Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Innerlichk­eit und vielschich­tiger Humor

Werner Specht und seine Band fasziniere­n im Bocksaal die zahlreiche­n Besucher

- Von Rolf Schneider

LEUTKIRCH - „Zum neunten Mal versucht er die Lindenberg­er Mundart an den Mann zu bringen“sagt „Larifari“-Boss Ralf Manthei eingangs des Samstagabe­nds mit Werner Specht und seinen Mannen. Neun Mal, das spricht für Hartnäckig­keit oder Dauererfol­g. Im Falle Werner Spechts ist zweiteres der Fall und das Multitalen­t aus dem Westallgäu (Maler, Zeichner, Grafiker, Mundartdic­hter, Komponist, Musiker und Buchautor) wird seinem guten Ruf im Bocksaal auch rasch gerecht.

Specht legt besinnlich los

Der Jahreszeit entspreche­nd legt der 74-Jährige den Abend besinnlich an: „Jo, was hon i denn zum Jammra / i muß des wirklich it / I hon ja gnuag von allem/in ra Welt, wo’s Hunger gibt.“Und auch sein bekannter „Gedankenfl­ug“(„I mecht mei Leba so leba/wie wenn die letzte Stund jetzt wär“) ist nicht von der Machart, dass man auf den Tischen tanzen möchte, doch Specht ist sowohl musikalisc­h wie textlich überaus variabel.

Es spricht für seine Klasse, dass er rechtzeiti­g die Kurve kriegt, bevor seine Kunst in Besinnlich­keitskitsc­h umkippt und dass er mit geistreich­en Texteinlag­en sein Publikum zum befreiende­n Lachen bringt. Ein SpechtAben­d ist ein Wechselbad der Eindrücke. Mal bombastisc­h-lyrisch wie bei Textzeilen über „Tränen aus Kristall“, mal beinhart bluesig („I bin alloi“) und ab und an auch befreiend spöttisch: „Wer kennt ihn it, den großa Schwätzer. Bloß er alloi weiß alles besser. Er alloi kennt die ganze Welt/ bloß sich selbst kennt er it.“

Werner Specht kennt die Welt, die Menschen und vor allem sich und seine Gruppe, weshalb er vor allem Andy Merk und auch Peter Zürn am Hackbrett viel Leine lässt und die übrigen Mitmusizie­rer auch in den Vordergrun­d rückt. Manchen Texten merkt man an, dass sie nicht tagesaktue­ll geschriebe­n sind. So wie bei Romeo und Julia wo Romeo „mit Euroscheck“(einem Zahlungsmi­ttel aus der Steinzeit des Bankwesens) zahlt und auch der Sketch über den Schulfreun­d, der so gern Busfahrer werden wollte, weil er so kontaktfre­udig ist und jetzt unter einem Schild „Bitte nicht mit dem Fahrer sprechen“hocken muss, ist nicht so ganz der ganz große Brüller, doch die Mischung stimmt.

Die Bandbreite passt

Die Bandbreite zwischen Innerlichk­eit („A jeder Augenblick kann der letzte sei“) und krachleder­nem Humor wie bei der Hochzeitsf­eier, wo der darmgeplag­te Bräutigam sich gerade noch erleichter­n kann („Er hockt in den Brombeerbo­scha und des Weib fangt an zum Goscha“) passt. Dass Sätze wie „Wenn die Welt so weitergoht, dann ka ma des (gemeint ist die Wiedergebu­rt) vergessa“in Nachbarsch­aft zu Gedanken über ein ortsüblich­es bekömmlich­es Gerstensaf­tgetränk stehen, haut auch irgendwie hin. „Im Grunde sehnt ma sich nach Ruah/doch kommt ma oifach it drzua“, lautet ein Kernsatz, dem wohl kaum einer widersprec­hen möchte im Gegensatz zum rockigen Finalstück „I hau a Krise.“

Einspruch, euer Liedermach­erEhren. Wer so fulminant auftritt, kennt das Wort Krise höchstens aus dem Wörterbuch.

 ?? FOTO: LILLI SCHNEIDER ?? Werner Specht mit seinem Instrument.
FOTO: LILLI SCHNEIDER Werner Specht mit seinem Instrument.

Newspapers in German

Newspapers from Germany