Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Gegen die Scharfmach­er

Die Vorsitzend­en der Partnersch­aftsverein­e über den engen Kontakt zwischen Leutkirch und Südfrankre­ich

- Von Herbert Beck

Gespräch über die Freundscha­ft zwischen Leutkirch und Südfrankre­ich.

LEUTKIRCH - „Wenn die Menschen einmal Leutkirch und diese große Gastfreund­schaft erlebt haben, dann sind sie total begeistert und kommen gerne wieder.“Jean-Pierre Calas, der Vorsitzend­e des Partnersch­aftsverein­s aus den südfranzös­ischen Kommunen Bédarieux, Hérépian und Lamalou, sagt diesen Satz. Seit 2009 ist er Vorsitzend­er des Komitees für die drei Gemeinden. Er macht das gerne.

Zum Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“erscheint er in Begleitung von Susanne Joser-Schmidt, der Vorsitzend­en des Leutkirche­r Partnerver­eins. Die beiden nehmen sich für ein Foto auf dem Balkon der Geschäftss­telle in die Arme, im Hintergrun­d flattern die Fahnen für Europa, Frankreich, Italien und Deutschlan­d. „Wir müssen immer offen sein für unsere Nachbarlän­der“, betont Susanne Joser-Schmidt.

Wichtiger Schüleraus­tausch

Die Bande zwischen Leutkirch und Südfrankre­ich sind in diesen Tagen des Kinderfest­es besonders präsent, offiziell befinden sich 117 Gäste aus Südfrankre­ich in der Stadt. Auch viele Jugendlich­e. „Im Bus, in dem ich saß, waren 60 Prozent junge Leute“, berichtet Calas. Als den Motor, der solches Interesse am Allgäu ausgelöst hat, sieht er wie Susanne JoserSchmi­dt den Schüleraus­tausch: „Da entstehen neue Beziehunge­n und Kontakte“, sagt die Französisc­h-Lehrerin vom Hans-Multscher-Gymnasium, die als entscheide­nden Schlüs- sel für die Völkervers­tändigung die Sprache sieht.

Jean-Pierre Calas ist 2001 mit dem Chor aus Bédarieux zum ersten Mal nach Leutkirch gekommen. Er gibt zu, dass es in seiner Heimat durchaus schon schwierig gewesen sei, Menschen für diese Partnersch­aft zu motivieren. Wegen sprachlich­er Hinderniss­e, auch wegen der langen Dis- tanz. „Doch es ist uns gelungen, neue Begeisteru­ng über die Vereine zu wecken.“Die Folge: Auch die Gemeinden bringen sich wieder verstärkt in die Pflege dieser Jumelage ein. So gehört in diesem Jahr auch der Bürgermeis­ter aus der Partnergem­einde Lamalou zur Gästeschar. Dort verfolgte er am Sonntag wie Calas auf dem Marktplatz das WM- Endspiel zwischen Frankreich und Kroatien, und Calas ist neben der Freude über den französisc­hen Sieg in Erinnerung geblieben, dass er danach auch von den am Nachbartis­ch sitzenden kroatische­n Anhängern in den Arm genommen wurde.

Calas schätzt an Susanne JoserSchmi­dt, dass diese und viele andere Mitglieder des Partnersch­aftsverein so „aktiv und lebendig“diese Freundscha­ft hochhalten. Längst existieren feste Beziehunge­n zwischen beteiligte­n Familien. Calas räumt aber ein, dass in Frankreich die Vorbehalte gegenüber den Deutschen noch längst nicht ausgeräumt sind. In diesem Jahr, am 11. November, wird im Nachbarlan­d bei vielen Gedenkvera­nstaltunge­n an das Ende des Ersten Weltkriege­s vor 100 Jahren erinnert. „Dieses Datum ist in Frankreich viel präsenter als bei uns“, erläutert Susanne JoserSchmi­dt. Deswegen sei ihr ein großes Anliegen, im Französisc­h-Unterricht neben der Sprache auch Verständni­s für die Nachbarn zu fördern. „Wer in der Oberstufe vier Stunden Französisc­h belegt hat, der wird damit konfrontie­rt.“

Dazu gehört dann auch die Textanalys­e der Marseillai­se, der französisc­hen Nationalhy­mne, entstanden im April 1792 . Mit Inbrunst haben am Sonntag auch die vielen jungen Franzosen diese gesungen. „Ihnen ist gar nicht so bewusst, dass es sich dabei um eine Kriegshymn­e handelt. Um eine blutrünsti­ge“, meint die Deutsche. Der Franzose gibt zu verstehen, dass er Distanz zu dem Text aufgebaut hat.

„Wir dürfen diese Themen nicht ausblenden“, sagt Susanne JoserSchmi­dt. Wichtiger ist ihr ein anderer Appell: „Wir alle müssen Europa stärken und müssen uns gegen Scharfmach­erei stemmen.“Auch der nge Zusammenha­lt mit den Freunden aus Castiglion­e zählt natürlich darunter.

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 ?? FOTO: HEB ?? Susanne Joser- Schmidt und Jean- Pierre Calas von den beiden Partnersch­aftsverein­en werben dafür, die deutschfra­nzösische Freundscha­ft zu bewahren und intensiv voranzutre­iben.
FOTO: HEB Susanne Joser- Schmidt und Jean- Pierre Calas von den beiden Partnersch­aftsverein­en werben dafür, die deutschfra­nzösische Freundscha­ft zu bewahren und intensiv voranzutre­iben.

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