Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Anhaltende Trockenheit beschert so viele Wespen wie noch nie
Was tun, wenn man ein Wespennest im Rollladenkasten oder auf dem Dachboden entdeckt
AULENDORF - Oft ist der Schreck groß, wenn man ein Wespennest im Rollladenkasten oder auf dem Dachboden entdeckt. Schnell möchte man die Insekten loswerden, doch wie? Sollte man in einem solchen Fall die Feuerwehr rufen, sich an den Wespennest-Notdienst wenden oder gar kurzen Prozess mit einem Hochdruckreiniger machen? Die „Schwäbische Zeitung“hat nachgefragt, was erlaubt ist und was nicht.
Es gibt einige Hundert Wespenarten in Deutschland, wobei Wespen friedlicher sind, als allgemein geglaubt wird. Wenn ein Wespennest entdeckt wird, gehen viele Menschen davon aus, dass dieses sofort entfernt werden muss. Dem ist aber nicht so. Laut Gesetz hat ein Wespennest zunächst mal dort zu bleiben, wo es ist. Wespen sind seit 2002 durch das Grundgesetz geschützt, denn in Artikel 20a des Grundgesetzes heißt es: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“Wer sich nicht daran hält, ein Nest zerstört und dabei beobachtet und angezeigt wird, muss mit einer empfindlichen Geldstrafe rechnen.
Weiterhin verbieten Naturschutzgesetze die Beeinträchtigung oder Zerstörung von Wespennestern – es sei denn, es ist ein vernünftiger Grund dafür gegeben. Aber was zählt als solcher? Hierzu ist zuerst die Bestimmung der Wespenart und danach eine Genehmigung der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt oder eines sachkundigen Schädlingsbekämpfers erforderlich. Angst vor Wespen, die den Kaffeetisch belagern oder sich auf das abendliche Wurstbrot setzen, zählt dabei allerdings nicht. Zu den vernünftigen Gründen gehört unter anderem eine Allergie. Nähere Auskünfte erteilt das zuständige Landratsamt als Untere Naturschutzbehörde.
Keine Pflichtaufgabe der Feuerwehr
Ein Anruf bei Markus Huchler, Hauptkommandant der Freiwilligen Feuerwehr Aulendorf, stellt zudem klar: „Die Beseitigung von Wespennestern ist keine Pflichtaufgabe der Feuerwehr, und wir wollen auch keinem gewerblichen Anbieter die Arbeit wegnehmen.“Bei Hilfeanrufen, die dennoch bei der Feuerwehr eingehen, verweist er auf professionelle Schädlingsbekämpfer.
Umweltberater Günter Tillinger, Fachberater für Wespen und Hornissenfragen im Naturschutzzentrum Ravensburg, erklärt auf die Frage, was man bei der Entdeckung eines Wespennests tun könne: „Die Wespen sind seit Ende April, Anfang Mai zugange. Jetzt haben wir August, und spätestens im Oktober ist die Wespenzeit vorbei.“Vielleicht sei es ja möglich, die Tiere noch einige Zeit zu dulden und währenddessen die üblichen Vorsichtsmaßnahmen, wie Speisen abdecken und Getränke mit Strohhalm trinken, walten zu lassen. Je nach Wespenart würde es nur noch wenige Wochen dauern, bis die Jungköniginnen ausziehen und das restliche Volk nach und nach abstirbt.
Wenn das leere Nest nicht stört, sollte man es an seinem Platz belassen, dann ist dieser Ort im nächsten Jahr frei von Wespen, weil Jungköniginnen immer bei null anfangen und ein neues Nest bauen.
Im Notfall, zum Beispiel, wenn jemand eine Allergie habe oder wenn die Tiere etwa durch eine Verschalung ins Haus „durchgebrochen“seien, sollte man einen Experten hinzuziehen, sagt Tillinger. Dieser habe die Möglichkeit, das Nest fachgerecht umzusiedeln, was besonders bei Hornissen, die ebenfalls zur Familie der Faltenwespen gehören, ein äußerst kompliziertes Verfahren sei, das aber aufgrund der Seltenheit und der Gefahr des Aussterbens der Hornissen sehr wichtig ist. Pressemitteilung der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) seien auch eine halbierte Zitrone oder Rhabarber wirksam. Erst danach sollte man mit Leitungswasser, Kältekompressen oder Eiswürfeln kühlen. „Insektengift-Allergiker sollten in der Sommerzeit stets ein Notfall-Set mit sich führen“, rät Bettina Möhrle von der KKH. „Es enthält unter anderem eine Adrenalin-Spritze, falls Kreislaufprobleme auftreten. Die Kosten hierfür übernehmen – bis auf die gesetzliche Zuzahlung – die Krankenkassen.“(sz)