren durch seinen Vater zur Jagd gekommen ist. Nur in einem naturbelas­senen Wald sei die Vegetation so reichhalti­g, dass eine Fütterung in der Notzeit nicht notwendig sei. Des Weiteren müsse unterschie­den werden, wo die Jagdrevier­e liegen. „Wir befinden uns hier auf einer Höhe von etwa 700 Metern über dem Meeresspie­gel. Also sind die Winter härter als zum Beispiel im BodenseeRa­um“, so der Jäger. Fütterungs­gegnern will er zu bedenken geben: „Wer die Fütterung ablehnt, weil sie unnatürlic­h sei, vergisst, dass das Reh in einem unnatürlic­hen Kulturbiot­op lebt.“

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FOTO: ERICH BAUER Mit einer Sondergene­hmigung dürfen Rehe heuer noch bis 31. März gefüttert werden.

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