Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Das Breitband kommt
NetCom nimmt in Herlazhofen den Verteilerposten in Betrieb
In Leutkircher Ortschaften geht Abschnitt eins in Herlazhofen in Betrieb.
LEUTKIRCH - Ein Oberbürgermeister, zwei Ortsvorsteher, ein Geschäftsführer, ein Teamleiter und noch ein paar Vertreter mehr. Dass alle am Dienstagvormittag am Rande des Herlazhofener Dorfplatzes zusammenkommen, passt, amtsdeutsch formuliert, zur „Inbetriebnahme des Breitbandnetzes der Stadt Leutkirch“. Endlich geht es mit der Anbindung auch ländlicher Regionen an die große weite Welt des Internets voran.
Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle eröffnet das kurzfristig einberufene Treffen mit dem nicht nur von ihm auch in der Vergangenheit immer wieder besonders hervorgehobenen Hinweis darauf, dass eine Kommune wie Leutkirch im Verbund mit anderen im Interesse der Daseinsvorsorge auf ein sogenanntes „Marktversagen“reagieren musste. Schlechte Übertragungsraten. Schlechte Technik. Aber wer bezahlt die Suche nach Lösungen?
Auf Großversorger kein Verlasss
Letztlich, auch das wird an diesem Vormittag klar, stehen in Abstimmung mit Förderprogrammen insbesondere des Landes die Kommunen dafür gerade, abgelegene Ortschaften und Weiler anzubinden an das „www“. Die großen Versorger, die Telekom, vodafone oder O2, scheuen sich vor dem mit hohen Kosten verbundenen Aufwand wegen weniger Kunden. Ein Betreiber wie die NetCom BW wird so zum Partner der Gemeinden, die sich zusammenschließen. Im Landkreis Ravensburg sind das mittlerweile immerhin 35. Nur Ravensburg, Weingarten, Isny und Ebenweiler gehen eigene Wege.
Der Aufwand, auf einer Länge von 22 Kilometern ein sogenanntes „Backbone-Glasfasernetz“unter die Erde zu bringen, ist neben allen Planungen eine finanzielle Herausforderung. Als Baukosten für diesen ersten Abschnitt in der Langzeitstrategie der Stadt Leutkirch werden netto 720 000 Euro für den Tiefbau und 150 000 Euro für den Kabelbau genannt. Rund 700 000 Euro sind ande- rerseits auch wieder an Fördersummen zu erwarten dafür, dass theoretisch etwa 800 Haushalte in Urlau, Herlazhofen, Bettelhofen, Engerazhofen, Toberazhofen, Engelboldshofen, Winterazhofen, Wolferazhofen, Liezenhofen und Merazhofen sich nicht mehr alleingelassen fühlen sollen dabei, mit der Welt zu kommuni- zieren und Geschäfte abzuschließen. Henle spricht von einem „guten Tag für uns alle“.
Die Ortsvorsteher Alois Peter (Herlazhofen) und Siegfried Edelmann (Gebrazhofen) teilen diese Ansicht. Später wird Edelmann mit Henle und Robert Rühfel, bei der Stadt Leutkirch für den Tiefbau verantwortlich, noch in Toberazhofen einen Vor-Ort-Termin wahrnehmen. Im Zuge der überfälligen Sanierung der Straßenstruktur wurden in dem Weiler vorsorglich alle Installationen auch für das weltweite Netz vorgenommen. „Toberazhofen ist Top“, sagt Henle und zeigt auf einen grauen Verteilerkasten, der die Ortschaft an die Spitze der Internet-Versorgung auf seiner Gemarkung setzen wird und kann, wenn sich Kunden dafür interessieren sollten.
Die Regeln der Physik
Teamleiter Michael Preiß von der NetCom wirbt dafür, unterstützt von Geschäftsführer Roland Fuchs vom Zweckverband Breitbandversorgung des Landkreises. Fuchs spricht unter anderem von physikalischen Regeln, dass nicht jede in der Öffentlichkeit kursierende Meinung im täglichen Betrieb auch den Erwartungen entspräche. Spätestens dann, wenn aus einer Glasfaserverbindung der Schnitt zu einer Kupferleitung ansteht, ist es aus mit der vermeintlich so grenzenlos weiten Welt des Internets auch im ländlichen Raum. Zu alledem hat in den vergangenen Jahren auch die Konjunktur, in diesem Fall negativ, die Ausbaumaßnahmen nicht erleichtert. „Der Markt ist überhitzt“, sagt Fuchs. Überhitzt ist gleichzusetzen mit hohen Preisen.
Insofern mischen sich am Dienstag in die Erleichterung darüber, symbolisch das Netz freizuschalten, auch eher gedämmte Tonlagen. Dabei hat die Stadt Leutkirch, Henle bedankt sich auch beim Gemeinderat für das weitere Engagement, die nächsten Ziele schon klar benannt. Weitere 23,6 Kilometer Netzausbau stehen an in den Bereichen Leutkirch Ost I (Allmishofen, Adrazhofen, Wuchzenhofen), in Leutkirch Ost II (Grund, Ellmeney, Hofs, Ausnang) und von Tautenhofen bis Lanzenhofen. Anfang 2019 werde der Glasfasereinzug nach Fertigstellung der Tiefbauarbeiten erfolgen, kündigt Tiefbauamtsleiter Robert Rühfel an. Das aber trägt eher vorsichtige Züge.
Bundespolitik, Landespolitik, auch Vorgaben des Landkreises haben in der Vergangenheit nicht alles halten können, was versprochen worden ist. Sekt wurde jedenfalls am Dienstagvormittag nicht gereicht. Allein schon die Erleichterung darüber, technisch Fertiges zeigen zu können, sorgte für gute Mienen. Den Rest muss die Kundschaft besorgen. Im Raum Reichenhofen ist dann die Telekom Partner der Stadt Leutkirch und des Zweckverbandes. Anderswo hat sie abgewunken.
Eine DSL- Sprechstunde der NetCom BW wird am 20. Juni von 13 bis 19 Uhr im Rathaus in Herlazhofen stattfinden.