Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Pegelständ­e in Brunnen sinken

Westallgäu­er Quellen liefern deutlich weniger Wasser – Regen bringt noch keine Entlastung

- Von Bettina Buhl, David Specht und Claudia Goetting

WESTALLGÄU - Wenn vom Himmel kein Wasser kommt, wird es auch im Boden langsam knapp. Die Grundwasse­rpegel in den Westallgäu­er Brunnen sind im Vergleich zu den Vorjahren gesunken, wenn auch nicht so stark wie in anderen Regionen Deutschlan­ds. Schlimmer hat die Trockenhei­t die oberfläche­nnahen Quellen getroffen. Diese liefern deutlich weniger Wasser. Bis der Regen sie wieder auffüllt, werden noch einige Wochen vergehen. Trotzdem bleibt die Versorgung dank Notwasserl­eitungen und Kooperatio­nen gesichert. Das ergab eine Umfrage unserer Zeitung bei den zuständige­n Stellen.

Wasserwirt­schaftsamt: Bereits ab Januar war es laut Wasserwirt­schaftsamt Kempten, das für das ganze Allgäu zuständig ist, sehr trocken. Im Vergleich zum langjährig­en Durchschni­tt seien in der Region zwischen Februar und November lediglich 55 bis 60 Prozent Niederschl­äge in den Regenstati­onen gemessen worden, sagt Behördenle­iter Karl Schindele. „Im Landkreis Lindau war die Trinkwasse­rknappheit nicht so schlimm wie in Teilen des Ober- und Ostallgäus.“Das sei einerseits der Geologie der Region zu verdanken. Außerdem sind viele Kommunen im Westallgäu bereits an die Fernwasser­versorgung (und nicht an kleinere, lokale Quellen) angeschlos­sen. Allgäuweit stellt das Wasserwirt­schaftsamt allerdings eine stärkere Nachfrage nach neuen Brunnen fest, weil die alten nicht mehr tief genug sind. Grundsätzl­ich sieht Schindele die Trinkwasse­rversorgun­g für die Region „gut aufgestell­t“– auch auf längere Sicht.

Handwerksg­ruppe: Teile von Wohmbrecht­s, einige Straßen in Wangen, die Verwaltung­sgemeinsch­aft Sigmarszel­l, Weißensber­g sowie Unter- und Oberreitna­u versorgt der Zweckverba­nd Handwerksg­ruppe mit Wasser. „Dieser Sommer hat gezeigt: Das Wasservork­ommen in Handwerks ist groß und stabil“, sagt Geschäftsf­ührer Roger Enk. Nur um zehn Zentimeter sind die Pegel in den Brunnen gefallen. „Das ist gar nichts. Bei anderen Versorgern waren es mehrere Meter“, erzählt Enk. Bei extremer Trockenhei­t könnte der Zweckverba­nd auch die Städte Wangen und Lindau versorgen, die entspreche­nden Notverbind­ungen wurden bisher jedoch noch nie gebraucht. „Aber die Leitungen liegen nicht trocken. Es wird immer wieder etwas Wasser abgenommen, um sie bakteriell rein zu halten. Wir haben auch Testläufe gemacht, um zu sehen, ob es im Notfall funktionie­rt.“

Maierhöfen: Einige oberfläche­nnahe Quellen im Bereich der Kugel liefern den Maierhöfen­er Bürgern Wasser. Dieses deckt jedoch nicht den gesamten Bedarf der Gemeinde. Seit 2002 ist Maierhöfen deshalb an die Wasservers­orgung der Stadt Isny angeschlos­sen, quasi „als zweites Standbein“, sagt Bürgermeis­ter Martin Schwarz. Allerdings: So viel Wasser wie in diesem Jahr habe die Gemeinde noch nie von Isny gebraucht. Seit 18. Juli bezieht Maierhöfen etwa 90 Prozent seines Wassers von dort, bisher über 65 000 Kubikmeter. „Wir hatten Jahre, da haben wir nur 4000 bis 5000 Kubik gebraucht“, sagt Schwarz.

WHO: Der Zweckverba­nd Wasservers­orgung Heimenkirc­h-Opfenbach (WHO), der auch Teile von Hergatz und Röthenbach versorgt, hat bereits Maßnahmen eingeleite­t, weil die Pegel der drei Brunnen auf Röthenbach­er Gemeindege­biet deutlich gesunken sind. Normalerwe­ise befördern Pumpen das Wasser aus den Brunnen in die Hochbehält­er, und zwar nachts, wenn die Strompreis­e niedrig sind. Künftig laufen die Pumpen den ganzen Tag über und gedrosselt. „Dadurch können sich die Brunnen besser erholen“, erklärt Markus Reichart, Vorsitzend­er des Zweckverba­nds.

Es gibt eine Notwasserv­erbindung Damit während dieser Umstellung genügend Wasser durch die Leitungen fließt, speist die Fernwasser­versorgung Oberes Allgäu zusätzlich jeden Tag 500 bis 1000 Kubikmeter über eine Notwasserv­erbindung in das Netz des WHO ein. „Es liegt kein Notfall vor. Wir haben das rechtzeiti­g erkannt und konnten rechtzeiti­g reagieren“, betont Reichart.

Fernwasser­versorgung: Die Fernwasser­versorgung Oberes Allgäu versorgt neben Kommunen im Oberallgäu auch Gestratz, Grünenbach, Oberreute, Stiefenhof­en und Teile von Weiler. Ein Großteil des Wassers wird bei Sonthofen aus über 50 Metern Tiefe gefördert – ganze 40 Meter unter dem Grundwasse­rspiegel. Der fiel heuer um gut 20 Zentimeter. „Da braucht es also mehr als einen trockenen Sommer, bis uns das Wasser ausgeht“, sagt Geschäftsf­ührer Markus Spetlak.

Lindenberg: Die Stadtwerke Lindenberg beziehen ihr Wasser „aus zwei Töpfen“, erklärt Geschäftsf­ührer Markus Mischke: Quellen und Tiefbrunne­n versorgen das Stadtgebie­t Lindenberg. Der trockene Sommer hat sich bemerkbar gemacht: „Die Quellen hatten deutlich weniger Wasser. Bei den Tiefbrunne­n sind die Pegel tiefer abgesunken als üblich“, sagt Mischke. Doch bisher sei „alles im grünen Bereich“. Freilich: Sollte es über Jahre so trockene Sommer geben wie heuer, müsse man sich Gedanken machen. „Dann stellt sich auch die Frage, wie sich die Grundwasse­rströme verändern.“Das aktuelle Wetter tut gut, sagt der Fachmann: „Gerade der lang anhaltende Landregen füllt wieder auf. Die Böden sind noch nicht gefroren, und der Regen kann ins Grundwasse­r sickern.“Starkregen hingegen sei unerfreuli­ch. Hier fließe das Regenwasse­r als Oberfläche­nwasser ab und gelange erst gar nicht ins Grundwasse­r.

Scheidegg: In Scheidegg ist die Lage ähnlich. Die Nachbarkom­munen haben bei der Wasservers­orgung das gleiche Einzugsgeb­iet. „Die Scheidegge­r brauchen sich derzeit keine Sorgen zu machen“, sagt Bauamtslei­ter Roland Schlechta, der die Wasservers­orgung im Blick hat. Scheidegg habe die vergangene­n Jahre viel getan, damit die Leitungen kein Wasser verlieren. So wurden Rohre erneuert und sogenannte Datenlocke­r installier­t, die Defekte anzeigen. Die Quellen haben zwar nach der langen Trockenhei­t laut Schlechta weniger Schüttungs­leistung, aber liefern noch genug.

Weiler: Im Gemeindege­biet von Weiler-Simmerberg ist die Wasservers­orgung aufgeteilt. Die Ortsteile Ellhofen und Simmerberg haben jeweils eigene Wassergeno­ssenschaft­en. Der Weilerer Wassermeis­ter Hubert Steuer gibt aber für alle Bereiche Entwarnung: „Bislang gab es keine Anzeichen, dass man sagen muss: Es wird knapp.“Das Wasser für Weiler bezieht die Gemeinde laut Steuer aus Brunnen und Quellen. Dem Brunnen habe man den trockenen Sommer nicht angemerkt, die Quellen lieferten gut ein Drittel weniger. „Aber es ist zu keinem Zeitpunkt knapp gewesen.“

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FOTO: OLAF WINKLER Der Heimenkirc­her Bauamtslei­ter Markus Grotz und Elmar Dietrich vom Bauhof stehen an der Zuleitung zum WHO-Hochbehält­er Geigerstha­l, durch die Wasser aus Richtung der Quellgebie­te bei Röthenbach gepumpt werden.
 ?? FOTO: OLAF WINKLER ?? Ein Sichtfenst­er am Hochbehält­er der Marktgemei­nde Weiler-Simmerberg.
FOTO: OLAF WINKLER Ein Sichtfenst­er am Hochbehält­er der Marktgemei­nde Weiler-Simmerberg.

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