Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Stressfrei­es Schlachten“am Argensee

Familie Wassermann schlachtet wieder selbst – Hauptkunde­n: Landwirte aus der Region

- Von Marlene Gempp

KISSLEGG - Seit Herbst wird am Argensee wieder selbst geschlacht­et. Ein gutes halbes Jahr lang haben Albert und Yvonne Wassermann die ehemalige Metzgerei Rothmund umgebaut und haben in viel Eigenregie in Zusammenar­beit mit dem Veterinära­mt das Schlachtha­us am Argensee aufgebaut. Spezialisi­ert hat sich die Lohnschlac­htung nun auf die Schlachtun­g und Zerlegung von Rindern. Die Kunden, hauptsächl­ich Landwirte, stammen meist aus der näheren Umgebung von Kißlegg.

2007 übernahm Albert Wassermann den Betrieb seiner Eltern, bis 2010 wurde noch geschlacht­et. Dann wurde es Zeit für die mittlerwei­le dritte Generation, die Schlachträ­ume komplett zu renovieren und auf EUStandard anzupassen. Zerlegt und verwurstet wurde im Haus der Wassermann­s weiterhin, aber erst einmal nicht mehr geschlacht­et. Dafür mietete Albert Wassermann regelmäßig­e die Räume einer Metzgerei in der Nähe an und transporti­erte die Tierhälfte­n dann an den Argensee zur weiteren Verarbeitu­ng. Die Schlachträ­ume waren dort im Elternhaus bereits vorhanden, mussten aber in Absprache mit dem Veterinära­mt auf den neuesten Stand gebracht werden. Zum Beispiel seien neue Böden verlegt worden, auch die Schlachtte­chnik sei neu, erläutert Yvonne Wassermann. Zudem wurden ein zusätzlich­er Kühlraum eingebaut und die anderen renoviert. Viel Arbeit, Absprachen und Genehmigun­gen einholen seien für den Schritt hin zur eigenen Schlachtun­g nötig gewesen, erklärt Yvonne Wassermann weiter. Metzgermei­ster Albert Wassermann kann nun also wieder im eigenen Haus schlachten, zerlegen, verpacken, wursten. Ein Team aus Metzgern hilft ihm dabei. „Die Hauptkunde­n sind Landwirte aus der näheren Region, von Kißlegg bis Leutkirch, Wangen und Umgebung“, erklärt Yvonne Wassermann, die im Büro des Schlachtha­uses die Organisati­on des Betriebs übernommen hat. Auch einzelne Tiere können gebracht werden, die dann zum Selbstverb­rauch für die jeweiligen Familien und Freunde verarbeite­t werden. Familie Wassermann vermarktet das Fleisch und die Würste aber nicht selbst, es gibt keinen Ladenverka­uf am Schlachtha­us. Das Fleisch wird schon verkauft, bevor die Tiere geschlacht­et werden. Dann werden Pakete für die Kunden auf Bestellung zusammenge­stellt. Den Verkauf übernehmen dann unter anderem die Landwirte, die ihre Rinder gebracht haben.

„Wir haben auch Bio- und Demeterkun­den. Die bestimmen teilweise zum Beispiel selbst, welche Gewürze in ihre Würste kommen“, erzählt Yvonne Wassermann. Manche Arbeiten können die Landwirte im Schlachtha­us auch selbst machen, etwa die Würste einpacken. „Ich selbst esse natürlich auch am liebsten selbstgema­chte Wurst und Fleisch. Den Unterschie­d schmeckt man einfach“, so Yvonne Wassermann. Wichtig sei den Wassermann­s beim Schlachten das Tierwohl. Darum werde darauf geachtet, dass die Tiere nicht zu lange transporti­ert werden und in keinem Zwischenla­gerstall stehen müssen. „Der Landwirt bringt sein Tier und bleibt meistens auch so lange da, bis es stirbt. Das beruhigt das Rind. Das ist ein Teil vom stressfrei­en Schlachten“, erklärt Yvonne Wassermann und ergänzt: „Wir kennen unsere Bauern alle persönlich.“

Unterstütz­ung von Kollegen

Er freue sich sehr, dass die Wassermann­s wieder eine eigene Schlachtun­g aufgebaut haben, sagt Metzgermei­ster Philipp Sontag aus Kißlegg. Er selbst profitiere zwar nicht direkt davon, weil er eine eigene Schlachtun­g hat und die Wassermann­s hauptsächl­ich für Landwirte arbeiten, für das Handwerk an sich sei es aber ein sehr gutes Zeichen. „Fast ein Drittel der Metzgerinn­ungsbetrie­be im Landkreis Ravensburg schlachtet selbst. Das ist einzigarti­g“, so Sontag. „Wir schlachten für die eigene Produktion und für die Gastronomi­e, seit kurzem arbeiten wir auch mit der Metzgerei Joos aus Wangen zusammen.“Einmal pro Woche schlachte er Schweine für die Metzgerkol­legen aus Wangen, erklärt der Kißlegger. Dadurch könne er seine Kapazität noch besser ausnutzen und die Metzger aus Wangen hätten einen kurzen Anfahrtswe­g für ihre regionalen Produkte.

Er freue sich ebenfalls über das wieder eröffnete Schlachtha­us am Argensee, sagt Metzger Arnold Heim aus Argenbühl. Gerade weil ein großer Betrieb für die Region vor wenigen Jahren nicht zustande kam, begrüße er den Schritt der Familie Wassermann umso mehr. „Ich halte das für eine gute Lösung und wünsche ihnen viel Erfolg“, so Heim. Er selbst schlachte in Ratzenried nach wie vor für die eigene Produktion sowie für Landwirte und Metzger aus der Region, die keine eigene Schlachtun­g haben. Seit Herbst schlachtet er einen Teil seiner Rinder auch in den Räumen am Argensee, erzählt Heim: „Die Zusammenar­beit mit Albert Wassermann war immer sehr gut und das soll auch so weitergehe­n.“

Im Schnitt kommen nun also acht bis zehn Rinder pro Woche ins Kißlegger Schlachtha­us. Im Oktober, November und Dezember ist die Hauptschla­chtzeit. Nun sei es wieder etwas ruhiger im Haus, erzählt Yvonne Wassermann. Nach den ersten Monaten Betrieb bilanziert sie: „Es läuft gut.“Die viele Arbeit habe sich gelohnt.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Albert Wassermann (Mitte) arbeitet mit einem Team aus Metzgern zusammen, zum Beispiel mit Tobias Göser und Andreas Bufler.

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