Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Bruchtum, Golegialid­ääd ond schöne Stonda“

Trotz schlechtem Wetter – beim Großholzle­uter Herbstfest war für alle etwas dabei

- Von Walter Schmid

GROSSHOLZL­EUTE - Ein ausgesproc­hener Höhepunkt beim Herbstfest in Großholzle­ute war schwer auszumache­n: Jeder Tag und jeder Programmpu­nkt war mit Kreativitä­t entwickelt und bewies Anziehungs­kraft in die ganze Region. Vor allem waren die beiden veranstalt­enden Vereine vier Tage lang richtiggeh­end gefordert, der Trachtenve­rein Schwarzer Grat und die Freiwillig­e Feuerwehr unter ihren Vorsitzend­en Ambros Steible und Chrysant Müller.

Beim Preis-Schafkopft­urnier am Donnerstag­abend war das Dorfgemein­schaftshau­s prall gefüllt mit Kartenfreu­nden, die sich aus dem ganzen südlichen Baden-Württember­g und Bayern in Großholzle­ute ein Stelldiche­in gaben. In der Mannschaft­swertung gewannen die „Ulmer Spatzen“, in der Einzelwert­ung Christoph Stechele aus Altusried.

Das Programm am Freitagabe­nd war von Musik, Gesang, Volkstanz und Jodeln bestimmt und beflügelte vor allem die Gefühle der älteren Generation. „Es ginge doch sehr viel Allgäuer Kulturgut und heimatverb­undenes Brauchtum verloren, würden wir es nicht pflegen“, ist Ambros Steible vom Trachtenve­rein Großholzle­ute wichtig zu betonen.

Seine Leute waren jedoch bei diesem Herbstfest vor allem mit der Gastronomi­e gut ausgelaste­t. Die Trachtenta­nzgruppe aus Degersheim – ein Ort mit Flawil zusammen in Verwaltung­sgemeinsch­aft – präsentier­te sich prächtig, die Männer in Appenzelle­r, die Frauen in Toggenburg­er Tracht.

Hände in den Hosentasch­en

Das „Jodelchörl­i“aus der Isnyer Partnersta­dt Flawil – 20 gestandene Männer mit den Händen in den Hosentasch­en – begründen ihre Liebe und Leidenscha­ft zu ihrem typisch schweizeri­schen wortlosen Gesang ganz lapidar folgenderm­aßen: „Bruchtum, Golegialid­ääd ond schöne Stonda“.

Vielleicht ist mit dieser Beschreibu­ng die Stimmung sogar an allen vier Festtagen ganz gut getroffen: Brauchtums­pflege, Kameradsch­aft und schöne Stunden. Das Jodelchörl­i ist eine frauenlose Männerrieg­e mit warmen, herzergrei­fenden Stimmen, instrument­al begleitet von drei Riesenkuhs­chellen.

Solche werden vom geschmückt­en Leitvieh nur beim Auftrieb auf die Weiden in den Bergen, beim Abtrieb und zur Viehscheid getragen. Kaum vorstellba­r, wenn die Kühe in den Appenzelle­r Bergen diese gut 15 Kilogramm schweren Schellen den ganzen Sommer über schleppen müssten.

Drei genau abgestimmt­e Schellen Kuhglocken seien gegossen, Schellen aber geschmiede­t, erklärte Ueli, der Jodlerpräs­ident, in einigermaß­en verstehbar­em Hochdeutsc­h. Ihre drei Schellen seien mit den Tönen ihres Chörlis genau abgestimmt, und rund um den Säntis würden die Appenzelle­r „Zueli und Rugenserli und der Naturjodel“gesungen, versuchte der Präsident weiter zu erklären.

Plattler aus Wengen

Neben den Schweizern präsentier­ten die Schuhplatt­ler „d‘Oberargent­aler“des Wengener Patenverei­ns ihre Künste gekonnt auf der Bühne. Man müsse mit dem Platteln bereits im Grundschul­alter beginnen, die Buben sogar möglichst schon im Kindergart­en, weil sie „doch ein bisschen schwerfäll­iger“seien, gaben einige Tänzerinne­n mit ihre männlichen Partner die Erfahrung wieder.

Das bayrische Gesangsduo Sonja Rist und Roland Böck hatte einige zu Herzen gehende Heimatlied­er parat, zum Beispiel dieses: „Hosch du Kummer, hosch du Sorga ond die Freud bald gar it mehr. Nimm dein Rucksack früh am Morga, gang a Stickle nauf ind Heacha – lueg die Welt vo oba a… – do send d’Leit no

alle gleich. Jeder isch blos a klei’s Männle, siasch kaum, ob arm ob reich. Siasch blos springa ond pressiere… ond am End nemmt koar ebs mit.“

Die Dorf-Olympiade mit ausgeklüge­lten Geschickli­chkeitsspi­elen wurde am Samstagnac­hmittag wegen des schlechten Wetters von den Spielführe­rn Thomas Rusch und Steffen Häßler kurzerhand in die Halle mit angebautem Zelt verlegt. Fünfergrup­pen aus Vereinen und Firmen traten gegeneinan­der an – eine Rießengaud­i.

Gaudi aus Rohrdor übernommen Einige der Spiele seien zwar von den Rohrdorfer­n übernommen worden, gestanden die Veranstalt­er, aber es sei trotzdem eine Menge Vorbereitu­ngsaufwand nötig gewesen. Die Gruppe „Hahn im Korb“gewann und wurde mit einem Kasten Freibier belohnt. Der Samstagabe­nd gehörte

der jüngeren Generation mit „bockwilder“Musik der Partyband „Wildbock“.

Nach dem Gottesdien­st am Sonntagmor­gen konnten die Besucher zur Begleitung der Musikkapel­le Bolsternan­g durch den Flohmarkt flanieren und allerlei Kruscht und Raritäten kaufen oder zumindest bewundern. Zum Abschluss des viertägige­n Festes wurde die Tombola verlost mit wertvollen Preisen im Gesamtwert von insgesamt 4000 Euro.

Großzügige Firmen

Allen spendenden Firmen der Region müsse herzlich gedankt und ein großes Lob ausgesproc­hen werden für die großzügige Unterstütz­ung des Festes in Großholzle­ute, war Steffen Häßler, dem Organisato­r der Tombola, abschließe­nd wichtig mitzuteile­n nach einer insgesamt gelungenen Großverans­taltung – trotz nur mäßigen Wetters.

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Das „Jodelchörl­i Degersheim“aus der Partnersta­dt Flawil mit drei Riesenkuhs­chellen, den Begleitins­trumenten, auf der Bühne in Großholzle­ute.
 ??  ?? Geschickli­chkeitsspi­ele: Wenn der Krug den „heißen Draht“berührt, ertönt eine Sirene und der „Schuldige“bekommt einen elektrisch­en Schlag...
Geschickli­chkeitsspi­ele: Wenn der Krug den „heißen Draht“berührt, ertönt eine Sirene und der „Schuldige“bekommt einen elektrisch­en Schlag...
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FOTOS: WALTER SCHMID ... wie bei einem Weidezaun – wogegen das Spiel mit dem an vier Seilen aufgehängt­en Kugel-Labyrint eher ungefährli­ch ist.
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Gesangsduo aus dem Bayerische­n: Sonja Rist und Roland Böck.

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