Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
In Kempten drohen Müllsündern Strafen
Stadt will wilde Abfallentsorgung bekämpfen und kommunalen Ordnungsdienst einführen
KEMPTEN - Die Stadt Kempten will einen kommunalen Ordnungsdienst einführen. Das Personal der Verkehrsüberwachung soll dann auch Müllsünder abstrafen und andere Kleinvergehen „unterhalb der Kriminalitätsstufe“, wie es Rechtsdirektor Wolfgang Klaus ausdrückt.
Auslöser dieser Überlegungen, die dieser Tage Stadträte sowohl im Ausschuss für Umweltfragen als auch für öffentliche Ordnung diskutierten, sind Klagen über eine zeitweise Vermüllung der Innenstadt. An Wochenenden und nach Großveranstaltungen quellen die aufgestellten Müllbehälter immer wieder über, und viele Passanten tragen ihre Abfälle dann nicht etwa zu einem anderen Abfalleimer, sondern werfen sie einfach auf den Boden. Nach Worten von Betriebshofleiter Michael Kral ist die Gesamtkapazität der öffentlichen Müllbehälter doppelt so hoch wie das Aufkommen.
SPD-Stadtrat Lothar Köster bedauerte während einer Ausschusssitzung das immer geringere Umweltbewusstsein in der Bevölkerung und sagte allen Ernstes: „Wenn die Verwaltung Stadträte beauftragen würde, für Ordnung zu sorgen, ginge viel …“.
Feiern auf Grünflächen ist Problem
Als „exorbitant gesteigertes Problem“bezeichnete Kral „das Feiern auf Grünflächen“. Seine Mitarbeiter seien öfter fünf bis sechs Stunden damit beschäftigt, zerbrochene Glasflaschen aufzusammeln.
Ein Großteil des wilden Mülls in der Innenstadt sind Lebensmittelverpackungen, die aus Straßenverkäufen von Fast-Food-Anbietern stammen. Im Umweltausschuss war allerdings keine Rede mehr davon, was die Stadtverwaltung nach jüngsten Protesten angekündigt hatte: Die Inhaber der Straßenverkaufsläden finanziell bei der Abfallentsorgung in die Pflicht zu nehmen oder zur Vermeidung von Verpackungsmüll zu drängen. Rechtsdirektor Klaus sagte zwar, dass die Stadt noch prüfe, ob dies doch möglich ist. Volker Reichle, Leiter des Umweltamts, berichtete den Stadträten jedoch von früheren Bemühungen, bei denen die Stadt von betroffenen Anbietern verklagt worden sei und vor Gericht verlor.
Die Verwaltung prüft daher andere Möglichkeiten, dem Problem Herr zu werden – wobei mehrere Stadträte entweder gleich grundsätzlich am Erfolg zweifelten oder dies lediglich als „Hilfskrücke“bezeichneten: Durch eine Werbekampagne soll das Umweltbewusstsein der Menschen verbessert werden; bei einem Aktionstag soll wilder Müll von Bürgern eingesammelt werden; zusätzliche und noch größere Müllbehälter sind angedacht.
Auf frischer Tat ertappen
CSU-Stadtrat Peter Wagenbrenner brachte es auf den Punkt: Er plädierte für die Einführung eines Ordnungsdienstes, „um den einen oder anderen auf frischer Tat zu erwischen und durch Strafen zu zeigen, dass es so (mit der Vermüllung) in unserer Stadt nicht geht“.
Bereits vor einem Jahr hatte es ähnliche politische Diskussionen gegeben. Danach, sagte Klaus sei intern intensiv diskutiert und ohne offizielle Legitimation mit einem Versuch gestartet worden, die Kompetenzen der kommunalen Verkehrsüberwacher zu erweitern. „Eine erste kleine Bilanz“falle positiv aus, was das Jahr 2017 anbelange. „2018 können wir nicht mit einer Erfolgsbilanz glänzen, aber genau das zeigt die Notwendigkeit, durch Präsenz mehr bei der Prävention zu erreichen.“Klaus spielt dabei offenbar auf Jugendexzesse am Illerdamm an.
Der neue Ordnungsdienst soll mit dem vorhandenen Personal der Verkehrsüberwachung gestemmt werden. Deren Dienstplan deckt Zeiträume vom frühen Morgen bis abends um 22 Uhr ab. An zusätzliche Kräfte wird nicht gedacht, sagte Klaus. Kümmern soll er sich um Ordnungswidrigkeiten wie Nachbarschaftsstreitigkeiten oder Umweltdelikte. Bürger sollen sich direkt an den Ordnungsdienst wenden können über die städtische ServiceNummer 115. Wann die Verkehrsüberwacher offiziell mit erweiterten Kompetenzen zu Kontrollgängen starten, steht noch nicht fest.