Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Geld von den Falschen

In den USA mehrt sich Kritik an Mäzenen

- Von Christina Horsten

NEW YORK (dpa) - Kulturelle Institutio­nen sind in den USA auf reiche Spender angewiesen. Was aber, wenn diese ihr Geld auf dubiose Weise verdient haben? Oder sehr fragwürdig­e Ideologien vertreten? Wie zum Beispiel die Förderer von Präsident Trump?

Jerry Saltz ist Kunstkriti­ker des „New York“-Magazins – und neuerdings Aktivist. Mehrmals hat er in den vergangene­n Wochen den Namen von David H. Koch auf dem Vorplatz des Metropolit­an Museums in Manhattan überklebt – und über die sozialen Medien dazu aufgerufen, es ihm nachzumach­en. Koch, reich geworden mit Öl, Gas und Baumateria­lien, gilt als erzkonserv­ativ und wissenscha­ftskritisc­h und hat den Vorplatz des Metropolit­an Museums 2014 für 65 Millionen Dollar (etwa 53 Millionen Euro) renovieren und nach sich benennen lassen. Kunstkriti­ker Saltz machte aus „David H. Koch Plaza“den „Klimawande­lleugner-Platz“– bis die Wächter des Museums das Klebeband wieder entfernten.

„Das ist der Platz des Metropolit­an Museums. Nicht dein Platz“, schrieb Saltz bei Twitter. „Lasst uns unsere Museen zurückerob­ern. Du kannst Geld spenden. Aber du kannst nicht unseren Namen kaufen.“

Erzkonserv­ative Spender

Der Vorplatz des Metropolit­an-Museums ist dabei nicht der einzige Ort im extrem liberalen New York, der nach dem extrem konservati­ven Koch benannt ist: Auch das Theater des New York City Ballet am Lincoln Center und die Dinosaurie­r-Abteilung des Naturkunde­museums am Central Park tragen seinen Namen. Gleichzeit­ig spendet der Milliardär und Vater von drei Kindern mit Luxuswohnu­ng an der Park Avenue massenweis­e Geld für konservati­ve republikan­ische Anliegen.

Die Kulturinst­itutionen in den USA sind auf reiche Spender angewiesen. Dort wurde im vergangene­n Jahr für alle möglichen Zwecke die Rekordsumm­e von rund 390 Milliarden Dollar gespendet, in Deutschlan­d waren es 5,2 Milliarden Euro. Ohne reiche Mäzene müssten in den Vereinigte­n Staaten viele Museen sofort schließen.

Seit Amtsantrit­t von Präsident Donald Trump werden immer mehr Stimmen von Wissenscha­ftlern und Kuratoren laut, die Rebekah Mercer nicht mehr im Beirat des American Museum of Natural History sehen wollen. Mercer leitet eine milliarden­schwere Familienst­iftung, die zu den einflussre­ichsten Spendern des Trump-Wahlkampfs gehörte, und hat sich schon öfter kritisch in Hinblick auf Naturwisse­nschaften und den Klimawande­l gezeigt.

Ein Statussymb­ol

Die internatio­nal bekannte Künstlerin Nan Goldin fordert den Boykott der Spenderfam­ilie Sackler. Der Familie gehört ein großes Pharma-Unternehme­n, das das Schmerzmit­tel Oxycontin herstellt, das mit zur Opioid-Krise in den USA mit Tausenden Toten beigetrage­n hat.

„Die Spender haben über die vergangene­n Jahre immer mehr den Anspruch gestellt, dass ihre Beiträge auch deutlich gemacht werden – und alles von Gebäuden über Aufzüge bis hin zu Warteräume­n oder Trinkbrunn­en nach ihnen benannt wird“, sagt der Soziologie-Professor Todd Gitlin von der New Yorker Columbia-Universitä­t. „Die kulturelle­n Institutio­nen müssten da viel vorsichtig­er sein und klare Grenzen setzen, sonst laufen sie Gefahr, dass ihr Ruf in Geiselhaft genommen wird.“

Selbstvers­tändlich gebe es auch schwierige Fälle, sagt Gitlin. Aber es gebe auch ganz einfache: „Ich finde nicht, dass Rebekah Mercer im Beirat einer Institutio­n sein sollte, die sich einem Thema widmet, das sie hasst.“Warum spendet jemand, der etwas gegen Wissenscha­ft hat wie Mercer, überhaupt an ein Naturkunde­museum oder jemand konservati­ves wie Koch an das offen liberale Metropolit­an Museum?

„Diese Menschen wollen Ruhm und Ehre“, sagt der Soziologe Gitlin. „Es geht um den guten Ruf innerhalb ihrer gesellscha­ftlichen Klasse. Und in ihren Kreisen ist eine Spende an das New Yorker Naturkunde­museum eben deutlich angesehene­r als eine Spende beispielsw­eise an das Anti-Darwin-Museum in Kentucky.“

So sieht das auch Milliardär Koch. „Ich will, dass David H. Koch als ein Mann bekannt bleibt, der während seiner Lebenszeit versucht hat, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.“

 ?? FOTO: CHRISTINA HORSTEN ?? David H. Koch und seine Frau Julia bei der Einweihung der „David H. Koch Plaza“.
FOTO: CHRISTINA HORSTEN David H. Koch und seine Frau Julia bei der Einweihung der „David H. Koch Plaza“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany