Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
VW zahlt Prämien für Verschrottung
VW legt Nachlässe bei Verschrottung alter Diesel wieder auf – Ein Programm mit Haken
WOLFSBURG (dpa) - Volkswagen will ab sofort bundesweit alte Diesel mit den Normen Euro 1 bis 4 gegen Preisnachlässe nicht nur zurücknehmen, sondern auch verschrotten. Damit will der Konzern drohende Fahrverbote verhindern. Zurückgenommen würden Modelle beliebiger Hersteller, der Kauf eines Neuwagens oder eines jungen Gebrauchtfahrzeugs werde im Gegenzug mit einem „Preisvorteil“unterstützt. Die Höhe variiere je nach Modell von 1500 bis 10 000 Euro.
BERLIN - Der Wolfsburger VW-Konzern legt für die Besitzer alter Diesel der Schadstoffklassen Euro 1 bis Euro 4 beim Umstieg auf ein sauberes Auto die Umweltprämie neu auf. Das Angebot gilt bundesweit. In fahrverbotsbedrohten Städten gibt es zusätzlich eine Wechselprämie. Allerdings muss der alte Wagen verschrottet werden und der Besitzer genügend Geld für den Kauf eines neuen oder gebrauchten Fahrzeugs der Marken von Volkswagen übrig haben. Sonst gehen geschädigte Dieselautobesitzer leer aus.
„Die Umweltprämie wird deutschlandweit angeboten“, teilte VW mit. Zwischen 1500 Euro und 8000 Euro Nachlass beim Kauf eines Neuwagens sind damit für die Käufer drin. Die Höhe hängt vom jeweiligen Modell ab. Für den Kleinwagen „up“oder „eup“sind es beispielsweise 1500 Euro, für den SUV Touareg 8000 Euro.
Erweitert wird das Umtauschangebot durch eine zusätzliche „Wechselprämie“für Bewohner jeder der 14 von der Bundesregierung festgelegten Städte und Landkreise, die von Fahrverboten bedroht sind. „Sie wird bei der Inzahlungnahme eines Euro-4 oder Euro-5-Dieselfahrzeugs zusätzlich zum Restwert des Altfahrzeugs gezahlt“, erläutert VW. Je nach Modell mache dies zwischen 500 Euro und 7000 Euro aus. Beide Prämien seien sofort bei den Vertragspartnern verfügbar. Das Angebot gilt für die Marken VW, Audi, Seat und Skoda.
Kritik von den Grünen
Beim Wechsel zu einem modernen Gebrauchtwagen verringern sich die Prämien. Für Jahreswagen der GolfFamilie, dem Touran oder den PassatModellen beträgt sie 75 Prozent, bei allen anderen Modellen 50 Prozent der Wechselprämie. Ob neu oder gebraucht: Egal ist, ob es ein Diesel, ein Benziner oder Elektroauto wird. Für manche Kunden dürfte die Offerte ein Gewinn sein. Ein Kunde, der einen vier Jahren alten Diesel-Golf Euro-5 in Zahlung gibt, bekommt den Restwert von 11 000 Euro laut SchwackeListe gutgeschrieben. Damit begleicht er die Schlussrate des alten Finanzierungsvertrages, der ihn monatlich 285 Euro kostet. Für den neuen Golf TDI kommt er inklusive aller Prämien mit einer Monatsrate von 270 Euro davon und hat zudem die modernste Abgastechnologie an Bord. „Volkswagen steht zum Dieselantrieb“, versichert Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann.
Doch das Programm hat ebenso wie das von Daimler angekündigte Prämienprogramm für den Umtausch alter Diesel Haken. „Das ist etwas für Kunden, die ohnehin einen Neuwagen kaufen wollten und es sich leisten können“, sagt der Autoexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management. „Bei den kommenden Fahrverboten bleiben diejenigen auf der Strecke, die nicht das nötige Kleingeld für ein neues Autos haben“, kritisiert der Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. „Statt den eigenen Betrug durch Entschädigungen oder Nachrüstungen wiedergutzumachen, versucht VW, jetzt noch mal an diesen Kunden zu verdienen.“
Das sieht der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) genauso. „Menschen mit kleinem Geldbeutel bringt das Programm wenig“, sagt vzbv-Chef Klaus Müller. Er fordert von VW schriftliche Mobilitätsgarantien bei einem Umtausch, „ohne Haken im Kleingedruckten“. Sollte es in den nächsten fünf Jahren zu einem Fahrverbot für das Auto kommen, müsse VW das Fahrzeug zurücknehmen und den Kaufpreis abzüglich eines Nutzungsentgelts zurücknehmen. Auch von der Verschrottung der alten Diesel hält Krischer nichts. „Es wäre allemal ökologischer, die alten Autos nachzurüsten, statt sie in die Schrottpresse zu stecken“, sagt er. Die Bundesregierung erwartet ebenfalls technische Nachrüstungen. Das hat Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) gegen den Willen von Verkehrsminister Andreas Scheuer durchgesetzt. Nun spielen die Hersteller anscheinend nicht mit. Sie sehen technische Probleme wie einen höheren Spritverbrauch und eine geringere Leistung, sowie rechtliche Probleme bei der Haftung für die Katalysatoren fremder Produzenten.