Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Klimawandel im Welthandel
Jede Party hat einmal ein Ende. Auch in der Wirtschaft gilt diese Regel. Deutschlands Wirtschaftsleistung wächst seit nunmehr neun Jahren stetig an, mal stärker, mal nur wenig. Aber aufwärts ging es nach 2010 immer. Ein Ende des Aufschwungs wäre nur eine normale konjunkturelle Entwicklung. Aber dieses Ende ist trotz manch bedenklicher Entwicklung immer noch nicht in Sicht. Für das kommende Jahr sagen sowohl die führenden Forschungsinstitute als auch der Internationale Währungsfonds (IWF) ein weiteres Wachstum voraus.
Zwar werden die Prognosen mittlerweile nach unten korrigiert. Doch vordergründig gibt es keinen Grund für Alarmstimmung. Die Betriebe in Deutschland arbeiten häufig an ihrer Kapazitätsgrenze und müssen wegen fehlender Fachkräfte zunehmend Aufträge ablehnen oder auf einen späteren Zeitpunkt verlegen. Der Arbeitsmarkt läuft langsam in Richtung Vollbeschäftigung. Im Inland wird kräftig konsumiert und noch kräftiger gebaut. Beides stabilisiert die Wirtschaft aus eigener Kraft.
Und doch hat dieser Daueraufschwung etwas mit dem Sommer dieses Jahres gemeinsam. Sonne und Wärme halten sich in Deutschland seit Monaten so hartnäckig, dass manchen Menschen dabei das Gefühl beschleicht, ein grundlegender Wandel sei im Gange. Tatsächlich gibt es auch in der Weltwirtschaft genügend Anzeichen für einen Klimawandel – hin zu mehr Protektionismus, zu einem Leben auf Pump zu Lasten künftiger Generationen.
Niemand kann derzeit exakt vorhersagen, ob Donald Trumps Handelskrieg eine Delle, eine Beule oder gar einen Totalschaden der Weltkonjunktur zur Folge haben wird. Auch die Risiken der weltweit rekordverdächtigen Verschuldung sind nicht in Wahrscheinlichkeiten auszudrücken. Dazu kommen der Brexit oder die politische Krise im Nahen Osten, deren weitere Entwicklung schwer prognostizierbar sind. Wie beim Wetter beschleicht den Betrachter das Gefühl, es könnte über Nacht ein überfälliger Umschwung über die Wirtschaft hereinbrechen. Mehr als eine Ahnung ist das aber nicht.