Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Glugger, Stelzen und Donnerfalken
Spannender Vormittag mit alten Spielen im Leutkircher Heimatmuseum.
LEUTKIRCH - Einen solchen Ansturm erlebt das Leutkircher Heimatmuseum nicht alle Tage: „Anna und Paul“hatten ins Kinder-Mitmach-Museum eingeladen, und sage und schreibe 37 Kinder zwischen fünf und elf Jahren haben am vergangenen Samstag das Bock-Gebäude gestürmt. Zum dritten Mal in diesem Jahr boten Sylvia und Roland Hess von der Heimatpflege Leutkirch einen Vormittag im Museum an, und das Motto „Kinderspiele aus alten Zeiten“machte ganz offensichtlich neugierig.
Es war ja auch ein perfekter Tag fürs Museum: Draußen tröpfelte Nieselregen aus einem grau verhangenen Himmel, drinnen verwandelten sich die altehrwürdigen Museumsräume ganz schnell in einen spannenden Spielplatz. Wer sich alleine nicht so recht traute, der brachte Geschwister oder Freunde mit, und auch das eine oder andere Kuscheltier durfte sich ein bisschen umschauen im Heimatmuseum.
Wobei: Es ging keineswegs nur ums Umschauen. Mitmachen, ausprobieren, selber basteln, Anregungen mit nach Hause nehmen – dafür vor allem steht das Kinder-MitmachMuseum. Zunächst allerdings wusste Sylvia Hess so manches davon zu erzählen, wie Kinder früher spielten. Mit Reifen, Gluggern, Bollerwagen und Dreirädern zum Beispiel: „Mega unbequem“, weil ganz ohne Federung, warnte Hess. Ausprobiert werden durfte das alles natürlich auch; genauso wie die hölzernen Steckenpferde, die spektakulär hohen Stelzen oder das sogenannte Tischkegeln mit dem hölzernen Kreisel.
„Wer kennt denn den?“, fragte Sylvia Hess und hob ein unverkennbar häufig gelesenes Exemplar des „Struwwelpeter“in die Höhe. Viele Hände schnellten hoch, die Geschichten vom Suppenkasper, vom Daumenlutscher und vom Struwwelpeter selbst sind offensichtlich vielen Kindern auch heute noch bekannt.
Dass alte Puppenstuben und ihre liebevoll gefertigten Einrichtungen genau zeigen, wie die Menschen damals gelebt haben, auch das erfuhr die neugierige Gruppe im Museumsraum mit den gemütlichen Puppenstuben und Kaufläden.
Nach einem Rundgang durften die Kinder dann selbst aktiv werden: Flaschen bekleben, Hüpfseile bemalen, Dosen werfen, Fadenspiele ausprobieren oder Flieger basteln – es gibt mancherlei Beschäftigungen aus früheren Zeiten, die Kindern auch heute noch viel Spaß machen.
Und dass der unter Anleitung von Roland Hess kunstvoll gefaltete Papierflieger, „Modell Donnerfalke“, auch tatsächlich flugtauglich sind, nun – das ließ sich umgehend feststellen: Vom ersten Stock des Museums segelten die bunten Vögel lautlos hinab ins Erdgeschoss, wieder und immer wieder. Zweieinhalb Stunden mit alten Spielen – für die Kinder vergingen sie schlussendlich und tatsächlich wie im Flug.