Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Aber I sag do nix“
Wanni und Wegges begeistern einmal mehr im Adlersaal
DIETMANNS - Es gibt eine eherne Regel im Bühnengeschäft: Alte Gags, wiederholte und recycelte Witze langweilen. Doch keine Regel ohne Ausnahme. Eine absolute Ausnahme ist das Mittelbiberacher Duo Wanni (Werner Zell) und Wegges (Jörg Weggenmann), das sich nach einem Jahr Pause am Wochenende im proppenvollen Adlersaal als Duo „Hindraviere“die Ehre gab.
Es sei nicht verschwiegen, dass Fans dieser Comedy-Maestros den einen oder anderen alten Gag-Bekannten wiedertrafen, sei es bei bühnentechnisch-kulinarischenVerwechslungen („Koine Nackete. Mir hend morga a Leich, doch brauchat mir alle Bratwürscht“), bei Handwerker-Bräuchen („Ohne Rechnung schaff i it – aber schwarz“) oder bei ehelichen Aufforderungen („Hilde, s’hott geschellat. I han doch it gheirat, dass i selber d’Tür aufmach“). Der Amüsementfaktor im Publikum war jedenfalls garantiert.
Wanni und Wegges haben allerdings nicht nur gut Abgehangenes im Programm, sondern in Gestalt des Wanni auch eine nigelnagelneue Weste, die so grauslich ausschaut, dass es den Augen wehtut: „Schöne Weste, ha? Da werrat se rallig die Weiber, wenn i di anhan.“
Das Publikum jedenfalls ist flugs auf Betriebstemperatur und wird rallig, wenn Wanni vom Ärger erzählt, falls irgendjemand immer seinen Wagen so zuparkt, dass man sich bloß mit nicht ganz legalen Hilfsmitteln zu helfen weiß: „Der Planet isch riesig, aber der muaß immer direkt neba mir naparka.“Der Autoschlüssel als lack-schädigendes Racheinstrument kommt da gerade recht: „Und wenn’s a schöns Auto isch, dann lauf i au um des Auto rum.“Running Gag des Abends: „Aber i sag do nix.“
So offenbart das Duo die Abgründe des oberschwäbischen Daseins, sei’s beim von einer abstinenten Fahrerin betreuten Ausflug nach Rot in eine Bierbar mit Langzweitwirkung („Zwölf Halbe und nix gmerkt. Warum ham mir eigentlich des grätige Weib mitgnomma?“). Sei es als Verkäufer bei einem selten frequentierten ortsansässigen Disounter: „I bring da Tag schon rum – au ohne Kundschaft“, der dem jahreszeitlichen Sonderangebot in Sachen Narrensachen eher distanziert gegenübersteht: „Dia hend no a Freid an der Fasnet, die lachat no über jeden Scheiß.“
Das Publikum lachte auch und nicht bloß über seichte Witze. Der Dialog zwischen dem Chef Sprit-Pit und seinem Lohnabhängigen Mehmet zwecks Arbeitszeitgestaltung („Scheff, i sott was schwätza mit Dir. Schwätza isch besser wia schaffa“) fände vor der Anti-Diskriminierungsstelle der Bundesregierung wohl wenig Gnade, die Leute im Adler aber lachten laut und langanhaltend über den Pausenwunsch des Kollegen mit Migrationshintergrund: „Mehmet, in Deutschland gibt’s a einfache Regel. Bevor ma aufhört mit Schaffa, sott ma afange.“
Man traf wirklich etliche Gag-Altbekannte wieder, so die PolizistenSzene, wo sich die ihres VW-Passatberaubten Ordnungshüter über die ihnen zugeteilte kleine C-Klasse echauffieren: „Do, wo koiner kicka will, mit dem fahrat mir“, so die Realsatire über ortsübliche Zeitungszustellung („Bild am Sonntag brauch i it, weil die Schwäbische bei mir am Samstag so spät kommt, dass scho wieder Sonntag isch“) oder den sinkenden Flüssigkeitspegel: „Es gibt schlimme Dinge im Leben eines Schwaben: S’Bier isch aus und es gibt bloß no Öttinger“.
Man traf aber auch Neues, wie die WC-Reparatur in dieser Jahreszeit: „Desch a Gekacke.“Dass als Schlussszenario der Zahnarztbesuch von Winnie recycelt wurde, bei dem die junge Zahnarzthelferin jedes Mal das Amalgam aus einer Schublade holen muss, die so tiefergelegt ist, dass der Patient die exakte Textilstruktur der knapp bemessenen Damen-Unterwäsche studieren kann, versteht sich von selbst und dass das Publikum hin und weg war ebenfalls.
Wie war das nochmal mit dem Verbot der Gag-Wiederholung? Man darf nicht alles glauben, was als Regel gilt. Und wie haltbar gute Gags und brillante Sketche sind, das werden wir alle in zweieinhalb Wochen wieder vor dem Fernseher erleben, wenn Miss Sophie einmal mehr Mister Pommeroy, Admiral von Schneider und Sir Toby empfängt und der Butler über den Tigerkopf stolpert. Und eben bei Hindraviere. Gute Gags und gute Komödianten haben kein Verfallsdatum. Aber i sag do nix.