Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Spahns Plan für mehr Organspenden
Zusätzliches Geld für Kliniken, keine Widerspruchslösung – Die Fakten im Überblick
BERLIN - Mehr als Zehntausend Menschen warten in Deutschland auf ein Spenderorgan, doch die Zahl der Transplantationen erreichte im vergangenen Jahr ein historisches Tief. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will das mit einem Gesetzentwurf ändern – und Kliniken mit mehr Geld ausstatten. Der SPD geht das nicht weit genug. Die Fakten zum Organspende-Gesetzentwurf:
Die Neuerungen in den Kliniken:
Bislang sind Organtransplantationen für viele Kliniken Verlustgeschäfte. Nun sollen die 1246 Entnahmekrankenhäuser feste Pauschalen für Leistungen wie die Feststellung des Hirntods oder das Vorhalten von Spenderorganen der Patienten erhalten. Die Transplantationsbeauftragten erhalten auch deutlich mehr Befugnisse, ihre Tätigkeit wird verbindlich: Jedes Krankenhaus mit 100 Intensivbehandlungs- oder Beatmungsbetten muss mindestens einen solchen Beauftragten einstellen, zusätzliche Stellen sind pro Intensivstation vorgesehen. Ein bundesweiter Bereitschaftsdienst soll vor allem kleineren Kliniken helfen. Auch sieht der Gesetzentwurf vor, dass eine Koordinierungsstelle die Daten der Entnahmekrankenhäuser sammelt und veröffentlicht. Damit will Spahn erreichen, dass Organspender besser erkannt werden.
Die Kosten: Das Bundesgesundheitsministerium schätzt, dass die Reform mit rund 52,5 Millionen Euro zu Buche schlägt. Den Großteil der Kosten tragen die gesetzlichen Krankenkassen, für die privaten fallen nur rund sieben Prozent der Ausgaben an.
Reaktionen: Die Reform sei „eine gute Nachricht für die Menschen auf den Wartelisten“, erklärte der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, gestern. „Es ist höchste Zeit, dass der Gesetzgeber endlich die strukturellen Hürden beseitigt, die für die niedrigen Organspendezahlen verantwortlich sind.“Mit den neuen Vergütungsregeln greife der Gesetzgeber eine zentrale Forderung der Ärzteschaft auf, so Montgomery. Auch die Grünen im Bundestag zollten der Bundesregierung Respekt. Die Gesundheitsexpertin der Fraktion, Kirsten KappertGonther, sagte der „Schwäbischen Zeitung“, es sei wichtig. die Verfahren in den Kliniken zu reformieren.
Kontroverse um die Widerspruchslösung: Der Gesetzentwurf enthält keine Vorgaben dazu, wie sich Bürgerinnen und Bürger zur Frage der Organspende verhalten sollen. Dabei fordern Politiker über Parteigrenzen hinweg seit langem die Widerspruchslösung. Demnach wäre jeder Mensch automatisch Organspender, es sei denn, er erklärt ausdrücklich seinen Unwillen. In einer Umfrage der Krankenkasse Barmer hatten sich im Mai zudem 58 Prozent der Befragten für die Einführung der sogenannten Widerspruchslösung ausgesprochen. „Es ist unverständlich, warum Spahn das nicht in seinem Gesetzentwurf integriert hat“, sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach der „Schwäbischen Zeitung“.