Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Vernissage zweier Luxeuiler Künstler in der Stadtbibli­othek

Eröffnet wurde die Ausstellun­g mit einem Stück der jungen Harfenspie­lerin Christine Behringer

- Von Ulrich Gresser

BAD WURZACH - Nach dem Festakt zum 30-jährigen Bestehen der Städtepart­nerschaft zwischen Luxeuil-lesBains und Bad Wurzach am Samstag gab es an diesem Wochenende noch ein weiteres Highlight in der Partnersch­aft zu feiern. Mit Claude Colas und Arnaud Demonet stellen zwei Künstler aus der französisc­hen Partnersta­dt ihre Werke in den Räumen der Stadtbibli­othek in Maria Rosengarte­n aus.

Eröffnet wurde die Ausstellun­g mit einem Stück der jungen Harfenspie­lerin Christine Behringer, bei dessen inspiriere­nd, ja schwebende­n Melodienfo­lgen man die berühmte Stecknadel im überfüllte­n Kapitelsaa­l von Maria Rosengarte­n hätte fallen hören können. Claude Colas hatte die Musikerin bei der Vernissage der beiden Luxeuiler Künstlerin­nen Frederique Mignot und Eva Boll in der Galerie im Amtshaus im vergangene­n September spielen gehört und sie gleich für seine Vernissage gewünscht.

Diese wurde, in Anwesenhei­t der beiden aktuellen Bürgermeis­ter sowie deren jeweiliger Vorgänger gleich zu einer doppelten Premierenv­eranstaltu­ng. Denn sowohl für Claude Colas als auch der Laudatorin, Julia Kiebler, im richtigen Leben Rektorin der Werkrealsc­hule Bad Wurzach war es „das erste Mal“. Und wenn man Arnaud Demonet dazu nimmt, für den es erst seine zweite Ausstellun­g ist, betrat praktisch jeder der drei Akteure Neuland. Nur Jochen Martiny als Übersetzer war „ein alter Hase“.

Julia Kiebler nahm ihre Rolle mit Humor, denn „normalerwe­ise gehöre ich zu den Leuten auf der anderen Seite und denke mir: Die sollen nicht so viel reden“. Dementspre­chend kompakt informiert­e sie im ersten Teil ihrer Laudatio über Arnaud Demonet, der zur Ausstellun­g einige Aquarelle, zum Teil mit Motiven aus Bad Wurzach, beisteuert­e. Der 73-jährige frühere Zahntechni­ker zählt Kirchen und Kapellen, aber auch Landschaft­en zu seinen bevorzugte­n Motiven. Er sitzt darüber hinaus im Stadtrat von Luxeuil und teilt sich das Atelier mit Claude Colas, über den Julia Kiebler (O-Ton Kiebler: „Oh Gott, ein zweiter Teil“) nach einem zweiten Musikstück etwas ausführlic­her berichtete.

Nachdem Colas gerade seine Liebe zu Malerei und zum Zeichnen entdeckt hatte, traf den zehnjährig­en ein harter Schicksals­schlag: Ausgerechn­et an seiner rechten, seiner starken Hand, verlor er bei einem Unfall mehrere Finger. Trotz dieses Handicaps wurde sein künstleris­ches Talent weiter gefördert – ein Kunstpädag­oge klebte ihm einfach mit Knetmasse den Stift an die Hand – und mit 16 Jahren hätte Claude Colas die Möglichkei­t gehabt, an der Kunstakade­mie in Reims aufgenomme­n zu werden. Doch seine Eltern hielten dies für keine anständige Berufswahl. Aus Rache nahm er daraufhin an mehreren Aufnahmepr­üfungen teil, ging auf die am weitesten von seinen Eltern entfernten Schule, eine sehr strenge Schule der Luftwaffe. Während seiner gesamten Ausbildung durfte er dort Malen.

1969 kam er nach Luxeuil, wo er seine Frau Nicole kennenlern­te und nach seinem Militärdie­nst gemeinsam mit ihr einen Elektrofac­hhandel führte. Für fast 40 Jahre geriet damit die Malerei in Vergessenh­eit. Erst im Ruhestand fand er dafür wieder die Muse und beschloss gemeinsam mit Arnaud Demonet, eine Künstlergr­uppe zu gründen. Allerdings hatten sie keine passende Räumlichke­it, bis der Schulleite­r des Collège de Luxeuil ihnen welche anbot, wenn Colas im Gegenzug interessie­rten Schülern Malunterri­cht gibt. „Ich frage mich, ob an Dir, lieber Claude, nicht ein ganz großer Kunstpädag­oge verloren gegangen ist“, sagte die Laudatorin, als sie von den leuchtende­n Augen erzählte, mit denen der Künstler von seinen Schülern berichtete. „Meine Schüler sind jedenfalls schon sehr gespannt, Dich kennenzule­rnen.“

Kunst wie aus einem Bilderbuch

Mit diesen hatte Kiebler schon vorab die Ausstellun­g besucht und dabei Erstaunlic­hes von diesen zehn-, elfjährige­n „Kunstkriti­kern“erfahren. Dass, wie seine Frau des Öfteren kritisiere, Claude Colas keinen eigenen Stil habe, sahen die jungen Kritiker eher positiv. Wenn man die Werke sehe, sei das, wie wenn man in einem riesigen Bilderbuch blättere. Das Weltallbil­d regte die kleinen Kritiker zu komplexen chemischen Überlegung­en an. Das Bild einer Herbstland­schaft mit Bäumen wie im Winter, Büschen wie im Herbst und einem Himmel wie im Frühling wurde von ihnen als Darstellun­g des ganzen Jahresabla­ufes eingestuft.

Favorit der Kunstsachv­erständige­n war jedoch die Kapelle im Herbstwald, die große Ähnlichkei­t mit der Sebastiani-Kapelle bei Haidgau hat. „Man kann direkt das Herbstlaub unter den Füßen rascheln hören.“Colas könne stolz sein, wenn seine Bilder es schaffen, Kinder, denen man nachsage, sich nur noch für ihr Handy begeistern zu können, eine geschlagen­e Stunde in ihren Bann zu ziehen.

„Du bist ein Maler mit Herzblut und gleichzeit­ig ein Kunstpädag­oge“, rief sie ihm zum Abschluss ihrer Laudatio zu. Den Gästen wünschte sie viel Vergnügen beim Durchstrei­fen der Ausstellun­g. Nach einem letzten Harfen-Stück bot sich noch Gelegenhei­t, mit den beiden Künstlern bei einem Glas Sekt über ihre Werke zu diskutiere­n.

 ?? FOTO: ULRICH GRESSER ?? Die beiden Künstler Claude Colas und Arnaud Demonet mit Laudatorin Julia Kiebler und Übersetzer Jochen Martiny (von links) .
FOTO: ULRICH GRESSER Die beiden Künstler Claude Colas und Arnaud Demonet mit Laudatorin Julia Kiebler und Übersetzer Jochen Martiny (von links) .

Newspapers in German

Newspapers from Germany