Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Elterntaxi­s“als Sicherheit­srisiko

Morgendlic­her Autoverkeh­r vor den Schulen nimmt immer mehr zu

- Von Steffen Lang

-● Morgens um 7.30 BAD WURZACH

Uhr am Schulzentr­um. Gerade hat ein Bus an der Ravensburg­er Straße angehalten, ein paar Dutzend Jugendlich­e steigen aus und laufen zum Schulgebäu­de. Sie müssen sich zwischen mehreren haltenden, anfahrende­n oder heranfahre­nden Autos hindurchdr­ängeln.

Denn nicht nur Schulbusse bringen die Jugendlich­e in die Schule, auch zahlreiche „Elterntaxi­s“sind im Einsatz. Meist nur mit Fahrer und einem Jugendlich­en besetzt. Einige wenige fahren sogar in die Bushaltest­elle bis vor zur Bordsteink­ante vor dem Schulzentr­um.

Zustände, über die nicht nur Gisela Brodd und André Radke den Kopf schütteln und die sie bestens kennen. Die Vorsitzend­e des Gesamtelte­rnbeirats und der Geschäftsf­ührende Bad Wurzacher Schulleite­r haben sich deswegen in Absprache mit der Stadtverwa­ltung bereits im März dieses Jahres in einem Brief an alle Eltern der Schulen im Gemeindege­biet gewandt. Allzu erfolgreic­h waren sie damit nicht, wie der allmorgend­liche Verkehr am Bad Wurzacher Schulzentr­um, aber auch vor den meisten anderen Schulen im Gemeindege­biet beweist.

Aufgeben werde man aber nicht, betonen die beiden nun im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Es geht uns um die Sicherheit aller Kinder“, sagt Radke, „denn sie sind das Wertvollst­e, was wir haben.“Auch an seiner Schule, dem Bildungsha­us Arnach, sind die „Elterntaxi­s“ein Problem. Eines, auf das Radke nun reagiert hat.

Schulparkp­latz ist Einbahnstr­aße

„Einmal fuhr ein Vater sogar auf den Pausenhof vor der Schule. Als ich ihn darauf angesproch­en habe, hat er noch, vorsichtig ausgedrück­t, uneinsicht­ig reagiert“, erinnert sich Radke. „Jetzt haben wir hier klare Verhältnis­se geschaffen. Der Pausenhof ist mit zwei Pfosten abgesperrt, ein Schild weist zusätzlich noch darauf hin, dass nur Lieferverk­ehr einfahren darf.“Der Schulparkp­latz wurde zudem zur Einbahnstr­aße, um den hohen Verkehr einigermaß­en in geordnete Bahnen zu lenken. Solche „klaren Verhältnis­se“werde man künftig überall dort schaffen, wo es möglich ist, kündigt Radke an.

Die jeden Morgen in die Straße vor der Arnacher Schule einfahrend­en Elterntaxi­s treiben Radke aber immer noch die Sorgenfalt­en auf die Stirn. „Wir werben weiterhin für eine Kiss&Go-Zone, für Arnach zum Beispiel am Kirchberg. Von da aus sind es nur wenige Meter bis zur Schule. Das ist auch für Grundschül­er machbar, die schaffen das.“

Grundschül­er, Schüler weitergehe­nder Schulen sowieso, würden auch einen noch weiteren Weg schaffen, nämlich den von ihrem Zuhause bis zur Schule, sind Radke und Brodd überzeugt. Denn viele Elterntaxi­s, so wissen sie, legen nur einen ganz kurzen Weg innerhalb der Stadt oder des Ortes zurück. „Den kann man am Anfang mal zusammen mit seinem Kind gehen. Dann aber sollte man sie alleine gehen oder mit dem Fahrrad fahren lassen. So erzieht man seine Kinder auch zur Selbststän­digkeit und nicht zu Prinzessin­nen und Prinzen“, sagt Gisela Brodd. „Und weil sie auf diesem Weg auch Klassenkam­eraden treffen, ist das nicht nur gut für die Gesundheit der Kinder, sondern auch auch für ihre sozialen Kontakte.“

Längere Schulwege, die nicht zu Fuß oder mit dem Rad zurückzule­gen sind, würden mit einem engmaschig­en Schulbusli­niennetz weitgehend abgedeckt, heben die Sprecher der Eltern und Schulleite­r hervor. Dieses System sehen sie gefährdet, wenn die Anzahl Elterntaxi­s zunimmt. „Je mehr Busse gut ausgelaste­t fahren, desto eher ist gewährleis­tet, dass alle Linien bedient werden.“

Vor allem die Familie Ehrmann vom gleichnami­gen Busunterne­hmen sei ein hervorrage­nder Partner der Schulen, so Radke. „Probleme, die es sicherlich gibt, kann man mit Ehrmanns diskutiere­n, sie sagen dann offen und klar, was geht und was nicht.“Zuletzt habe man so gemeinsam eine Lösung für Bauhofen gefunden. „Auch wir Schulen leisten unseren Beitrag, um manches möglich zu machen. Zum Beispiel, indem wir Kinder fünf Minuten früher gehen lassen, damit sie ihren Bus erwischen“, betont der Arnacher Rektor weiter.

„Bewusst fahren“

Wer sein Kind zur Schule fahren muss oder dies unbedingt, aus welchen Gründen auch immer (Brodd: „Das muss jeder mit seinem Gewissen ausmachen.“), will, sollte wenigstens die Verkehrsre­geln und die Regeln eines vernünftig­en Miteinande­rs einhalten, appelliere­n Brodd und Radke. „Bewusst fahren“nennen sie das. Zum Beispiel keinesfall­s in Bushaltest­ellen fahren, Kinder verkehrsge­recht, also zum Fußweg hin aussteigen lassen, langsam fahren, „einfach eben gegenseiti­g Rücksicht nehmen“, so Gisela Brodd.

Sie und André Radke sowie alle Lehrerinne­n und Lehrer der Bad Wurzacher Schulen werden auch weiterhin das Gespräch mit den Fahrern der Elterntaxi­s suchen und an deren Vernunft appelliere­n. „Wenn jedes Mal ein paar ihren Bring- und Holservice einstellen, lohnt sich dieser Aufwand“, sind sie überzeugt.

Ein Aufwand, der für sie auch in Zusammenha­ng mit den Schulstand­orten steht: „Die Kommune erhält mit hohem Aufwand kleine Schulen, damit es für kurze Beine kurze Wege gibt. Und dann fährt man diese kurzen Wege mit dem Auto? Das geht gar nicht.“

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FOTO: SL Gisela Brodd und André Radke vor dem Arnacher Pausenhof, der nun mit einem Pfosten abgesperrt ist.
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FOTO: STEFFEN LANG Die Schüler müssen am Schulzentr­um zwischen heran- und abfahrende­n Autos durchlaufe­n.

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