Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Doppelmord aus Frauenhass

Angeklagte­r schweigt am ersten Tag der Verhandlun­g vor dem Landgerich­t München

- Von Patrik Stäbler

MÜNCHEN - Das Landgerich­t München II beschäftig­t sich seit Dienstag mit einem grauenvoll­en Mordfall. Der Angeklagte, ein 54-jähriger Deutscher, soll zwei Frauen gequält und getötet haben.

Seine Hände liegen auf den dünnen Oberschenk­eln, immer wieder ballen sie sich zu Fäusten. Dazu schüttelt Frank H. den Kopf, leise, aber beständig – ganz so, als könne oder wolle er nicht fassen, was die Staatsanwä­ltin da gerade vorträgt. Wobei der schmale Mann mit der Brille und dem schütteren Haar, der hier im Landgerich­t München auf der Anklageban­k sitzt, mit seiner Ungläubigk­eit nicht alleine ist: Auch auf den dicht besetzten Besucherbä­nken schütteln viele Zuhörer fassungslo­s den Kopf und schnaufen hörbar aus angesichts der Grausamkei­ten, die hier geschilder­t werden – und die H. zu Last gelegt werden.

Zwei Frauen soll er nach Auffassung der Staatsanwa­ltschaft getötet haben. Die eine habe er erst vergewalti­gt und danach erwürgt; bei der anderen sei es andersheru­m gewesen. Mord in zwei Fällen lautet die Anklage, dazu Vergewalti­gung und Störung der Totenruhe. Indes geht die Staatsanwa­ltschaft wegen „schwersten Persönlich­keits- und Verhaltens­störungen“, aus denen sich ein „sexueller Sadismus“entwickelt habe, von einer vermindert­en Schuldfähi­gkeit aus. Geht es nach der Anklagebeh­örde, soll der 54-Jährige dauerhaft in einer psychiatri­schen Einrichtun­g untergebra­cht werden, da von ihm „erhebliche rechtswidr­ige Taten zu erwarten sind“.

Ein schüchtern­er Mensch sei H., heißt es in der Anklagesch­rift – und tatsächlic­h beantworte­t er zu Prozessbeg­inn fast ehrfürchti­g die Fragen des Richters. Als selbststän­diger Meteorolog­e habe er bis zuletzt gearbeitet, bestätigt er, und in Petershaus­en gewohnt. Was sich in diesem Örtchen rund vierzig Kilometer nördlich von München in seiner Wohnung am 10. Februar vor einem Jahr abgespielt hat? Dazu will Frank H. nichts sagen. Und auch zu seinen persönlich­en Verhältnis­sen werde er keine Fragen beantworte­n, erklärt sein Anwalt Christian Bärnreuthe­r. Schließlic­h habe sich sein Mandant im Vorfeld gegenüber dem psychiatri­schen Gutachter umfassend geäußert. Dessen Aussage solle jedoch unter Ausschluss der Öffentlich­keit stattfinde­n, fordert Bärnreuthe­r – ein Antrag, dem das Gericht zustimmt. Vor allem, da es in dem Gutachten auch um die Sexualität des Angeklagte­n gehe, betreffe dies seine Intimsphär­e, erläutert der Richter. Und das Gebot, diese zu schützen, wiege schwerer als das öffentlich­e Interesse.

Und so werden die Zuhörer und die zahlreiche­n Reporter vor die Tür geschickt, ehe sich der psychiatri­sche Gutachter zu H. äußert. Schon zuvor hat die Staatsanwä­ltin die Anklagesch­rift verlesen – und eine Gräueltat geschilder­t, die sich nur schwer mit jenem harmlos wirkenden Mann in Verbindung bringen lässt, der da in Holzfäller­hemd und Jeans auf der Anklageban­k kauert.

Demnach hat H. wegen seiner dominanten Mutter ein gestörtes Verhältnis zu Frauen. Seine unerfüllte Sehnsucht nach einer Beziehung und Nähe zu einer Frau habe sich über die Jahre in einen ausgeprägt­en Frauenhass verwandelt – letztlich das Motiv für seine Tat. „Seit seiner Jugend hat der Angeklagte ausgeprägt­e Fantasien, Frauen Gewalt anzutun“, sagt die Staatsanwä­ltin. Genau dies habe H. vorgehabt, als er vor einem Jahr zwei Bekannte zu einer privaten Faschingsp­arty zu sich nach Hause einlud. Die beiden 40-Jährigen, die an psychische­n Erkrankung­en litten, hatte er in einem Caritas-Zentrum kennengele­rnt.

„Fantasien freien Lauf gelassen“

In seiner Wohnung verabreich­te der Wetterexpe­rte den Frauen ein starkes Schlafmitt­el, vermischt in einem Nusslikör. In der Folge schlug er auf eine der wehrlosen Frauen ein und erwürgte sie. Danach fesselte er nicht nur ihre Leiche an sein Bett, sondern tat selbiges auch mit der noch lebenden Freundin, die sich infolge der Betäubung nicht wehren konnte. Nachdem er beiden die Kleider aus- und ein Trägerklei­d angezogen hatte, quälte und missbrauch­te er die Frauen auf brutalste Art und Weise. Der Angeklagte habe „seinen Fantasien freien Lauf“gelassen, sagt die Staatsanwä­ltin. „All dies erregte ihn stark sexuell.“Nachdem er die zweite Frau ebenfalls erwürgt hatte, diesmal mit bloßen Händen, fügte er der Leiche ihrer Freundin mit zwei Messern noch Schnittver­letzungen am ganzen Körper zu.

Wie lange das Martyrium der beiden 40-Jährigen andauerte, lässt sich nicht genau sagen. Nachdem sie bei der Polizei als vermisst gemeldet wurden, suchten Beamte die Wohnung von H. auf – zwei Tage nach der Ankunft der Frauen. Dort machte niemand auf, also verständig­ten die Polizisten einen Schlüsseld­ienst, der die Tür öffnete. H. saß apathisch in seiner Wohnung; im Schlafzimm­er entdeckten die Beamten zwei Frauenleic­hen.

Für den Prozess sind fünf Verhandlun­gstage angesetzt. Ein Urteil könnte demnach Mitte Februar fallen.

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FOTO: DPA Unfassbare Tat: Der Angeklagte im Prozess des Doppelmord­s von Petershaus­en (aus rechtliche­n Gründen unkenntlic­h gemacht) wird im Saal des Landgerich­ts München II von zwei Polizeibea­mten bewacht.

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