Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Blitz schlägt in Stromleitung ein
Aufzug blieb stecken – Einkaufsmärkte im Dunkeln – Feuerwehrhaus mit Notstrom
BAD WALDSEE - In Bad Waldsee ist am Mittwochmorgen der Strom ausgefallen. Es fehlte an Licht, die Bäckereien und Einkaufscenter waren dunkel, und in den Häusern fielen sämtliche elektrische Geräte aus. Auch einzelne Ampeln waren davon betroffen. Die Bad Waldseer Feuerwehr und die Netze-BW-Techniker waren gefordert. Schätzungen zufolge waren rund 2000 bis 2500 Haushalte von dem Stromausfall betroffen.
Wie Feuerwehrsprecher Marcel Huber berichtet, hat es am Morgen einen Blitzeinschlag in die Stromleitung am Gemeindeverbindungsweg zwischen Enzisreute und Kümmerazhofen gegeben. „Die Leitung wurde durchtrennt“, verdeutlicht Huber die Kraft der Naturgewalt. Die Einsatzstelle ausfindig zu machen, stellte sich als schwierig dar. „Die Leitung hing direkt am Mast herunter, das hat man nicht gleich gesehen.“Die Feuerwehrangehörigen sicherten die Stelle, bis die EnBW-Techniker vor Ort waren.
Doch damit war die Einsatzzeit der Feuerwehr noch nicht beendet. Sogleich wurden sie in ein Mehrfamilienhaus in der Bahnhofstraße gerufen. „Dort ist aufgrund des Stromausfalls eine Person im Aufzug stecken geblieben“, beschreibt Huber die Situation. Von der Alarmierung bis zur Befreiung vergingen rund zehn Minuten. Die betroffene Person blieb unverletzt. Die Feuerwehr war mit insgesamt 34 Mitgliedern und vier Fahrzeugen im Einsatz.
Vom Stromausfall war auch das Feuerwehrhaus betroffen. Doch die Ehrenamtlichen wussten sich zu helfen und stellten die Notstromversorgung her, sodass die Betriebsfähigkeit zu keiner Zeit gefährdet war, versichert Huber.
Wie Netze-BW-Sprecher Ulrich Stark auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“mitteilt, begann die Störung um 7.22 Uhr. Davon betroffen waren vor allem Bad Waldsee und Reute-Gaisbeuren. Bei dem heftigen Blitzschlag in den Freileitungsmast der Netze BW in Kümmerazhofen riss ein Leiterseil und geriet in Kontakt mit dem Erdboden. „Der folgende Erdschluss zog nicht nur einen Stromausfall in Reute und Gaisbeuren sondern innerhalb weniger Minuten zusätzlich drei weitere Kabeldefekte in der Innenstadt von Bad Waldsee nach sich“, berichtet Stark. Mehrere Bereitschaften der Netze BW seien zunächst zur Lokalisierung der Fehlerstellen ausgerückt. Um 7.57 Uhr sei es den Monteuren gelungen, die meisten Haushalte und Betriebe nach und nach wieder ans Netz zu bringen. „Gegen 8.30 Uhr war der Spuk weitgehend vorbei. Um 9.02 Uhr bestand im Stadtgebiet Vollversorgung, Kümmerazhofen hatte um 9.30 Uhr komplett wieder Strom“, so Stark.
Am frühen Nachmittag – um 13.47 Uhr – war das gerissene Freileitungsstück bereits repariert und nachjustiert, sodass auch in Kümmerazhofen die Versorgung wieder im Normalbetrieb funktionierte. Parallel dazu liefen die Reparaturen an den gestörten Erdkabelabschnitten an. Als Erstes zwischen dem Krankenhaus und der Station Schlehenhalde, im Anschluss zwischen der Wagnerstraße und dem Gymnasium sowie zwischen Museum und der Station Am Sandgraben. „Dabei gilt es zunächst, mithilfe eines Kabelmesswagens die genaue Fehlerstelle zu identifizieren, an der aufzugraben und das beschädigte Teilstück auszutauschen ist. Im Laufe des Donnerstagvormittags soll dann auch im Stadtgebiet wieder auf Normalbetrieb geschaltet werden können“, erklärt der Netze-BW-Sprecher.
Es gleicht immer einem Spuk, wenn der Strom ausfällt. Dabei wollten die Leute am Mittwochmorgen gerade aufatmen, weil der heftige Regen die Trockenheit beendete und angenehmere Temperaturen in Aussicht stellte. Doch schon beim Brötchenholen bekam man die negative Seite eines Unwetters zu spüren: Die Bäckerei Gueter am Frauenberg lag vollständig im Dunkeln und nur mithilfe eines Taschenrechners und Wechselgeld aus der eigenen Börse konnte das Personal seine Kunden bedienen. Die Schiebetüre immerhin war offen, weil das Geschäft frühe Öffnungszeiten hat. „Wir machen aus der Not halt eine Tugend und hoffen darauf, dass bald wieder Strom da ist und sich die Kasse öffnet“, sagte die Verkäuferin und reichte die Tüte mit Kleinbrot über die Verkaufstheke. Ein gespenstisches Bild bot sich um 8 Uhr auch auf den Parkplätzen des Einkaufszentrums am Ballenmoos: Bei Feneberg und Aldi, im Rewe-Getränkemarkt und in der Bäckerei Hamma blieb alles dunkel und die Schiebetüren waren geschlossen. Mitarbeiter schlüpften durch Seitentüren mit herkömmlichen Türklinken hinein, Kunden drehten in ihren Autos ratlos eine Schleife auf dem Gelände und traten unverrichteter Dinge ihren Heimweg an. Nichts war’s also mit Einkaufen zu früher Stunde bei moderaten Temperaturen wie erhofft.
Im Rewe-Markt gegenüber war die Kundschaft wie üblich schon ab 7 Uhr bedient worden. „Aber dann plötzlich ein Schlag und alles dunkel – so etwas hatten wir vor Kurzem in Bad Wurzach auch“, berichtet die Verkäuferin der Bäckerei Schwarz im Rewe. Derweil bangt sie um ihre Teiglinge im Backofen, sollte der Strom lange ausbleiben. „Die kann ich dann wegwerfen“, sagte sie um 7.45 Uhr an diesem Vormittag.
Weil auch die Registrierkassen bei Rewe ohne Strom ihren Dienst nicht mehr verrichteten, gab’s eine Zwangspause für die Kassiererinnen. „In diesem Fall räumen wir jetzt erst einmal Ware ein und wenden uns anderen Arbeiten zu in der Hoffnung, dass wir bald wieder kassieren können“, sagte der Marktleiter. „Aber ein Ausfall von mehreren Stunden wäre schon bedrohlich für unsere Tiefkühlware, weil wir kein Notstromaggregat haben“, räumte André Häckler ein.