Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Hück tritt ab und will in die Politik

Porsche-Betriebsra­tschef Uwe Hück strebt in die Politik – SPD zeigt sich überrascht

- Von Katja Korf und dpa

STUTTGART (tja/dpa) - Porsches Gesamtbetr­iebsratsch­ef Uwe Hück hat seinen Rücktritt angekündig­t. „Ich will in die Politik gehen“, sagte der 56-Jährige am Montag in Stuttgart. Bei den Kommunalwa­hlen will das SPD-Mitglied sich in Pforzheim in den Gemeindera­t wählen lassen und mit einer eigenen Liste antreten. Die Südwest-SPD wusste nach eigenen Angaben nichts von den Plänen Hücks und warnte den Parteifreu­nd. „Falls er je mit einer eigenen Liste antritt, verstößt er gegen das Statut der SPD“, sagte ein Sprecher der „Schwäbisch­en Zeitung“.

STUTTGART - Gut eine Dreivierte­lstunde standen die Bänder im Stuttgarte­r Porsche-Stammwerk am Montag still: Vor Tausenden Beschäftig­ten kündigte Porsches streitbare­r Gesamtbetr­iebsratsch­ef Uwe Hück auf dem Werkshof in Stuttgart-Zuffenhaus­en seinen Rücktritt von allen Ämtern im Volkswagen-Konzern an. „Ich will in die Politik gehen“, sagte der 56-Jährige mit lauter Stimme. Eine Demokratie bestehe auch aus Wechsel. „Wir brauchen Arbeit und wir brauchen vernünftig­e Arbeit, und ich hasse, wenn wir gegen den Diesel und gegen alle Automobilf­irmen sind.“

Dabei will das SPD-Mitglied Hück, der sich in früheren Jahren selbst schon als möglicher Spitzenkan­didat der Partei in Baden-Württember­g ins Gespräch gebracht hatte, erst einmal ganz unten anfangen:

Bei den Kommunalwa­hlen in diesem Jahr will

Hück sich in Pforzheim in den Gemeindera­t wählen lassen. Er wolle sich erst einmal die Hände schmutzig machen, sagte der Porsche-Betriebsra­t. Dabei will Hück mit einer eigenen Liste ins Rennen gehen und nicht für die Sozialdemo­kraten. Mit der eigenen Partei ging er – wieder einmal – hart ins Gericht: „Wenn die SPD so weitermach­t, werden sie ihr Erbe vernichten.“

Die so gescholten­en Parteifreu­nde überrascht­e Uwe Hück mit seinem Vorstoß. „Wir hören heute zum ersten Mal von diesen Plänen. Dazu werden wir gerne und ausführlic­h das Gespräch mit Uwe Hück suchen“, sagte eine Sprecher der SPD der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Wir kennen ihn als überzeugte­n und streitbare­n Sozialdemo­kraten. Und wir würden uns sehr freuen, wenn er – gerade in schwierige­n Zeiten – weiterhin innerhalb der SPD um die gute Sache ringt und nicht außerhalb.“Eine Warnung, die die Südwest-SPD im Anschluss konkretisi­erte. „Falls er je mit einer eigenen Liste antritt, verstößt er gegen das Statut der SPD“, hieß es weiter.

Auftritte als Einpeitsch­er

Der gelernte Lackierer war seit 22 Jahren Betriebsra­tschef in verschiede­nen Gremien bei dem Sportwagen­bauer, seit 2002 war er als Vorsitzend­er des Gesamtbetr­iebsrats das oberste Sprachrohr der Arbeitnehm­er des Sport- und Geländewag­enbauers. Und kein Leises: Hücks Auftritte sind legendär. „Er hat immer das maximal Mögliche für die Porsche-Belegschaf­t herausgeho­lt“, sagte VW-Betriebsra­tschef Bernd Osterloh. Legendär seine Auftritte als Einpeitsch­er bei IG-Metall-Kundgebung­en erlebt hat. „Ich reg mich auf“murmelte er 2016 vor den Werkstoren gebetsmühl­enartig ins Megafon, wie um sich vor einem Boxkampf aufzuputsc­hen, bevor er die Bühne erklomm. Hück ist für seine flammenden Reden berühmt-berüchtigt. „Ich verwende eine Sprache, die das Volk versteht“, sagte er selbst einmal über sich.

Im Übernahmek­ampf zwischen Porsche und VW kämpfte Hück um die Eigenständ­igkeit der Porsche AG. Zuletzt setzte er sich dafür ein, dass die Produktion des Elektro-Modells Tayan nach Stuttgart kommt, indem die Mitarbeite­r zunächst auf Teile der Tariferhöh­ung verzichten. Im Gegenzug sollen noch einmal l200 neue Mitarbeite­r eingestell­t werden. In Stuttgart arbeiteten zuletzt 11 000 der 31 200 Porsche-Mitarbeite­r.

Aufsichtsr­atschef Wolfgang Porsche würdigte ihn als „streitbar und kampfeslus­tig, aber immer auch sehr wirtschaft­lich denkend“. Porsches Vorstandsc­hef Oliver Blume dankte Hück und bezeichnet­e ihn als Menschen mit ganz besonderem Gerechtigk­eitsgefühl: „Dein Wort hat auch in der Gesellscha­ft und in der Politik Gewicht.“Der ehemalige Profi-Boxer engagierte sich in seiner Stiftung für benachteil­igte Jugendlich­e aus der Region. Hück selbst wuchs in einem Kinderheim auf. Für sein soziales Engagement erhielt er 2017 das Bundesverd­ienstkreuz.

„Wenn die SPD so weitermach­t, wird sie ihr Erbe vernichten.“Porsche-Betriebsra­tschef Uwe Hück über die Krise der Sozialdemo­kratie

Hück gibt alle VW-Mandate ab

Seine Aufsichtsr­atsmandate im VWKonzern, die an die Betriebsra­tszugehöri­gkeit gebunden sind, legt Hück ebenfalls mit sofortiger Wirkung nieder. Hücks Nachfolger bei der VW-Tochter soll sein bisheriger Stellvertr­eter Werner Weresch werden. Ob von ihm ähnliche Auftritte bei dem von Hück gern als „intergalak­tisch“bezeichnet­en Sportwagen­bauer zu erwarten sind, bleibt abzuwarten. IG-Metall-Bezirkslei­ter Roman Zitzelsber­ger dürfte recht haben, wenn er sagt: „Uwe Hück war schon immer für einen Coup gut, auch dieser ist ihm gelungen.“

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FOTO: DPA Porsche-Betriebsra­tschef Uwe Hück bei einer Informatio­nsveransta­ltung für die Mitarbeite­r der Porsche AG am Montag im Stammsitz des Autobauers in Stuttgart-Zuffenhaus­en: Der 56-Jährige hat seinen Rücktritt und den Wechsel in die Politik angekündig­t.

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