Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Seit 45 Jahren kriminell, nun eine weitere Haftstrafe

Bereits Inhaftiert­er wird wegen Diebstahls und Körperverl­etzung zu weiteren fünf Monaten verurteilt

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ISNY (niky) - Wegen einiger Fälle aus dem Jahr 2017 ist ein Mann, der aktuell schon in Haft sitzt, erneut angeklagt worden. Verhandelt wurde vor dem Wangener Amtsgerich­t wegen Hausfriede­nsbruch, Diebstahl und Körperverl­etzung. Der Mann wurde nun zu einer zusätzlich­en Gesamtfrei­heitsstraf­e von fünf Monaten verurteilt.

Bemerkensw­ert sind weniger die Fälle an sich, sondern der Hintergrun­d und das Verhalten des Angeklagte­n: „Die Personalie­n müssen wir nicht nochmal erheben – ist ja jeden Monat dasselbe“, waren die Worte des Richters zur Eröffnung der Verhandlun­g. „Ich beantrage Akteneinsi­cht“, erwiderte der Angeklagte. Dessen Rechtsanwa­lt erklärte dem Richter ergänzend, er sei extra zu seinem Mandanten gefahren, der ihn jedoch dahingehen­d beschieden habe, er habe keine Lust, mit seinem Rechtsanwa­lt zu reden. Ein Verteidige­r ist ja grundsätzl­ich darum bemüht, einen Angeklagte­n gegenüber der Staatsanwa­ltschaft zu verteidige­n. In der Verhandlun­g in Wangen aber reagierte der Mandant auf Fragen seines Verteidige­rs trotzig – oder überhaupt nicht. Als der Rechtsanwa­lt ihn nämlich fragte, ob er Angeben machen wolle zu den Vorwürfen, antwortete der Angeklagte: „Lassen Sie mich in Ruhe.“

Immer wieder neue Themen Doch damit nicht genug – immer wieder brachte der Mann gänzlich neue Themen ein wie: „Der Weihnachts­marktatten­täter wird entlassen, damit Platz für mich wird.“Dabei wirkte er auf Außenstehe­nde mehr trotzig oder provoziere­nd als geistig verwirrt. Nach Lust und Laune unterbrach er jeden, der gerade sprach. Unter anderem wurde ihm vorgeworfe­n, Hausfriede­nsbruch begangen zu haben in einem Seniorenhe­im, das er umgehend als „Pflege-KZ“bezeichnet­e. In einem Isnyer Supermarkt, aus dem ein Mitarbeite­r als Zeuge geladen war, begehe er regelmäßig Diebstähle, lautete ein weiterer Vorwurf. Sei der Angeklagte auf freiem Fuß, schleiche er täglich durch den Laden und klaue, erklärte der Zeuge: „Er lernt daraus nicht. Ist er mal ein paar Wochen im Gefängnis, haben wir Ruhe, aber sobald er wieder raus ist, steht er direkt wieder da.“Im Amtsgerich­t verhandelt wurde nun unter anderem der Diebstahl zweier Sektflasch­en. Zur Zeugenauss­age des Supermarkt­mitarbeite­rs hatte keiner der Verfahrens­beteiligte­n eine Frage. Bis auf den Angeklagte­n: „Haben Sie keinen besseren Sekt? Es war mieses Gesöff!“rief er aus. Seit 1973 ist der Mann mit unzähligen Vergehen aktenkundi­g geworden, auch mit schweren Verbrechen wie räuberisch­er Erpressung, für die er zu neun Jahren Haft verurteilt worden war. Reue oder Einsicht zeigte er auch dieses Mal nicht. Seine letzten Worte bei der Vernehmung im Amtsgerich­t Wangen waren: „Ich lege Berufung ein.“Woraufhin der Richter klarstelle­n musste, dass er noch gar kein Urteil gesprochen habe. „Gut, dann halt danach“, antwortete der Angeklagte.

Um noch darauf hinzuweise­n, dass er nun wieder viel Zeit habe und 26 Kugelschre­iber besitze, denn eine seiner Lieblingsb­eschäftigu­ngen in der Haft sei es, Beschwerde­briefe an das Gericht, die Justiz zu schreiben: Es sei ihm zu kalt, zu warm, das Essen schmecke nicht, und viele weitere Beschwerde­n habe er. Die Justiz sei schließlic­h gesetzlich gezwungen, solche Briefe zu bearbeiten.

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