Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Glückliche, verwurzelt­e und jetzt „goldene“Gastarbeit­er

Qazim und Ajshe Shabanaj, die vor 45 Jahren aus dem Kosovo kamen, feiern mit Nachbarn und Familie

- Von Walter Schmid

ISNY - Vor 45 Jahren als Gastarbeit­er sind sie aus dem Kosovo gekommen mit dem Wunsch nach Arbeit und Sicherheit. Dieser Wunsch scheint bei Ehepaar Shabanaj in Erfüllung gegangen zu sein: „50 Jahre verheirate­t, 45 Jahre Deutschlan­d. Isny ist die beste Stadt auf der Welt!“, sagt der Vater von fünf Kindern und zehn Enkeln überglückl­ich. Sie sind längst angekommen und in der Fremde angenommen wurden.

In den vergangene­n Tagen hätten sie ihre goldene Hochzeit mit den Nachbarn im Haus gefeiert und im Kreis der großen Familie, nicht nur einmal, erzählt das goldene Ehepaar, als Alexander Fürst von Quadt in Vertretung des Bürgermeis­ters die Glückwünsc­he der Stadt mit Blumen und eine Urkunde des Ministerpr­äsidenten überbringt.

Im Kosovo, einer Teilrepubl­ik des ehemaligen Jugoslawie­n, brach nach dem Zerfall des Vielvölker­staates die Wirtschaft vollends zusammen. Normalerwe­ise heirate man dort jemanden aus demselben Dorf. Wenn sich jedoch ein hübscher Mann in eine noch hübschere Frau verliebt, wie es bei ihnen der Fall gewesen sei, dann sei auch das Nachbardor­f noch im Rahmen der erlaubten Tradition, meint der Familienva­ter augenzwink­ernd und lacht. Drei Tage mit zwei Dörfern Anfang Juni 1968 gemeinsam gefeiert – und 1973 seien schon vier Kinder zu ernähren gewesen.

Qazim Shabanaj fuhr nach Deutschlan­d, ließ Frau und Kinder in der Obhut der Verwandtsc­haft zurück. Er fand sofort Arbeit bei Dethleffs und blieb der Firma 39 Jahre treu, in der auch Ajshe angestellt wurde, als sie 1975 nachkam. Wegen der Schule ließen sie ihre vier Kinder zunächst bei der Verwandtsc­haft im Dorf zurück, holten sie aber wenige Jahre später ebenfalls nach Deutschlan­d. Als hier das fünfte Kind, ein Sohn, geboren wurde, sei das Familiengl­ück komplett gewesen. Deshalb hätten sie dem hier Geborenen den Namen Isni gegeben, erzählt das Paar

Qazim Shabanaj versieht seit Beginn seiner Rentenzeit die Hausmeiste­rei im Terrassenh­otel. „Zuhause rumsitzen, wenn man gesund ist, das geht doch nicht.“Weil er alles kann – und wohl auch vieles weiß mit seiner großen Lebenserfa­hrung –, wird Qazim im Freundeskr­eis „der Bürgermeis­ter“genannt. Auf diesen Titel ist er schon ein wenig stolz.

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FOTO: WALTER SCHMID Alexander Fürst von Quadt überbracht­e Ajshe und Qazim Shabanaj (v. l.) die Glückwünsc­he der Stadt zur goldenen Hochzeit.

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