Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Frust bei Nürnberg, Frust bei Ehliz
Die Rückkehr des Eishockey-Olympiazweiten in die DEL ist nicht nur von purer Freude begleitet
MÜNCHEN (SID/sz) - Yasin Ehliz versucht, sich das Aufregerthema, so gut es geht, vom Leibe zu halten. „Klar“, sagt der Neu-Münchner, die teils bösen Kommentare nach der Rückkehr von seinem gescheiterten Nordamerika-Abenteuer ließen ihn nicht kalt. Aber: „Ich habe mein Statement in den sozialen Netzwerken dazu abgegeben, habe mich bedankt bei Nürnberg – und damit ist die Sache gut für mich.“Doch gut ist die Sache längst nicht für alle. Höchst selten hat ein Wechsel im deutschen Eishockey auf eine solche Art und Weise polarisiert wie jener von Ehliz aus der Organisation der Calgary Flames zum DELMeister der vergangenen drei Jahre. Denn die Ice Tigers aus Nürnberg waren der festen Annahme: Wenn Ehliz vorzeitig zurückkehrt, dann nur zu ihnen, für die er doch von 2010 bis 2018 gestürmt hat. So sei es besprochen gewesen. Die Ehliz-Seite mit dessen Berater Klaus Hille sieht das nicht so eindeutig.
Bevor der Olympiaheld von Pyeongchang nun am Donnerstag (19.30 Uhr) bei den Schwenninger Wild Wings erstmals für Red Bull München die Schlittschuhe schnürt, steht Aussage gegen Aussage. Beschädigt sind beide Seiten. Die Nürnberger, weil sie verärgert vertragliche Details unabgesprochen öffentlich gemacht haben. Und Ehliz, der sich mindestens naiv und ungeschickt verhielt. „Es war eine schöne Zeit in Nürnberg. Aber jetzt ist es so, wie es ist“, sagt er.
Es dauert nicht lange, genau: bis 7. Dezember, dann wird der türkischstämmige Bad Tölzer mit München in Nürnberg antreten – man kann sich ausmalen, welches Thema dann im Mittelpunkt steht. „Vielleicht wird es sich bis dahin ein bisschen beruhigen“, hofft Ehliz. Er dürfte sich aber täuschen. Einstweilen will der 25-Jährige beim Branchenprimus ankommen und „helfen, Spiele zu gewinnen. Das ist das Wichtigste.“
Denn, abgesehen von den Nebengeräuschen: Auch sportlich muss Ehliz erst einmal wieder ein Bein aufs Eis bekommen. Der Abstecher in die National Hockey League (NHL) hat arg an seinem Selbstbewusstsein genagt. „Wieso das alles so gelaufen ist, werde ich wahrscheinlich nie erfahren, deswegen zerbreche ich mir auch nicht länger den Kopf drüber“, berichtet Ehliz.
Dass in Nordamerika wenig bis gar nicht mit neuen Spielern gesprochen wird, ist nicht ungewöhnlich. Der Umgang mit Yasin Ehliz aber hat durchaus eine besondere Qualität – in negativer Hinsicht. Irgendwann fragte sich Ehliz, weshalb die Flames ihm überhaupt einen Vertrag gegeben hatten. War der Kämpfer und Arbeiter auf dem Eis doch offenkundig nie wirklich gewollt.
Der Ausweg: zum Spiel gefehlt
Nach wochenlanger Funkstille zu Trainern und Management, nach seltenen und wenig befriedigenden Einsätzen in der vierten Reihe bei Stockton Heat, dem AHL-Farmteam der Flames, nach zeitweiliger Verbannung auf die Tribüne wurde Yasin Ehliz schließlich selbst aktiv. „Als ich mit ihnen geredet habe, habe ich gemerkt, ANZEIGE ich kriege hier keine Chance. Ich habe am Anfang gedacht, die wollen mich testen. Aber sie meinten, ich solle damit rechnen, dass es so weitergeht.“Ehliz beschloss, so geht es nicht weiter – und nutzte einen häufiger gebrauchten Trick: Bei einem Meisterschaftsspiel Stocktons fehlte er unentschuldigt, die umgehende Vertragsauflösung war die Folge
In München will Yasin Ehliz jetzt seinen ersten Meistertitel. Und der NHL-Traum? „Abgehakt ist das für mich nicht.“Ebensowenig wie die Turbulenzen um seine Rückkehr.