Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Reichskrone ist wieder auf der Waldburg
Wie der Kronschatz einst nach Oberschwaben kam und Waldburg Mitte des Heiligen Römischen Reiches wurde
WALDBURG (ric/sz) - Die Reichskrone kehrt zurück auf die Waldburg. Seit vergangenen Freitag ist die originalgetreue Replik wieder auf der oberschwäbischen Burg zu sehen, wie Max Haller berichtet. Sie war in den vergangenen zwei Jahre im Schlössle in Weingarten ausgestellt. Außerdem zeigt die Waldburg auch die weiteren Teile des Kronschatzes: das Reichsschwert, das Reichszepter, der Reichsapfel und die heilige Lanze. Der Kronschatz hat eine spannende Geschichte und eine enge Verbindung nach Oberschwaben.
Nachdem das Fürstliche Haus Waldburg-Wolfegg-Waldsee aus der Betreibergesellschaft, die Burg und Museum umgetrieben hat, ausgestiegen ist, betreibt Max Haller die Burg. (Die SZ berichtete.) Der Gastronom und Dehoga-Vorsitzende bewirtschaftet bereits seit 15 Jahren den Burgkeller. Seit Januar 2017 ist die Waldburg nicht mehr öffentlich zugänglich, weil bei einer Kontrolle eine fehlende zweite Fluchttreppe auf der Aussichtsplattform bemängelt wurde. Seit Mai ist die Waldburg im Rahmen von Führungen wieder zu besichtigen.
Passend zur Rückkehr der Reichskrone hat Burgvogt Roland Ohneseit die Geschichte der Reichskrone recherchiert und aufgeschrieben. Als Quelle werden Aufzeichnungen des Historikers Alfred Weitnauer angegeben. Die Geschichte in gekürzter Fassung folgt hier:
Kaiser wurde jubelnd empfangen
Es war sehr kalt. Über Bregenz waren sie gekommen, 4000 Reiter, 12 000 Söldner, über die gedeckte Holzbrücke der Argen von Süden auf die freie Reichsstadt Wangen zu, wie Trommelwirbel die Hufe auf der Holzbrücke, durch das Georgentor eingeritten, sein gelbes Wappen mit den drei Löwen voraus, schwenkte der Zug in Richtung Eselmühle. Die Nüstern der Pferde dampfen in der Schmiedstrasse der freien Reichsstadt zu Wangen. Hufe scharren, die Menschen säumten die Straße – der Kaiser ist da. Die Ehreneskorte der Waldburger erwartet sie zwischen dem Frauentor und dem Martinstor. Bereits am 13. Februar 1217 hatte der Stauferkönig Friedrich II. die Stadt Wangen unter seinen königlichen Schutz genommen.
Truchsess der Waldburg, Eberhard von Tanne Waldburg, erweist Stauferkaiser Friedrich II seine Ehrerbietung. Der Kaiser müde und erschöpft von dem langen Ritt über viele Wochen von Palermo, von Airolo über den Gotthardpass nach Feldkirch und dann nach Oberschwaben, begrüßt seinen treuen und geschätzten Vasallen, Eberhard von Tanne-Waldburg. Er kehrte als Kaiser von Rom zurück, wo er am 22. November 1220 mit seiner Gemahlin Konstanze von Papst Honorius III. in der Peterskirche zum Kaiser und sie zur Kaiserin gekrönt wurden. Er ist der 89. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.
Der Tross zieht weiter in Richtung Waldburg. Jubelnde Menschen geben dem Heereszug einen Rahmen. Es geht vorbei an Herfatz über das Krottental hinauf den Bergrücken nach Niemandsfreund und weiter nach Hannober. Im Nebel blitzt immer wieder die Ansicht der Waldburg heraus. Extra neu umgebaut und umgestaltet zu diesem Anlass. Im Rücken das Panorama des Voralpenlandes, majestätisch der Altmann und der Säntis. Man war am Ziel. Auf dem Hügel im Westen der Burg wurde das Kaiserliche Zelt für die Heerführer aufgeschlagen, um Waldburg herum lagerten der Tross mit den Söldnern. Der Kronschatz des Heiligen Römischen Reiches kommt auf die Waldburg.
Jubelnde Menschen lassen den Tross des Kaisers hochleben und die Erde bebt von den vielen Hufen der Schlachtrösser. Da steht sie nun im vollen Glanz, die Waldburg, das heutige Wahrzeichen Oberschwabens. Die Sonne spiegelt sich auf den Zinnen der Burg. Fahnen wehen, Bratenduft weht durch die Burg. Fanfaren, Trommeln begrüßen den Kaiser auf seiner Burg. Um das Jahr 1243, nach dem Tod zweier bedeutender Waldburger, wurde der Schatz schließlich auf die Reichsburg Trifels in der Pfalz überführt.
16 Mönche bewachen die Krone
Der Rittersaal der Burg ist festlich gedeckt, es wird lange in die Nacht gefeiert. Der Kronschatz mit der Reichslanze, dem Reichsapfel, dem Reichsschwert und der Karlskrone werden am nächsten Tag in der Kapelle im Tor-Turm der Waldburg präsentiert. Bis etwa 1243 wird dies auch so bleiben. Mönche vom Kloster Weißenau sind abgestellt als Ehrenwache. Immer 16 von ihnen lobpreisen abwechslungsweise die Reichskleinodien die nächsten 21 Jahre, Tag und Nacht, mit Gregorianischen Gesängen. Oberschwaben ist der Mittelpunkt des Heiligen Römischen Reiches für die nächsten 21 Jahre.
Der Stauferkaiser genießt die Gastfreundschaft seines Truchsessen, seines Freundes Eberhard von Tanne-Waldburg. Pläne werden geschmiedet für die Ausbildung des Kaisersohnes Konrad. Er verbleibt die nächsten Jahre auf der Waldburg und wird von Eberhard zum König von Deutschland ausgebildet.
Heute wird die Krone des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wieder auf der Waldburg zu sehen sein – zumindest als Nachbildung.