Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Elterntaxis“als Sicherheitsrisiko
Morgendlicher Autoverkehr vor den Schulen nimmt immer mehr zu
-● Morgens um 7.30 BAD WURZACH
Uhr am Schulzentrum. Gerade hat ein Bus an der Ravensburger Straße angehalten, ein paar Dutzend Jugendliche steigen aus und laufen zum Schulgebäude. Sie müssen sich zwischen mehreren haltenden, anfahrenden oder heranfahrenden Autos hindurchdrängeln.
Denn nicht nur Schulbusse bringen die Jugendliche in die Schule, auch zahlreiche „Elterntaxis“sind im Einsatz. Meist nur mit Fahrer und einem Jugendlichen besetzt. Einige wenige fahren sogar in die Bushaltestelle bis vor zur Bordsteinkante vor dem Schulzentrum.
Zustände, über die nicht nur Gisela Brodd und André Radke den Kopf schütteln und die sie bestens kennen. Die Vorsitzende des Gesamtelternbeirats und der Geschäftsführende Bad Wurzacher Schulleiter haben sich deswegen in Absprache mit der Stadtverwaltung bereits im März dieses Jahres in einem Brief an alle Eltern der Schulen im Gemeindegebiet gewandt. Allzu erfolgreich waren sie damit nicht, wie der allmorgendliche Verkehr am Bad Wurzacher Schulzentrum, aber auch vor den meisten anderen Schulen im Gemeindegebiet beweist.
Aufgeben werde man aber nicht, betonen die beiden nun im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Es geht uns um die Sicherheit aller Kinder“, sagt Radke, „denn sie sind das Wertvollste, was wir haben.“Auch an seiner Schule, dem Bildungshaus Arnach, sind die „Elterntaxis“ein Problem. Eines, auf das Radke nun reagiert hat.
Schulparkplatz ist Einbahnstraße
„Einmal fuhr ein Vater sogar auf den Pausenhof vor der Schule. Als ich ihn darauf angesprochen habe, hat er noch, vorsichtig ausgedrückt, uneinsichtig reagiert“, erinnert sich Radke. „Jetzt haben wir hier klare Verhältnisse geschaffen. Der Pausenhof ist mit zwei Pfosten abgesperrt, ein Schild weist zusätzlich noch darauf hin, dass nur Lieferverkehr einfahren darf.“Der Schulparkplatz wurde zudem zur Einbahnstraße, um den hohen Verkehr einigermaßen in geordnete Bahnen zu lenken. Solche „klaren Verhältnisse“werde man künftig überall dort schaffen, wo es möglich ist, kündigt Radke an.
Die jeden Morgen in die Straße vor der Arnacher Schule einfahrenden Elterntaxis treiben Radke aber immer noch die Sorgenfalten auf die Stirn. „Wir werben weiterhin für eine Kiss&Go-Zone, für Arnach zum Beispiel am Kirchberg. Von da aus sind es nur wenige Meter bis zur Schule. Das ist auch für Grundschüler machbar, die schaffen das.“
Grundschüler, Schüler weitergehender Schulen sowieso, würden auch einen noch weiteren Weg schaffen, nämlich den von ihrem Zuhause bis zur Schule, sind Radke und Brodd überzeugt. Denn viele Elterntaxis, so wissen sie, legen nur einen ganz kurzen Weg innerhalb der Stadt oder des Ortes zurück. „Den kann man am Anfang mal zusammen mit seinem Kind gehen. Dann aber sollte man sie alleine gehen oder mit dem Fahrrad fahren lassen. So erzieht man seine Kinder auch zur Selbstständigkeit und nicht zu Prinzessinnen und Prinzen“, sagt Gisela Brodd. „Und weil sie auf diesem Weg auch Klassenkameraden treffen, ist das nicht nur gut für die Gesundheit der Kinder, sondern auch auch für ihre sozialen Kontakte.“
Längere Schulwege, die nicht zu Fuß oder mit dem Rad zurückzulegen sind, würden mit einem engmaschigen Schulbusliniennetz weitgehend abgedeckt, heben die Sprecher der Eltern und Schulleiter hervor. Dieses System sehen sie gefährdet, wenn die Anzahl Elterntaxis zunimmt. „Je mehr Busse gut ausgelastet fahren, desto eher ist gewährleistet, dass alle Linien bedient werden.“
Vor allem die Familie Ehrmann vom gleichnamigen Busunternehmen sei ein hervorragender Partner der Schulen, so Radke. „Probleme, die es sicherlich gibt, kann man mit Ehrmanns diskutieren, sie sagen dann offen und klar, was geht und was nicht.“Zuletzt habe man so gemeinsam eine Lösung für Bauhofen gefunden. „Auch wir Schulen leisten unseren Beitrag, um manches möglich zu machen. Zum Beispiel, indem wir Kinder fünf Minuten früher gehen lassen, damit sie ihren Bus erwischen“, betont der Arnacher Rektor weiter.
„Bewusst fahren“
Wer sein Kind zur Schule fahren muss oder dies unbedingt, aus welchen Gründen auch immer (Brodd: „Das muss jeder mit seinem Gewissen ausmachen.“), will, sollte wenigstens die Verkehrsregeln und die Regeln eines vernünftigen Miteinanders einhalten, appellieren Brodd und Radke. „Bewusst fahren“nennen sie das. Zum Beispiel keinesfalls in Bushaltestellen fahren, Kinder verkehrsgerecht, also zum Fußweg hin aussteigen lassen, langsam fahren, „einfach eben gegenseitig Rücksicht nehmen“, so Gisela Brodd.
Sie und André Radke sowie alle Lehrerinnen und Lehrer der Bad Wurzacher Schulen werden auch weiterhin das Gespräch mit den Fahrern der Elterntaxis suchen und an deren Vernunft appellieren. „Wenn jedes Mal ein paar ihren Bring- und Holservice einstellen, lohnt sich dieser Aufwand“, sind sie überzeugt.
Ein Aufwand, der für sie auch in Zusammenhang mit den Schulstandorten steht: „Die Kommune erhält mit hohem Aufwand kleine Schulen, damit es für kurze Beine kurze Wege gibt. Und dann fährt man diese kurzen Wege mit dem Auto? Das geht gar nicht.“