Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Weiteres Kalb ausgeweidet: War es ein Wolf?
Landrat fordert von Minister sofortigen Abschuss – Alpwirt findet am Grünten zwei neugeborene Kälber tot auf
KRANZEGG - Eine apathische Mutterkuh und zwei tote Kälber hat Alpwirt Konrad Müller am Dienstagmorgen auf seiner Weide am Grünten bei Kranzegg (Oberallgäu) gefunden. Die Zwillingskälber wurden in der Nacht geboren. Von einem war am nächsten Morgen nur noch der Kopf und zwei Beine übrig. Auch der zweite Kadaver hatte Bissspuren. Müller geht davon aus, dass ein oder mehrere Wölfe die Kälber so zugerichtet haben – zumal im etwa sieben Kilometer entfernten Wertach kurz hintereinander zwei junge Rinder gerissen wurden. Hier machen Bauern und Landratsamt „zu 100 Prozent“den Wolf verantwortlich.
Dass seine Kälber bereits tot geboren wurden, glaubt Müller nicht. Er habe auf seiner Alpe noch nie eine Totgeburt gehabt. „Das war hundertprozentig der Wolf. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Das kann kein anderes Tier gewesen sein“, sagt der Landwirt, der seine Tiere nun zur Sicherheit nachts im Stall lässt.
Landesamt: Wolfs-Nachweis fehlt
Mitglieder des „Netzwerks Große Beutegreifer“am Landesamt für Umwelt (LfU) haben auch im aktuellen Fall DNA-Proben genommen. Im Gegensatz zum betroffenen Bauern halten es Vertreter des LfU durchaus für möglich, dass die Kälber tot zur Welt kamen und Aasfresser über sie hergefallen sind. Für die Behörde ist in keinem der aktuellen Fälle erwiesen, dass ein Wolf für den Tod der Tiere verantwortlich ist. Bissspuren bei den gerissenen Kälbern in Wertach bieten beispielsweise kein einheitliches Bild, sagt ein Sprecher. Auch dass die Rinder so kurz hintereinander starben und ausgeweidet wurden, lasse keine Rückschlüsse auf einen Wolf zu. Man müsse die DNAAnalyse abwarten, sagt der LfUSprecher. Diese könne man aber nicht beschleunigen. Das Senckenberginstitut, das die Proben analysiert, sei für das ganze Bundesgebiet zuständig und müsse zahlreiche Proben auswerten.
Das allerdings will der Oberallgäuer Landrat Anton Klotz so nicht hinnehmen: „Diese lange Wartezeit ist unerträglich, das muss sich ändern“, sagt er und fordert ein Ergebnis binnen acht Tagen. „Bei Tbc-Proben ist das ja auch möglich.“Zur Not trage das Landratsamt die entstehenden Kosten. Der Landrat verweist auf sieben ausgeweidete Kälber im Oberallgäu und in Halblech (Ostallgäu) seit Anfang Juni. In keinem einzigen Fall liege bisher eine DNAAnalyse vor.
Klotz, der sich gestern zu einem Krisengespräch mit Vertretern von Landwirtschaft, Alpwirtschaft und Jagd traf, will heute bei Umweltminister Marcel Huber auf eine sofortige Abschussgenehmigung für Wölfe drängen. „Hier reden wir aber erst einmal über den Raum Wertach, hier muss akut etwas geschehen.“Zwar sei derzeit ein Wolfs-Managementplan in Arbeit – man könne aber nicht so lange warten, bis dieser umsetzbar sei.
Auch Dr. Leopold Herz, Landwirt in Wertach und agrarpolitischer Sprecher der Freien Wähler im Landtag, fordert, bäuerliche Familienbetriebe und Alphirten nicht mit dem „Problem Wolf“allein zu lassen. Er hat sich deshalb bereits an Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber und Umweltminister Marcel Huber gewandt. Ebenso wie Landrat Klotz ist es ihm wichtig, dass das Wolfs-Monitoring professionalisiert wird. Die Mitglieder des Netzwerks Große Beutegreifer, die am Fundort Proben nehmen, sind nur ehrenamtlich tätig. Besser wären hier laut Herz behördliche Strukturen. „Verdachtsfälle müssen schnell geklärt werden und dazu ist eine raschere Abwicklung nötig.“Auch eine kompetente Beratung der Geschädigten sowie eine 24-Stunden-Notfallbereitschaft ist wichtig.
„Das war hundertprozentig der Wolf. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Das kann kein anderes Tier gewesen sein.“Alpwirt Konrad Müller
„Diese lange Wartezeit ist unerträglich, das muss sich ändern.“Landrat Anton Klotz