Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Übergriffe auf Bahnpersonal nehmen zu
In Baden-Württemberg registrierte die Polizei 2017 mehr als 5200 Vorfälle
STUTTGART (tja) - Busfahrer, Zugbegleiter und Fahrgäste werden immer häufiger bedroht oder sogar körperlich attackiert. Das geht aus Zahlen des baden-württembergischen Verkehrsministeriums hervor, die der „Schwäbischen Zeitung“vorliegen. Die Grünen fordern vor allem die Verkehrsunternehmen auf, mehr für die Sicherheit zu tun. Die Eisenbahnergewerkschaft EVG sieht den Schuldigen woanders: Das grün geführte Verkehrsministerium trage entscheidend zu der Situation bei. In Bussen und Bahnen im Südwesten registrierte die Polizei 2017 mehr als 5200 verbale und körperliche Angriffe. Das sind sieben Prozent mehr Fälle als noch 2016.
STUTTGART - Busfahrer, Zugbegleiter und Fahrgäste werden immer häufiger bedroht oder sogar körperlich attackiert. Das geht aus Zahlen des Landesverkehrsministeriums hervor, die der „Schwäbischen Zeitung“vorliegen. Die Grünen fordern vor allem die Verkehrsunternehmen auf, mehr für die Sicherheit zu tun. Die Eisenbahnergewerkschaft EVG sieht den Schuldigen woanders: Das grün geführte Verkehrsministerium trage entscheidend zu der Situation bei.
In baden-württembergischen Bussen und Bahnen registrierte die Polizei 2017 mehr als 5200 verbale und körperliche Angriffe. Das sind sieben Prozent mehr Fälle als noch 2016. Mehr als 450-mal wurden Fahrgäste oder Personal bedroht, mehr als 3000-mal kam es zu vorsätzlicher Körperverletzung. Opfer solcher Taten wurden rund 3500 Personen, ebenfalls ein deutliches Plus von mehr als acht Prozent.
Das Stuttgarter Verkehrsministerium hat neben diesen Zahlen aus der Kriminalstatistik außerdem Zahlen bei einigen regionalen Verkehrsunternehmen eingeholt (siehe Kasten). Anlass dafür war eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Elke Zimmer (Grünen). Ihr Fazit: „Die Zahlen zeigen einen Anstieg der Aggression- und Bedrohungsdelikte, vor allem im Zusammenhang mit Großereignissen wie Fußballspielen, Fastnachtsveranstaltungen und Volksfesten. Das kann uns nicht zufriedenstellen.“
Vor Kurzem hat die Deutsche Bahn die Übergriffe auf ihre Mitarbeiter aufgelistet. Allein in BadenWürttemberg waren es demnach rund 300. Doch Walter Greiner von der EVG Baden-Württemberg bezweifelt, dass die Zahlen stimmen. „Es gibt schon deswegen eine hohe Dunkelziffer, weil viele Kollegen Vorfälle gar nicht mehr melden. Sie haben resigniert, weil sich viel zu wenig tut“, sagt Greiner. Bei der Beratungshotline, die die EVG eigens für Opfer von Bedrohungen und Gewalt eingerichtet hat, melden sich laut Greiner zunehmend Busfahrer und Kontrolleure.
Der Gewerkschafter sieht die Verantwortung bei der Landesregierung. Schließlich gestalte das Land Baden-Württemberg die Ausschreibungen für den Regionalverkehr. Darin definiert das Haus von Minister Winfried Hermann (Grüne), welche Leistungen es von einem Anbieter erwartet.
Nach Ansicht der EVG müsste das Land mehr Leistungen bei der Sicherheit verlangen. Doch das wäre teuer. „Dafür müsste das Verkehrsministerium eben deutlich mehr Geld in die Hand nehmen“, sagt Greiner. Solange das nicht geschehe, fehle den Verkehrsunternehmen einfach das Geld, um mehr Personal einzustellen – gerade an Wochenenden oder abends.
Die DB Regio hat beim Ministerium offenbar ähnliche Bedenken angemeldet. Die Bahntochter hat ein Sicherheitskonzept vorgelegt, um gerade in kritischen Zeiten mehr Sicherheitspersonal in die Züge schicken zu können. Dafür brauche es aber mehr Geld. Das Verkehrsministerium prüft dies nun. Bereits seit Ende 2016 gibt es in den Zügen der DB Regio Doppelstreifen – das ist laut Ministerium bundesweit einmalig. „Daneben hat das Land BadenWürttemberg in den neuen Verkehrsverträgen, die im Rahmen von europaweiten Ausschreibungen vergeben worden sind, nochmals erheblich die Zugbegleitquote ausgeweitet“, verteidigt die Verkehrsexpertin der Grünen, Elke Zimmer, den eigenen Minister. Ihre Mahnung geht aber an eine andere Adresse: „Die Verkehrsunternehmen sollten bei ihren bestehenden Sicherheitskonzepten weiter nachbessern. Sie sollten noch stärker mit der Polizei zusammenarbeiten und deren fachliche Expertise noch mehr nutzen.“
Eine Sprecherin der Hohenzollerischen Landesbahn dagegen betont, die Zusammenarbeit mit der Polizei sei bereits sehr gut. Seit Jahren schult die HZL Mitarbeiter im Umgang mit renitenten Fahrgästen. Als erste Devise gelte: „Niemand soll sich selbst in Gefahr bringen“. Auf den Strecken der HZL habe sich die Lage verschlechtert, seit in Sigmaringen die Landeserstaufnahmestelle für Asylbewerber eröffnet hat. „Wir haben seitdem vermehrt Gruppen junger Männer, die andere Passagiere oder Mitarbeiter vor allem verbal angehen“, sagt die Sprecherin.