Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Ein gewaltiges Vermögen in Silbermünzen
Ellwanger Schatz ist mehrere Hunderttausend Euro wert – Sondensuche ist nicht erlaubt
ELLWANGEN - Einen Wert von mehreren Hunderttausend Euro haben die 10 000 Silbermünzen, die im Sommer 2017 in Ellwangen gefunden worden sind und wegen denen die Staatsanwaltschaft Ellwangen und Landeskriminalamt jetzt ermitteln. Wer jetzt auf die Idee kommt, selbst mit einem Metalldetektor auf Schatzsuche zu gehen: Das ist in Baden-Württemberg verboten.
Entdeckt worden war der Schatz auf der Gemarkung Ellwangen von zwei Militaria-Sammlern, die mit Metalldetektoren auf der Suche nach Munitionsresten waren. Statt den Fund sofort anzuzeigen, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist, meldete sich einer der Männer erst Monate später beim Landesamt für Denkmalpflege. Deshalb wird jetzt gegen beide wegen Fundunterschlagung ermittelt. Dafür kann man laut Pressestaatsanwalt Armin Burger mit einer Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Haft bestraft werden. Wobei das Gericht dabei sicher Augenmaß walten lassen werde, so Burger.
Die 10 000 Münzen aus dem 13. und 14. Jahrhundert, der Ring und Keramik- und Tuchreste werfen aber nicht nur strafrechtliche Fragen auf. Wer hatte wohl im 14. Jahrhundert ein so immenses Vermögen, überlegt Burger, selbst historisch interessiert. Wo ist der Schatz wohl hergekommen? Und wie viel war er damals wert? Darauf müssen die Historiker eine Antwort finden.
Jonathan Scheschkewitz, Leiter des Fachbereichs Mittelalter-Archäologie und beim Landesdenkmalamt zuständig für Raubgrabungen, spricht lieber von einem Hort als von einem Schatz. Den Archäologen geht es weniger um den materiellen als den wissenschaftlichen Wert. Wer einen solchen Hort vergräbt? Da gibt es laut Scheschkewitz mehrere Möglichkeiten. Es könne eine kultische Gabe an die Götter sein, die Beute eines Diebstahls – oder der Schatz wurde aus Angst vor Dieben in Sicherheit gebracht. Meist aber seien die Besitzer in einer Gefahrensituation. So wie die Deutschen im Osten im Zweiten Weltkrieg, die vor der Flucht oft ihre Wertsachen vergraben haben. Wenn so ein Schatz im Boden bleibt, sind die Besitzer vielleicht nie zurückgekehrt, verstorben oder sie haben den Schatz nicht wiedergefunden.
Keine Genehmigung für Private
Wer einen Schatz findet, bei Bauarbeiten etwa, muss ihn melden. Möglichst schnell und ohne etwas zu verändern. Der Fund muss im Boden bleiben. Für die Archäologen ist gerade das Umfeld wichtig. Daraus können sie wichtige Erkenntnisse zur Datierung ableiten. Wird die Erde aufgegraben, sind diese Informationen verloren. Deshalb ist die Schatzsuche in Baden-Württemberg genehmigungspflichtig – und eine solche Genehmigung bekommen Privatpersonen in der Regel nicht.
Die Suche mit Metallsonden sei weltweit ein Problem, sagt Scheschkewitz. Die Klientel ist ganz unterschiedlich. Das kann der Vater sein, der mit seinen Kindern ein Abenteuer erleben will oder ein kulturgeschichtlich interessierter Bürger. Oder Vertreter der Militaria-Szene, wie die beiden Schatzsucher aus Ellwangen. Die Szene sei groß, sagt der Archäologe. Viele suchten in den Kriegsgebieten des Zweiten Weltkriegs nach Spuren von Flugzeugwracks und zerstörten dabei Kulturdenkmale von wissenschaftlichem und heimatgeschichtlichen Wert.
Wie tief ein Fund im Boden steckt, lässt sich anhand des Signals der Metallsonde nicht erkennen. Wird er ausgegraben, ist der archäologische Kontext zerstört und ein wichtiger Baustein für die sozialgeschichtliche Einordnung fehlt, ärgert sich Scheschkewitz.
Das Landesdenkmalamt will Hobbyforscher einbinden, um Fälle wie den in Ellwangen zu verhindern. Sie können sich melden, zu Sondengängern ausbilden lassen und sozusagen im Auftrag der Denkmalschützer auf festgelegten Gebieten forschen.