Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Unterhalt geht immer vor
35-Jähriger muss sich vor Gericht verantworten, weil er 17 Monate kein Geld für seine Tochter überweist
OBERALLGÄU - Weil er 17 Monate lang keinen Unterhalt für seine siebenjährige Tochter bezahlt hat, musste sich ein 35-jähriger Oberallgäuer nun vor dem Amtsgericht Sonthofen verantworten. Das Kind hatte in dieser Zeit einen Unterhaltsvorschuss vom Jugendamt erhalten. Richterin Brigitte Gramatte-Dresse stellte das Verfahren jedoch ein, weil der Mann bereits im Januar wegen eines anderen Delikts zu einer hohen Geldstrafe verurteilt wurde.
Schon im April 2017 stand der Mann wegen nicht gezahlten Unterhalts vor Gericht. Damals wurde das Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt, als Auflage musste der 35-Jährige monatlich 50 Euro des Vorschusses ans Jugendamt zurückzahlen. Weil der Oberallgäuer dann jedoch seinen Job verlor, fünf Monate arbeitslos war, und in dieser Zeit weder den Unterhalt, noch den Unterhaltsvorschuss zahlen konnte, nahm die Richterin das Verfahren erneut auf.
„In den fünf Monaten konnte ich nichts zurückzahlen, weil ich arbeitslos war“, sagte der 35-Jährige. Unterhalt habe er aber immer für seine Tochter überwiesen, wenn auch nicht den kompletten Satz. Die Mitarbeiterin des Jugendamts zeichnet ein anderes Bild: „Er hat erst im Mai 2018 wieder angefangen, Geld zu überweisen.“Und auch hier nur eine geringe Summe. „Mittlerweile hat er schon wieder seine Arbeitsstelle verloren.“Die Richterin wies den Angeklagten auf seine Pflicht hin, den vollen Unterhalt zu entrichten. „Der Kindesunterhalt geht immer vor.“Wenn jemand nicht zahle, könne er zivil- und strafrechtlich verfolgt werden. Zudem dürfe er bei Unterhaltspflicht eine gut bezahlte Stelle nicht einfach aufgeben.
Im Januar wurde der 35-Jährige bereits wegen eines Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz, das vor Gewalttaten und Nachstellungen („Stalking“) schützt, zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt. Deshalb stellte Richterin Gramatte-Dresse das aktuelle Verfahren ein, denn die hier zu erwartende Strafe falle im Vergleich zur bereits erteilten Geldstrafe „nicht beträchtlich ins Gewicht“.
Warum kommen Personen ihrer Unterhaltspflicht nicht nach? „Das kann man nicht pauschal sagen“, meint Dietmar Herrmann, Amtsgerichtsdirektor in Sonthofen. Angezeigt würden nur solche Fälle, in denen der Unterhaltspflichtige hätte zahlen können, es aber nicht getan hat. Die meisten Verfahren würden jedoch wegen Geringfügigkeit eingestellt. „Als Auflage muss der Angeklagte dann den Unterhalt, meist innerhalb eines Jahres, zurückzahlen“, erklärt Herrmann.
Gibt es mehr alleinerziehende Frauen oder Männer im Oberallgäu? Laut Jugendamt liegt keine genaue Zahl aller Alleinerziehenden vor: „Viele einigen sich mit dem anderen Elternteil über Unterhaltszahlungen, ohne dass das Jugendamt davon weiß“, erklärt Amtsleiterin Claudia Ritter. Dies geschehe auf freiwilliger Basis oder über Anwälte. Bekannt seien nur die Fälle, die Unterhaltsvorschuss beantragen oder erhalten. Jedoch gebe es deutlich mehr alleinerziehende Frauen als Männer.
Was passiert, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil nicht zahlen kann? Laut Ritter werden nicht zahlende Väter oder Mütter aufgefordert, „sich eine Arbeitsstelle zu suchen, um den Unterhalt zahlen zu können“. Teilweise werden auch Bewerbungen angefordert, um zu sehen, ob er oder sie ernsthaft versucht hat, einen Job zu finden.