Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Islanders werden unberechen­barer

Nicht nur eitel Sonnensche­in nach dem Fünf-Punkte-Wochenende in der Eishockey-Oberliga

- Von Peter Schlefsky

LINDAU - Des einen Freud, des anderen Leid: So könnte man die Gemütslage der Verantwort­lichen und Eishockeyf­ans in Lindau und Höchstadt nach dem Spielwoche­nende auf den Punkt bringen. Während im Kampf um die Play-off-Teilnahme in der Oberliga Süd die Islanders mit zwei Siegen einen Riesenschr­itt nach vorne machten, ist beim mittelfrän­kischen Konkurrent­en Wunden lecken angesagt. Wobei sich, vor allem mit Blick auf den Sonntagabe­nd, zumindest in der Führungsri­ege des Lindauer Eislaufver­eins auch nachdenkli­che Stimmen zu Wort melden.

Ein Stein des Anstoßes: die Spielszene, die zum 7:5-Siegtreffe­r gegen Höchstadt führte. Kleiner Rückblick: Exakt 45 Sekunden vor der Schlusssir­ene entscheide­t das Schiedsric­htergespan­n auf Bully, rechts vor dem Kasten von EVL-Goalie David Zabolotny. Die Spielunter­brechung nutzen Islanders-Spielercoa­ch Chris Stanley und EVL-Kontingent­mann Fredrik Widen zu einem kurzen, jedoch folgenträc­htigen Plausch.

Widen, erzählt Stanley später, habe ihn gefragt, ob er sich zutraue, auch dieses Bully zu gewinnen. Der Spielertra­iner nickt ihm zu, woraufhin ihn Widen in seinen Plan einweiht, im Falle des Bully-Gewinns den Versuch zu wagen, die Scheibe direkt ins leere Höchstadte­r Gehäuse zu bugsieren. Gesagt, getan: Chris Stanley setzt sich wenig später am Bullypunkt durch und schiebt die Scheibe zurück zu seinem Teamkolleg­en. Der hält drauf und netzt zum Empty-net-Goal für Lindau ein. Nicht auszudenke­n, was passiert wäre, wenn der Puck nicht seinen Weg ins gegnerisch­e Tor gefunden hätte.

Zwar hätten die Islanders mit der erfolglose­n Aktion geschätzte fünf Sekunden von der Uhr wegnehmen können. Doch hätte dies erneut Icing im eigenen Drittel bedeutet, bei noch rund 40 Sekunden Spieldauer. Besser, meinte Bernd Wucher am anderen Tag, wäre es gewesen, wie schon im Jugendeish­ockey beigebrach­t wird, das Spielgerät im hohen Bogen in die Nähe des Mittelkrei­ses zu befördern und sich dabei sogleich entlang der eigenen blauen Linie zu positionie­ren, um den eigenen Rückraum zuzumachen. Die Aktion, die zum 7:5 führte, sei sehr risikobeha­ftet gewesen, so der EVL-Vorsitzend­e.

Immerhin kamen die weniger als 700 erschienen­en Zuschauer am Sonntagabe­nd nach langer Zeit wieder mal voll auf ihre Kosten, erlebten ein „Spektakel“(Wucher) auf dem Eis mit zwölf Toren, engem Spielverla­uf, einem Happy End und dem eroberten achten Play-off-Rang. „Wir spielen oft kein euphorisch­es Eishockey. Es waren teils Auftritte mit wenig Emotionen“, wollte Bernd Wucher vor dem Wochenende einen der Gründe ausgemacht haben, warum die Zuschauerz­ahlen in der Lindauer Eissportar­ena während der laufenden Saison im Schnitt unterhalb der angepeilte­n 800er-Marke verharren.

„Zu viele Geschenke verteilt“

Das ist jedoch auch dem sogenannte­n „System“geschuldet, innerhalb dessen Chefcoach Chris Stanley mit seiner Mannschaft arbeitet – auf den Punkt gebracht: Möglichst wenig nach hinten zulassen, Defensive ist Trumpf. „Die ersten zwei Drittel waren eine Katastroph­e. Da haben wir zu viele Fehler gemacht und Geschenke verteilt“, analysiert­e Stanley mit Blick auf die Gegentreff­ern durch Höchsttadt. Anders erlebten es die Zuschauer, die sich vom offenen Schlagabta­usch beider Mannschaft­en mehr als angetan zeigten.

Im Ergebnis bleibt also festzuhalt­en: Die Islanders sind auf gutem Wege, den Sprung in die Play-offs der deutschen Eishockey-Oberliga zu schaffen – was der größte Erfolg in der Vereinsges­chichte überhaupt wäre. Sie sind jedoch auch unberechen­barer geworden, nicht zuletzt nach dem Derbysieg in Memmingen. Wenige Tore oder gar Auswärtssc­hwäche ist allerspäte­stens nach diesem Wochenende nicht mehr das Markenzeic­hen des EV Lindau.

 ?? FOTO: CHRISTIAN FLEMMING ?? Das ging gerade nochmal gut: Insgesamt fünfmal musste EVL-Goalie David Zabolotny (Mitte) beim Heimsieg über die Alligatore­n aus Höchstadt hinter sich greifen.
FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Das ging gerade nochmal gut: Insgesamt fünfmal musste EVL-Goalie David Zabolotny (Mitte) beim Heimsieg über die Alligatore­n aus Höchstadt hinter sich greifen.

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