Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Versöhner
Dem früheren Bundesinnenminister und langjährigen Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes, Rudolf Seiters, ist das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband verliehen worden. In seiner Laudatio im Schloss Bellevue sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Seiters habe „Beeindruckendes für die Bundesrepublik Deutschland geleistet“. Steinmeier hob Seiters’ Handeln in der Asylkrise wegen des Jugoslawienkriegs zu Beginn der 1990er-Jahre hervor.
Seiters’ damaliger Leitspruch „Das Asylrecht muss den Verfolgten dienen“gelte fort – „und sollte uns auch heute Maßstab sein“, sagte Steinmeier. Maßstäbe für die politische Kultur in Deutschland habe der heute 81-Jährige auch durch seinen Rücktritt als Innenminister gesetzt. Seiters war 1991 zurückgetreten, als bei einem Polizeieinsatz der gesuchte RAF-Terrorist Wolfgang Grams und ein GSG-9-Beamter ums Leben kamen. Durch diesen persönlich schmerzhaften Rücktritt habe Seiters sich höchsten Respekt erworben.
Seiters war mehr als drei Jahrzehnte Bundestagsabgeordneter und von 1998 bis 2002 Vizepräsident des Parlaments. Nach seiner Zeit im Bundeskanzleramt unter Helmut Kohl übernahm er von 1991 bis 1993 das Amt des Innenministers.
Nach seiner politischen Karriere engagierte sich der Katholik als Präsident des Deutschen Roten Kreuzes. Erst 2017 legte er das Amt nach fast anderthalb Jahrzehnten nieder. In seiner Autobiografie schrieb Seiters, dass er seine politischen Maxime zum Teil dem ehemaligen Kölner Kardinal Joseph Höffner verdanke. Der habe von Politikern Charakterfestigkeit und Unabhängigkeit eingefordert, aber auch die „Bereitschaft zum Miteinander, zur Versöhnung und zum Kompromiss“. (AFP/KNA)