Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Doppelmord aus Frauenhass
Angeklagter schweigt am ersten Tag der Verhandlung vor dem Landgericht München
MÜNCHEN - Das Landgericht München II beschäftigt sich seit Dienstag mit einem grauenvollen Mordfall. Der Angeklagte, ein 54-jähriger Deutscher, soll zwei Frauen gequält und getötet haben.
Seine Hände liegen auf den dünnen Oberschenkeln, immer wieder ballen sie sich zu Fäusten. Dazu schüttelt Frank H. den Kopf, leise, aber beständig – ganz so, als könne oder wolle er nicht fassen, was die Staatsanwältin da gerade vorträgt. Wobei der schmale Mann mit der Brille und dem schütteren Haar, der hier im Landgericht München auf der Anklagebank sitzt, mit seiner Ungläubigkeit nicht alleine ist: Auch auf den dicht besetzten Besucherbänken schütteln viele Zuhörer fassungslos den Kopf und schnaufen hörbar aus angesichts der Grausamkeiten, die hier geschildert werden – und die H. zu Last gelegt werden.
Zwei Frauen soll er nach Auffassung der Staatsanwaltschaft getötet haben. Die eine habe er erst vergewaltigt und danach erwürgt; bei der anderen sei es andersherum gewesen. Mord in zwei Fällen lautet die Anklage, dazu Vergewaltigung und Störung der Totenruhe. Indes geht die Staatsanwaltschaft wegen „schwersten Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen“, aus denen sich ein „sexueller Sadismus“entwickelt habe, von einer verminderten Schuldfähigkeit aus. Geht es nach der Anklagebehörde, soll der 54-Jährige dauerhaft in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht werden, da von ihm „erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind“.
Ein schüchterner Mensch sei H., heißt es in der Anklageschrift – und tatsächlich beantwortet er zu Prozessbeginn fast ehrfürchtig die Fragen des Richters. Als selbstständiger Meteorologe habe er bis zuletzt gearbeitet, bestätigt er, und in Petershausen gewohnt. Was sich in diesem Örtchen rund vierzig Kilometer nördlich von München in seiner Wohnung am 10. Februar vor einem Jahr abgespielt hat? Dazu will Frank H. nichts sagen. Und auch zu seinen persönlichen Verhältnissen werde er keine Fragen beantworten, erklärt sein Anwalt Christian Bärnreuther. Schließlich habe sich sein Mandant im Vorfeld gegenüber dem psychiatrischen Gutachter umfassend geäußert. Dessen Aussage solle jedoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, fordert Bärnreuther – ein Antrag, dem das Gericht zustimmt. Vor allem, da es in dem Gutachten auch um die Sexualität des Angeklagten gehe, betreffe dies seine Intimsphäre, erläutert der Richter. Und das Gebot, diese zu schützen, wiege schwerer als das öffentliche Interesse.
Und so werden die Zuhörer und die zahlreichen Reporter vor die Tür geschickt, ehe sich der psychiatrische Gutachter zu H. äußert. Schon zuvor hat die Staatsanwältin die Anklageschrift verlesen – und eine Gräueltat geschildert, die sich nur schwer mit jenem harmlos wirkenden Mann in Verbindung bringen lässt, der da in Holzfällerhemd und Jeans auf der Anklagebank kauert.
Demnach hat H. wegen seiner dominanten Mutter ein gestörtes Verhältnis zu Frauen. Seine unerfüllte Sehnsucht nach einer Beziehung und Nähe zu einer Frau habe sich über die Jahre in einen ausgeprägten Frauenhass verwandelt – letztlich das Motiv für seine Tat. „Seit seiner Jugend hat der Angeklagte ausgeprägte Fantasien, Frauen Gewalt anzutun“, sagt die Staatsanwältin. Genau dies habe H. vorgehabt, als er vor einem Jahr zwei Bekannte zu einer privaten Faschingsparty zu sich nach Hause einlud. Die beiden 40-Jährigen, die an psychischen Erkrankungen litten, hatte er in einem Caritas-Zentrum kennengelernt.
„Fantasien freien Lauf gelassen“
In seiner Wohnung verabreichte der Wetterexperte den Frauen ein starkes Schlafmittel, vermischt in einem Nusslikör. In der Folge schlug er auf eine der wehrlosen Frauen ein und erwürgte sie. Danach fesselte er nicht nur ihre Leiche an sein Bett, sondern tat selbiges auch mit der noch lebenden Freundin, die sich infolge der Betäubung nicht wehren konnte. Nachdem er beiden die Kleider aus- und ein Trägerkleid angezogen hatte, quälte und missbrauchte er die Frauen auf brutalste Art und Weise. Der Angeklagte habe „seinen Fantasien freien Lauf“gelassen, sagt die Staatsanwältin. „All dies erregte ihn stark sexuell.“Nachdem er die zweite Frau ebenfalls erwürgt hatte, diesmal mit bloßen Händen, fügte er der Leiche ihrer Freundin mit zwei Messern noch Schnittverletzungen am ganzen Körper zu.
Wie lange das Martyrium der beiden 40-Jährigen andauerte, lässt sich nicht genau sagen. Nachdem sie bei der Polizei als vermisst gemeldet wurden, suchten Beamte die Wohnung von H. auf – zwei Tage nach der Ankunft der Frauen. Dort machte niemand auf, also verständigten die Polizisten einen Schlüsseldienst, der die Tür öffnete. H. saß apathisch in seiner Wohnung; im Schlafzimmer entdeckten die Beamten zwei Frauenleichen.
Für den Prozess sind fünf Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil könnte demnach Mitte Februar fallen.