Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Lebensgefühl nicht ersticken
Die breite Zustimmung zum Urteil des V er wal tungs gerichts München verwundert danndo ch etwas:Airbnb, die Online Vermittlungs plattform für die tageweise Vermietung privaten Wohnraums, muss den Behörden Auskunft über seine Gastgeber geben. Das lässt sich noch nachvollziehen. Solche Plattformen zu diffamieren, wie vermehrt zu beobachten ist, geht aber an den Problemen vorbei.
Der Deutsche Mieterbund begrüßt das Urteil, der Tourismusverband, der den Hoteliers nahesteht, auch, und alle, die vor Kommerzialisierung warnen, sowieso. Vor allem jene, die in Airbnb eine Gefahr für bezahlbaren Wohnraum sehen, fühlen sich durch das Urteil bestätigt. So einfach liegen die Dinge aber nicht: Auch wenn nicht für jede Stadt solide Daten vorliegen, belegen die Angebote, dass der größte Teil der Gastgeber nicht die ganze Wohnung, sondern nur Zimmer tageweise vermietet. Dadurch geht also gar kein Wohnraum verloren. Untersuchungen der Universität Mainz haben zudem ergeben, dass nach wie vor viele sozial Schwächere ihren Wohnraum nur über solche Kurz zeit vermietungen halten können. Genauso wie Kreative, Künstler und Klein selbstständige, die sich ein Zu brot verdienen. Die Vorteile für die Mieter, die vielleicht ein Wochenende in einer coolen Großstadt verbringen wollen, liegen ohnehin auf der Hand. Die Plattformen reagieren mit ihrem Angebot also au feine Lebens wirklichkeit und ein Lebensgefühl. Sie zu verdammen oder gar zu verbieten, wäre Unsinn.
Fakt ist aber auch, dass Städte wie München oder Stuttgart vermehrt mit unangemeldeten Ferien wohnungen zu kämpfen haben, dass systematisch aus Geschäftsinteresse nein paralleler, zweckentfremdeter Wohnungsmarkt entsteht. Regulierung ist in diesem Fall daher kein böses Wort, wenn sie sanft verläuft und die erwähnte Lebens wirklichkeit nicht erstickt. Dabei dürfen die Kommunen aber nicht von hausgemachten Problemen ablenken und einen Buhmann suchen: In Deutschland fehlen jährlich 380 000 neue Wohnungen. Airbnb ist daran nicht schuld.