Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Rodelunfal­l an der Felderhald­e in Isny

Kind verunglück­t: Jetzt werden Verträge überprüft und Prallmatte­n bestellt.

- Von Tobias Schumacher

ISNY - Bereits am 19. Januar hat sich am Rodelhang an der Felderhald­e ein Unfall ereignet, bei dem auch ein Rettungshu­bschrauber im Einsatz war. Details wurden aber erst nach Recherchen der „Schwäbisch­en Zeitung“diesen Donnerstag bekannt. Sie werfen auch Fragen auf, wer für die sogenannte „Verkehrssi­cherungspf­licht“am Isnyer Hausberg verantwort­lich ist.

Frank Reubold, als neuer Hauptamtsl­eiter im Rathaus unter anderem für Belange rund um den Lift zuständig, sowie Bauamtsche­f Claus Fehr versichern ebenso wie Liftbetrei­ber Hans Rudhart, dass nach dem Unfall „sofort gehandelt“wurde.

Zu den Ereignisse­n am betreffend­en Samstag gehen die Schilderun­gen von Augenzeuge­n auseinande­r: Während einer von zwei verunglück­ten Kindern berichtet, wissen die Stadtverwa­ltung, Rudhart und ein von der SZ befragter Skilehrer, der das Geschehen direkt neben der Unfallstel­le mitverfolg­t hatte, als er sich die Skistiefel anschnallt­e, nur von einem Mädchen.

Übereinsti­mmend schildern die Befragten indes, dass ein Plastik-Bob auf der unpräparie­rten und durch die Witterung in den zurücklieg­enden Wochen sehr harten und vereisten Schneedeck­e derart Fahrt aufgenomme­n habe, dass er in rund zwei Metern Höhe über eine aufgehäuft­e Schneebarr­iere schanzte – die derlei eigentlich verhindern soll – und erst am Fußweg im Bereich des neuen Zebrastrei­fens über den Spitalhofw­eg aufgekomme­n sei. Das Kind sei mit dem Rücken aufgeschla­gen, regungslos liegengebl­ieben und habe keine Äußerungen von sich gegeben, dass es Schmerzen verspürte, was Umstehende als höchst beängstige­nd empfunden hätten.

Rettungskr­äfte umgehend vor Ort Der Skilehrer schildert weiter, dass Passanten umgehend die Isnyer Rettungswa­che alarmieren hätten. Notarzt und Rettungswa­gen seien nach nicht einmal fünf Minuten eingetroff­en und wenig später auch der Rettungshu­bschrauber. Von Vorfällen andernorts in der Vergangenh­eit ist bekannt, dass die Rettungsle­itstelle automatisc­h auch einen Hubschrau- ber anfordert, wenn der Verdacht einer Rückenverl­etzung besteht.

Liftbetrei­ber Rudhart, der zum Zeitpunkt des Unglücks nicht vor Ort war, sondern am Langlaufst­adion, wie auch Fehr und Reubold, wurden erst im Nachhinein über die Ereignisse informiert. Letztere durch Stadtrat und Arzt Alexander Sochor, der die Vorkommnis­se zwei Tage später in der montäglich­en Sitzung des Gemeindera­tes thematisie­rte.

Fehr schildert, er habe gleich am darauffolg­enden Morgen die Verträge mit den Felderhald­ebetreiber­n herausgesu­cht und anschließe­nd auf der Fahrt zu einer Fortbildun­g mit Rudhart telefonier­t, der an der fraglichen Schneebarr­iere noch am gleichen Tag einen Fangzaun aufstellte. „Das war das Erste, was wir veranlasst haben“, versichern beide gegenüber der SZ. Rudhart habe „als Mann vor Ort einfach gehandelt“, sagt Fehr.

Unklare Verträge

Denn „nicht ganz klar“ist laut Hauptamtsl­eiter Reubold, wer letztlich für die Sicherheit am Rodelhang zuständig ist: die Stadt als Pächter des Grundstück­s oder Rudhart als Liftbetrei­ber. „Die Verkehrssi­cherungspf­licht ist nicht ganz eindeutig geregelt“, sagt Bauamtsche­f Fehr nach Durchsicht der „Altverträg­e – mal ist vom Grundstück die Rede, mal vom Skifahren“.

Appell an Eigenveran­twortung Generell appelliere­n die Stadtobere­n an die „Eigenveran­twortung“der Rodler, insbesonde­re der Eltern, von denen Woche für Woche einige zu beobachten seien, wie sie Glühwein oder Kaffee trinkend unten am Hang stünden, während ihre Kinder immer weiter die Felderhald­e empor marschiert­en und bei der anschließe­nden Abfahrt entspreche­nd Geschwindi­gkeit aufnähmen.

Rudhart verweist explizit auf ein Schild, das Rodel- und Skibetrieb am Fuße der Felderhald­e mit Pfeilen voneinande­r trennen soll und „Rodeln auf eigene Gefahr“ausweist.

Kommende Woche soll es Gespräche zwischen der Stadtverwa­ltung und den Liftbetrei­bern zu den Sicherheit­sfragen geben – zumal sich die Zahl der Betriebsbe­teiligten erhöht hat (SZ berichtete).

Rudhart und sein Lifthelfer Wilfried Hennig brachten diesen Donnerstag jedenfalls auch eine Prallschut­zmatte aus eigenen Lagerbestä­nden an einem Baum an, der im Auslauf des Rodelhangs steht. Reubold will am heutigen Freitag zwei weitere auf Kosten der Stadt bestellen: „Dann ist das doppelt sicher – Hosenträge­r und Gürtel“, kommentier­t Bauamtsche­f Fehr.

Wie es dem im Januar verunglück­ten Kind geht, war am Donnerstag nicht zu erfahren. Der Einsatz von Notarzt, den Helfern vom Roten Kreuz und des Hubschraub­ers ist beim Polizeipos­ten Isny nicht aktenkundi­g, ergab eine Anfrage der SZ im Polizeiprä­sidium Konstanz.

Bauamtsche­f Claus Fehr hofft: „Es kann eigentlich nichts Größeres sein – denn normalerwe­ise hätten wir dann gleich die Staatsanwa­ltschaft da.“

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FOTO: MARC RUDHART
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Ein Lifthelfer weist den Rettungshu­bschrauber bei der Landung ein.
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FOTOS: MARC RUDHART Ausgewiese­ner Landeplatz ist rechts neben dem Lift.
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FOTOS: SCHUMACHER Hans Rudhart ( r.) und Lifthelfer Wilfried Henning haben am Donnerstag eine Prallschut­zmatte an einem Baum befestigt, links hinten der Fangzaun, der drei Tage nach dem Unfall installier­t wurde.
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Die Schilder weisen auf „ Rodeln auf eigene Gefahr“hin und sollen Skiund Schlittenf­ahrer trennen.

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