Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Rosenkrieg unter Wirtsleuten
Tettnanger Brauer und sein Pächter streiten über Umbaupläne – Einigung erst vor dem Oberlandesgericht Stuttgart
STUTTGART - Ihre Wirtschaften liegen nicht einmal zehn Meter voneinander entfernt, doch vor Gericht konnten sie sich kaum noch in die Augen sehen: Der Kneipenbesitzer des City in Tettnang und sein Verpächter, der Chef der Krone nebenan, führten zuletzt einen erbitterten Streit. Zwei Jahre, zwei Gerichtsverhandlungen und viele mahnende Worte eines Vorsitzenden brauchte es, um das Verhältnis einigermaßen zu kitten. Seit Donnerstag steht fest: Die Wirte wollen sich wieder vertragen.
Jahrzehntelang lief alles bestens für die Krone und das City direkt daneben. Hier die Brauerei mit Gaststätte, dort die Raucherkneipe. Gemeinsam organisierte man Feste auf dem Bärenplatz. Ein einträgliches Geschäft – allein im City gehen pro Jahr rund 300 Hektoliter Bier über den Tresen. Davon träumt so mancher Gastwirt. Die Brauerei verpachtete die Kneipe seit Jahrzehnten an Wolfram Rössler.
„Fritz, ich hatte schon mit deinem Opa, deinem Vater und deinem Onkel Verträge gehabt“, sagte Rössler am Donnerstag vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht. Sein Gegenüber Fritz Tauscher junior schüttelte nur den Kopf.
Der Streit, der am Donnerstag die Stuttgarter Richter beschäftigte, entzündete sich an Plänen des BrauereiChefs Tauscher. Seiner Familie gehören die beiden Gebäude von Krone und City. Das Haus mit der Kneipe wollte er abreißen und dort neu bauen. Eine gläserne Brauerei schwebte dem Junior vor, mit Glasfassade, Sudhaus und Gastronomie. Ein Schmuckstück, dass auch die Stadtoberen begeisterte. Doch dafür hätte Rössler mit seiner Kneipe umziehen müssen. Zunächst in ein ehemals italienisches Lokal am Bärenplatz. Dieses hatte Tauscher eigens dafür selbst gepachtet. Später hätte der Kneipenwirt dann die Gastronomie im neuen Brauhaus übernehmen können.
Doch das wollte dieser nicht. „Ich habe dir gleich gesagt, Fritz: Das sind nicht wir“, erklärte Rössler. Bier und Brote in modern-rustikaler Umgebung statt einer Halben und einer Zigarette, das war nicht sein Ding. „Ich bin Kneiper seit dreißig Jahren“.
Tauscher versuchte daraufhin, den Mietvertrag zu kündigen. Doch diesen hatten die beiden Parteien erst 2016 verlängert, und zwar bis 2027. Doch unter bestimmten Bedingungen darf man einen solchen Pachtvertrag vorzeitig kündigen. Dafür hatte es aus Tauschers Sicht mehrere Gründe gegeben. Zum einen fühlt er sich von Rössler getäuscht. Denn dieser nahm Ende 2016 einen neuen Geschäftspartner mit an Bord, den Wirt Silvio Klinger. Der sollte zunehmend die Kneipe führen, Rössler wollte sich langsam aus dem Tagesgeschäft zurückziehen. Damit stand Tauscher ein weiterer Vertragspartner gegenüber.
Außerdem ist aus dessen Sicht der Vertrag von 2016 lückenhaft. Wichtige Dinge seien nicht ausreichend geregelt. Etwa die Mindestmenge Bier, die das City der Brauerei abkaufen musste. Deswegen hatte Tauscher die City-Pächter verklagt und wollte sie per Gericht aus der Kneipe klagen.
Wenig Aussicht auf Erfolg
Doch schon die Richter am Landgericht Ravensburg hatten in der ersten Verhandlung gegen Tauscher entscheiden. Und auch ihre Kollegen am Oberlandesgericht ließen am Donnerstag klar durchblicken, dass sie seinem Ansinnen wenig Aussicht auf Erfolg einräumten. „Die Rechtslage scheint uns klar“, so der Vorsitzende Richter Jürgen Kaulig.
Ihm scheine der Fall aber typisch: Zwei Geschäftspartner vertragen sich lange Jahre und regeln vieles freundschaftlich, legen nicht alles haarklein schriftlich fest. Doch sobald es zu Streit komme, falle das den einstigen Freunden auf die Füße. „Aus unserer Erfahrung ist es aber in solchen Fälle meistens besser, wenn man sich einigt und versucht, wieder so gut wie früher zusammenzuarbeiten.“
Unter dem Druck der drohenden Niederlage gab Tauscher nach. Er zog seine Berufung gegen das Urteil aus Ravensburg zurück. Damit darf das City bis 2027 in seinen angestammten Räumen bleiben. Im Gegenzug zahlen die Pächter mehr Miete. Die liegt derzeit bei 1200 Euro und steigt bis 2023 auf 1500 Euro monatlich. Außerdem vereinbarten beide Parteien, sich wieder um eine gute Zusammenarbeit zu bemühen und sich gegenseitig zu unterstützen.
„Ich bin froh, dass wir jetzt zur Normalität zurückkehren können. Das war ja wie ein Rosenkrieg“, sagte Rössler. Ob und, wenn ja, wie die Tauschers ihre Brauereien umbauen, wollen sie nun überdenken. „Wir haben uns geeinigt, das ist gut. Alles Weitere werden wir sehen“, sagte Tauscher. Am Tettnanger Bärenplatz bleibt also alles beim Alten. Bier wird weiter getrunken, aber nicht hinter gläsernen Fassaden.