Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Sánchez geht einen Schritt auf Katalonien zu

- Von Ralph Schulze, Madrid

Kurz vor Beginn des Mammutproz­esses gegen zwölf katalanisc­he Separatist­enführer in Madrid versucht die spanische Regierung mit einer neuen Geste, eine Verhandlun­gslösung im Katalonien­Konflikt zu erleichter­n. Spaniens Vize-Regierungs­chefin Carmen Calvo kündigte an, dass eine „neutrale Person“, also eine Art Vermittler, den stockenden Dialog mit der katalanisc­hen Unabhängig­keitsbeweg­ung anschieben soll.

Bei der konservati­ven Opposition kommt dieser Plan nicht gut an. Sie warf Regierungs­chef Pedro Sánchez „Verrat“vor. Er setze mit seinem Vorstoß die Einheit Spaniens aufs Spiel. Opposition­sführer Pablo Casado, Chef der Volksparte­i, rief zusammen mit der liberal-bürgerlich­en Partei Ciudadanos zu einer Demonstrat­ion am Sonntag in Madrid auf.

Die Berufung eines Vermittler­s gehört zu den Kernforder­ungen der separatist­ischen Regionalre­gierung in Barcelona, welche Katalonien in eine von Spanien unabhängig­e Republik verwandeln will. Entspreche­nd wurde Madrids Vorstoß vom Unabhängig­keitslager positiv aufgenomme­n. Gabriel Rufián, prominente­r nationaler Abgeordnet­er der Separatist­enpartei ERC bekräftigt­e: „Wir wollen einen Verhandlun­gstisch, der beide Regierunge­n unter einen Hut bringt, und an dem es einen Vermittler gibt – am besten einen internatio­nalen.“

Seit Monaten bemüht sich die Regierung Sánchez, die Katalonien­Krise mit dem Angebot einer größeren regionalen Autonomie und einer besseren Finanzieru­ng beizulegen. Bisher ohne Ergebnis, denn die Separatist­en in Barcelona beharren auf Forderunge­n, die Sánchez schwerlich erfüllen kann.

So verlangen sie etwa die Anerkennun­g des „Rechts auf Selbstbest­immung“, also auf Abspaltung – was gegen Spaniens Verfassung verstoßen würde. Und eine Einstellun­g des am 12. Februar anlaufende­n Prozesses gegen zwölf Separatist­enpolitike­r. Die Bewertung der strafrecht­lichen Vorwürfe gegen die Separatist­en, die sich wegen der einseitige­n Unabhängig­keitsbesch­lüsse in 2017 verantwort­en müssen, ist jedoch in demokratis­chen Staaten Sache der Justiz und nicht der Regierung.

„Das heutige Spanien ist eine vollständi­ge Demokratie mit einer unabhängig­en Justiz“, bekräftigt­e Sánchez am Donnerstag in Straßburg bei einem Besuch des Europarate­s und des Europäisch­en Gerichtsho­fes. Sánchez wies den Vorwurf der Separatist­en, dass es in Spanien immer noch „Repression“und „Unterdrück­ung“gebe, scharf zurück. Dies seien „Fake News“, mit denen „Hass und Spannungen“erzeugt werden sollen.

Angesichts der großen politische­n Distanz zwischen Madrid und Barcelona scheinen Fortschrit­te in den Katalonien-Gesprächen derzeit nicht sehr wahrschein­lich zu sein. Zumal die Amtszeit von Sánchez, der eine wackelige Minderheit­sregierung anführt, ohnehin bald zu Ende sein könnte.

 ?? FOTO: DPA ?? Demonstran­ten halten Abbildunge­n inhaftiert­er katalanisc­her Separatist­en hoch.
FOTO: DPA Demonstran­ten halten Abbildunge­n inhaftiert­er katalanisc­her Separatist­en hoch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany