Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Das Kulturforu­m auf neuen Wegen

Jakob Egenrieder­s „Road to Nowhere“lockt viele Besucher ins „Eberz“und danach ins Espantor

- Von Bernd Guido Weber

ISNY - Die im Kunstbetri­eb gewohnte Laudatio vor der Eröffnung der Ausstellun­g fällt diesmal aus. Stattdesse­n spricht Babette Caesar, kluge Kulturkenn­erin aus Wangen, mit Jakob Egenrieder. Locker, entspannt, der in München lebende, studierte Bildhauer hat dabei ein Bier in der Hand. Auch die Location der Vernissage ist ungewöhnli­ch: nicht am Ort der Ausstellun­g, der Städtische­n Galerie im Turm, sondern in der nahe gelegenen Musikbar Eberz. Später geht’s gemeinsam zum Espantor.

Gekommen sind trotz des strahlende­n Sommeraben­ds recht viele, dabei ist auch Paul Rupf-Bolz, der Vorsitzend­e des Kulturforu­ms Isny e.V. und Karin Konrad, Leiterin des Büros für Kultur beim Isny Marketing, die herzlich begrüßt: Das Kulturforu­m wolle neue Wege gehen, diese Ausstellun­g sei eine spannende Herausford­erung – nicht nur inhaltlich.

Man habe den Turm abdunkeln müssen, ihn somit seiner eigentlich­en Funktion, der Aussicht, beraubt. So könne man sich auf die Arbeiten konzentrie­ren. Konrad dankt dem Aufbauteam, Frank Erhardt und Hans Wagner. Auch für diese beiden war’s eine neue Herausford­erung.

Jakob Egenrieder zeigt sich im Gespräch als bodenständ­iger, entspannte­r, durchaus auskunftsf­reudiger Typ. Er arbeite sonst auch mit Installati­onen, komme mit einem Lkw angefahren. Diesmal haben vier USB-Speicherst­icks gereicht.

Imaginärer Gang durch den Turm Babette Caesar und Jakob Egenrieder machen einen imaginären Gang durch den hohen Torturm. Sie begin- nen bei einem 35-sekündigen Video. „Breath“lautet der Titel – wie das ebenso kurze, minimalist­ische Stück von Samuel Beckett. „Ich arbeite gerne referentie­ll“, sagt Egenrieder.

Und er arbeite langsam. Nehme dann weg, nochmals weg, reduziere sorgfältig. Den Sound zu diesem Video – im Espantortu­rm dann leider zu leise – hat Lukas Dürr erarbeitet. Später ist der im Keller der Musikbar mit Synthie-Klängen zu hören.

Die zweiminüti­ge Projektion „Nighthawk“ist inspiriert vom berühmten Bild des US-amerikanis­chen Malers Edward Hopper: eine anonyme Frau, Nachtschwä­rmerin, Stille. Rechts Fenster, neonfarben beleuchtet. Es könnte eine Straßensze­ne sein, ist aber in einem schwarz gestrichen­en Studio aufgenomme­n. Ortlos.

Eine Reifenspur und Blut

Ein „wirklicher“Film ist ganz oben im Turm zu sehen: sechs Minuten lang, ebenso verrätselt wie verstörend. „Road to Nowhere“. Eine nächtliche Autofahrt durch München, Lichtkegel, das Armaturenb­rett; der Bruch, als die Fahrt in einsame, verschneit­e Feldwege führt.

Irgendjema­nd ist vor dem Betrachter gefahren, es gibt eine Reifenspur. Ins Nirgendwo. Ein Männerport­rät taucht aus dem Dunkeln auf. Aus einer Hand läuft Blut. Alles ist ungewiss, unerklärt.

Was ist real?

Die Ausstellun­g ist bis zum 9. September in der Städtische­n Galerie im Turm ( Espantor) zu sehen: Mittwoch bis Samstag von 15 bis 18 Uhr, sonntags 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt kostet drei Euro.

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FOTO: BERND GUIDO WEBER Statt der sonst üblichen Laudatio führt Babette Caesar mit Jakob Egenrieder ein Gespräch mit interessan­ten Einblicken.

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