Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Neuer Anlauf nach Bau-Pfusch
Gemeinderat vergibt abermals Aufträge für Rupert-Neß-Gymnasium in Wangen
WANGEN - Der Gemeinderat hat den zweiten Anlauf für den Einbau neuer Fenster am Altbau des Rupert-NeßGymnasiums (RNG) auf den Weg gebracht. Das Stadtparlament stimmte der von der Verwaltung vorgeschlagenen Auftragsvergabe einstimmig zu – allerdings unter der Bedingung, dass vorab die Qualität geprüft wird. Hintergrund sind schlechte Erfahrungen: vor Jahren beim Sonnenschutz am damals neu errichteten CBau, jüngst aber besonders wegen Pfuschs beim Einbau der ersten Altbau-Fenster. Sie müssen komplett ausgetauscht werden.
Normalerweise sind die Ergebnisse von Ausschreibungen und entsprechende Auftragsvergaben kein Anlass für ausgiebigere Debatten im Wangener Gemeinderat. Als in der jüngsten Sitzung jedoch der Einbau neuer Holzfenster am RNG-Altbau auf der Tagesordnung stand, verhielt sich dies anders. Grund: Die Stadt ist quasi ein sprichwörtlich gebranntes Kind, was Baumaßnahmen am Gymnasium angeht. Entsprechend skeptisch begutachteten die Stadträte das aktuelle Vorgehen der Verwaltung. Denn: Sie mussten bereits zum zweiten Mal darüber entscheiden, wer die Fenster und den Sonnenschutz an dem seit einigen Jahren in der Sanierung befindlichen Gebäude einbauen darf.
Zur Erinnerung: Bereits Ende 2017 und im Verlauf dieses Jahres war bekannt geworden, dass es bei der RNG-Sanierung an mehreren Stellen hakte. Im September dann kam die endgültige Hiobsbotschaft: Alle rund 100 frisch eingebauten Fenster in den drei Stockwerken sowie die Fensterfronten der breiten Dachgaupen müssen komplett ersetzt werden.
Verleimungen hatten gefehlt, Fugen waren nicht dicht sowie Federn in den Nuten nicht ordentlich geklebt. Es drohte die Gefahr eindringenden Wassers. Zudem wurde klar, dass Kippfenster erst gar nicht geöffnet werden konnten. Zweifel bestanden überdies an der optimalen Funktion des Sonnenschutzes.
Die Skepsis am erneuten Vergabeverfahren klang zunächst bei Mathias Bernhard (CDU) durch. Zwar bemerkte er, „wir müssen jetzt in die Gänge kommen“, hinterfragte allerdings die vorgeschlagene Vergabe an zwei verschiedene Firmen jeweils für die Fenster und den Sonnenschutz. Damit erinnerte er an eine weitere vermaledeite Geschichte: den lange nicht funktionierenden Sonnenschutz am vor einigen Jahren neu errichteten C-Bau, der 2016 sogar das Landgericht Ravensburg beschäftigte, ehe die Stadt Schadenersatz zugesprochen bekam.
Bernhard und sein GOL-Ratskollege Andreas Vochezer schlugen stattdessen vor, sich jetzt lediglich auf ein Unternehmen zu verlassen. Bernhard forderte überdies: „Man sollte aktiv auf Firmen aus der Region zugehen.“Und Werner August Müller ergänzte: Gerade beim Sonnenschutz dürfe die Stadt „nicht bloß auf den Preis gehen“. Grundsätzlicher wurde überdies Reinhold Meindl: „Schlechte Firmen verhageln uns die ganzen guten Ausschreibungsergebnisse.“Auf diesem Weg eingespartes Geld hätte der Stadt „in anderen Bereichen“gut getan.
Diesmal keine EU-Ausschreibung
All diese Wortbeiträge hatten ebenfalls ihren Hintergrund: Erstens, weil aus Sicht der Stadt ein auswärtiges Unternehmen für den Pfusch beim ersten Fenstereinbau verantwortlich war. Zweitens, weil damals eine EUweite Ausschreibung Vergabegrundlage war. Und drittens, weil die Stadt zuletzt mehrfach betont hatte, trotz Mängel, Doppelarbeiten und Verzögerungen für die gesamte RNG-Sanierung nach wie vor innerhalb des Gesamtkostenrahmens von unter zwölf Millionen Euro zu liegen.
Elmar Gomm vom Bauamt und OB Michael Lang reagierten auf die Äußerungen: Gomm bemerkte eingangs der Debatte, dass er diesmal „freihändig“ausgeschrieben habe, also von sich aus Firmen abgefragt habe. Fünf hätten Interesse gezeigt, zwei am Ende konkrete Angebote abgegeben. Zur Qualitätsfrage ergänzte er später: „Wenn es Probleme geben würde, hätten die Architekten darauf aufmerksam machen müssen.“Zumal er bei diesen konkret nachgefragt habe, ob die Fabrikate den Wünschen der Stadt entsprächen. Der Rathauschef sicherte zudem zu, vor der endgültigen Vergabe Produkte und Preisunterschiede (erneut) zu hinterfragen. Entsprechend wurde der letztlich abgesegnete Beschlussvorschlag abgeändert.
Unter diesen Voraussetzungen soll jetzt ein Unternehmen aus Uttenweiler für die Holzfenster und -türen zuständig sein, eines aus Landsberg am Lech für den Sonnenschutz. Das Bauamt rechnet Mitte Februar mit dem Einbautermin. Interessant: Die Fenster sollen jetzt rund 543 000 Euro kosten, der Sonnenschutz gut 67 000 Euro. Beide Angebote fallen (deutlich) günstiger aus als die Vergabesummen nach der EU-Ausschreibung (666 000 beziehungsweise 68 000 Euro) und liegen zudem unterhalb der ursprünglichen städtischen Kostenberechnungen aus dem Jahr 2016 (549 000 und knapp 79 000 Euro).
Lehrer dankt und mahnt
Ungeachtet des jetzt gefassten Beschlusses und der Debatte dazu müssen Schüler und Lehrer des RNG bis zum neuen Schuljahr warten, ehe sie den sanierten Altbau beziehen könne.
Die Verzögerung um ein Jahr ist eine weitere Folge des Baupfuschs. Dazu meldete sich Andreas Vochezer ebenfalls zu Wort. Der RNG-Lehrer sprach für die Schule, als er wegen weiterhin „wandernder“Klassen sagte: „Wir sind sehr dankbar, dass so viel in den Altbau investiert wird.“Aber mittlerweile drei Jahre Bauzeit „zerreißen schon eine Schulgemeinschaft“.