Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Ist Fernsehen im Krankenhaus zu teuer?
Patienten können neuerdings nur ein ganzes Medienpaket buchen – Das gefällt nicht jedem – Klinikverbund hält Preise für akzeptabel
KEMPTEN/OBERALLGÄU (kes) Wer im Kemptener Klinikum als Patient auf einer der Stationen liegt, muss auf Unterhaltung nicht verzichten. Das Krankenhaus bietet ein Medienpaket für 3,80 Euro pro Tag an, mit dem man telefonieren, fernsehen und im Internet surfen kann. Thomas Freudling empfindet das jedoch als Abzocke. Seine Großmutter und eine Freundin waren jüngst für je zwei Wochen in Behandlung. „Ich sehe nicht ein, dass man kranken Leuten das Geld aus der Tasche zieht.“Der Klinikverbund Kempten-Oberallgäu wiederum rechtfertigt die Preise mit der Umstellung des Systems.
Den 35-jährigen Freudling stört vor allem, dass Patienten die einzelnen Dienste nicht separat buchen können: „Gerade das Fernsehen ist eine Beschäftigung im Krankenhaus. Jeder, den ich kenne, nimmt sich das dazu.“Wer Telefon und WLAN nicht nutzen wolle, zahle dann drauf. Bis vor wenigen Monaten war eine Einzelbuchung noch möglich.
Doch im Mai stellte der Klinikverbund das System um. Grund sei eine Vertragsverlängerung mit dem Dienstleister gewesen, der die auf Krankenhäuser spezialisierte Multimedia-Anlage betreibt und dem Klinikum bereitstellt, sagt Christine Hartke, Pressesprecherin im Klinikverbund. Die im Zuge der Vertragsverlängerung modernisierte Anlage stelle „ein kostengünstiges Gesamtangebot im Vergleich zu den vorher geltenden Einzelpreisen“dar. Demnach kostete das Telefon 1,50 Euro pro Tag, ebenso das Fernsehen. Um das WLAN nutzen zu können, mussten Patienten zwei Euro pro Tag bezahlen.
Freudling kann sich jedoch nicht vorstellen, dass der Telekommunikationsanbieter des Klinikums so viel verlange, um den Preis von 3,80 Euro pro Tag zu rechtfertigen. Die Einnahmen gehen zu 100 Prozent an den Dienstleister, heißt es seitens des Klinikverbunds. Gewinn werde damit keiner gemacht. Zudem könne man die Anlage nicht mit dem TV-, Telefonund Internet-Anschluss zu Hause vergleichen. Die externe Firma sei über die Bereitstellung der Dienste
Thomas Freudling
hinaus auch für die Telefone und Fernseher an den Patientenbetten, für das System mit den aufladbaren Karten und die Wartung zuständig.
Laut Klinikverbund ist Ziel, den Patienten ein leistungsfähiges und werthaltiges Angebot im Bereich der Telekommunikation anzubieten. Dieses sei nicht zwingend oder verpflichtend. Wer beispielsweise sein eigenes Handy benutzen möchte, darf das tun. Es ist nur in bestimmten Bereichen, wie etwa der Intensivstation, nicht zugelassen.
60 bis 70 Prozent der Patienten nutzen das Multimediapaket. Von zwölf seien zwischen Januar und Oktober Rückmeldungen zu den Gebühren eingegangen. Zum Inhalt wollte der Klinikverbund keine Angaben machen. Nur so viel: „Das sind 0,05 Prozent der im gleichen Zeitraum versorgten 23 500 Patienten.“Ein kostenloses Medien-Angebot scheitert laut Klinikverbund an den hohen Investitionen und Betriebskosten. Die „ohnehin knappen Ressourcen“würden aktuell in die Verbesserung der Patientenversorgung investiert. Nach Darstellung der Firma liegen die Preise anderer deutscher Krankenhäuser mit vergleichbaren Medienpaketen zwischen 3,60 und 5,40 Euro. Damit bewege sich das Klinikum Kempten im unteren Bereich, heißt es.
„Ich sehe nicht ein, dass man kranken Leuten das Geld aus der Tasche zieht.“