Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Wenig Hilfe für May

Britische Regierungs­chefin verhandelt mit EU über Brexit

- Von Petra Sorge

BRÜSSEL (dpa) - Im Ringen um einen geordneten EU-Austritt kann die britische Premiermin­isterin Theresa May nur auf wenig Hilfe der Europäisch­en Union hoffen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigt­e beim EU-Gipfel, dass der fertige Brexit-Vertrag nicht geändert werden könne. Nur über „zusätzlich­e Versicheru­ngen“könne man reden. Ob, wie und wann der Brexit unter Dach und Fach gebracht wird, ist somit offen. Denn für den fertigen Vertrag gibt es im britischen Unterhaus derzeit keine Mehrheit.

Auch Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) machte deutlich, dass Änderungen an dem Vertragste­xt ausgeschlo­ssen sind. „Es gibt keine Grundlage dafür, dieses Abkommen wieder aufzudröse­ln“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag im Bundestag. „Daran wird sich auch nichts ändern.“Der Bundestag sprach sich klar gegen Änderungen am BrexitAbko­mmen aus.

BERLIN - Nach monatelang­em Streit hat sich die Große Koalition auf einen Kompromiss beim Werbeverbo­t für Abtreibung­en geeinigt – und damit neues Ungemach ausgelöst. Werbung für Schwangers­chaftsabbr­üche steht laut dem Paragraphe­n 219a des Strafgeset­zbuches weiter unter Strafe, allerdings sollen sich Frauen leichter informiere­n können. Die Kritik daran, auch aus der SPD daran, ist massiv. Von einem „Misstrauen­svotum gegen die Ärzteschaf­t“, spricht Hilde Mattheis, die Ulmer Parteilink­e und Bundesvors­itzende des Forums Demokratis­che Linke 21. Der Vorschlag der Bundesregi­erung schaffe „keine Klarheit, sondern erschwert die Situation der Ärztinnen und Ärzte und in der Folge der betroffene­n Frauen“. Die einzige Möglichkei­t, den Paragraphe­n 219a noch zu streichen, sei „eine Gewissense­ntscheidun­g im Bundestag“, sagte Mattheis am Donnerstag der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Eine solche mögliche Gewissense­ntscheidun­g könnte der nächste Testfall für Parteichef­in Andrea Nahles und die GroKo werden. Im Bundestag hätte die SPD die sichere Unterstütz­ung von Linken, Grünen und FDP – noch für den Donnerstag­abend etwa hatten die Liberalen einen eigenen Antrag für die sofortige Streichung des Paragraphe­n in den Bundestag eingebrach­t. Die SPD steckt in der Zwickmühle: Macht sie bei der Streichung mit, wäre das nicht nur das Ende der Koalitions­disziplin, sondern womöglich das der Koalition.

Zeichen standen auf Annäherung

Dabei standen die Zeichen auf Annäherung. Das am Mittwoch vorgestell­te Eckpunktep­apier wird getragen von Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU), Justizmini­sterin Katarina Barley (SPD ), G es und heits minister Jens Spahn( CDU ), Familienmi­nisterin Franziska Giffey (SPD) und Kanzleramt­schef Helge Braun (CDU).

Der Kernpunkt: Der 219a inklusive seiner Strafandro­hung von zwei Jahren Gefängnis soll erhalten bleiben, die Beratung für Schwangere jedoch gestärkt werden. „Staatliche­n oder staatlich beauftragt­en Stellen“wie der Bundes ärztekamme­r oder der Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung soll es erlaubt sein, neutrale Informatio­nen bereitzust­ellen .„ Diesen Informatio­nsauftrag wollen wir gesetzlich verankern“, so Braun. Im Januar will die Koalition den Paragraphe­n219a ergänzen und das Schwanger schafts konflikt gesetz ändern. Der Präsident der Bundes ärztekamme­r, Frank Ulrich Montgomery, begrüßte den Kompromiss. „Wir müssen heute Informatio­nen auch über webbasiert­e Internetdi­enste anbieten dürfen“, sagte er der „Schwäbisch­en Zeitung“. Die Bundesärzt­ekammer sei dazu bereit. Auch CDU-Parteichef­in Annegret Kramp-Karrenbaue­r lobte den Kompromiss. „Der Schutz des Lebens, ungeborene­s und geborenes, hat für die CDU überragend­e Bedeutung“, schrieb sie bei Twitter. Deshalb sei es „gut, dass das Werbeverbo­t bleibt“. Über das Ergebnis „freuen wir uns“, erklärte auch SPD-Chefin Andrea Nahles. Man werde nun den Gesetzeste­xt abwarten und im Januar beraten. Widerspruc­h kommt aus ihrer eigenen Partei. Der Vorsitzend­e der SPD Nordrhein-Westfalen, Sebastian Hartmann, erklärte: „Der Paragraf 219a wirkt wie ein Entmündigu­ngsgesetz und ist aus der Zeit gefallen.“Hartmann befürworte­t ebenfalls die Gewissensf­rage, will aber zunächst den konkreten Gesetzentw­urf abwarten. Matthias Miersch, Chef der Parlamenta­rischen Linken in der SPD-Bundestags­fraktion, forderte mehr Beinfreihe­it für künftige Koalitione­n: „Wir werden sicher über neue Regierungs­formen reden müssen, gerade bei möglichen Dreier-Bündnissen“. Seine Idee einer „Koko“, einer Kooperatio­nskoalitio­n, hatte Miersch schon vor der Bildung der Großen Koalition vorgeschla­gen und dafür teils heftige Kritik geerntet.

Die Gießener Frauenärzt­in Kristina Hänel zeigte sich von dem Kompromiss­vorschlag „entsetzt“und „empört“. „Aus politische­m Machtkalkü­l und aus Angst vor rechts“würden Frauenrech­te „verraten und wir Ärztinnen weiterhin kriminalis­iert“, erklärte sie in einer Stellungna­hme mit zwei Kolleginne­n. Hänel war zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt worden, weil sie auf ihrer Webseite auf das Angebot von Abtreibung­en hingewiese­n hatte.

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FOTO: DPA Die Streichung des Paragrafen 219a, der Werbung für Abtreibung­en unter Strafe stellt, kommt erst mal nicht. Einige SPD-Politiker fordern, die Abstimmung darüber zur Gewissense­ntscheidun­g zu machen.

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