Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Auch Anton Webern kommt bestens an
Leutkircher Klassik: Das Ehepaar an Cello und Bösendorfer ist Klasse
LEUTKIRCH - Wer hat Angst vor Anton Webern? Die Werke des Neutöners sind ja bereits rund 100 Jahre alt, verstören freilich immer noch viele Musikliebhaber. Die wollen lieber erbauliche Klänge. Doch Cellist Mathias Beyer-Karlshoj bereitet mit Kenntnis und Witz auf „Drei kleine Stücke“vor. Der kleinste Ton zutiefst empfunden, ungewöhnliche Klänge als Essenz, als Ausdrucksgeste. Das goutiert auch das Publikum bei „Leutkircher Klassik“am Samstag in der Festhalle.
Der Cellist ist hier kein Unbekannter, von 2004 bis 2006 hat er als Dozent bei der Sommerakademie unterrichtet. Jetzt ist er reifer, 48 Jahre alt, und mit der Pianistin Kirsten Karlshoj aus Kopenhagen verheiratet. Eine wundervoll harmonische Ehe – auf jeden Fall, was das musikalische Verständnis, das intuitive Eingehen auf den anderen betrifft. Lange nicht mehr einen solch packenden Sonatenabend gehört, mit allen Facetten, aus einem Guss. Großartig, der Applaus entsprechend.
Auch einige klassische Stücke bekommt das Publikum zu hören
Natürlich pflegen die beiden auch das „klassische“Repertoire. Anfangs die hübsche „Sonatine d-Moll“von Ludwig van Beethoven. Ein frühes Werk, eingängig und schmeichelnd. Aufbrausend, dann melancholisch, immer kühn kommen die „Fantasiestücke op. 73“von Robert Schumann. Beyer-Karlshoj ist ein begnadeter Virtuose, zusammen mit dem Spiel am Bösendorfer ergibt das ein oft opulentes Klangbild.
Entdeckung für viele sind die „Variationen über ein slowakisches Volkslied“von Bohuslav Martinu (1890 bis 1959). Eine sehnsüchtige Hommage an seine Heimat, in die er nicht zurückkehren durfte. Die Kommunisten, die Stalinisten. Dies ist sein letztes Werk, buchstäblich auf dem Sterbebett im Schweizer Exil komponiert. Keineswegs nur Wehmut, auch tänzerische, rhythmische Melodien, Folklore. Aber mit einem gewissen Zorn.
Mit viel Verve bringt das Musikpaar die „Sonate in A-Dur op. 69“von Ludwig van Beethoven. Ein seidigsamtenes Thema, Eruptionen. Zupackend intoniert, melodisch schön ausbalanciert. Zu Recht ganz viel Beifall.
Nach diesen 90 Minuten Hochleistungsspiel dürfen die Zuhörer keine ausführlichen Zugaben erwarten. So verabschieden sich Cellist und Pianistin mit Nummer zwei der „Stücke im Volkston“von Robert Schumann. Zum friedlich-zufrieden Nachhausegehen.