Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Das Endspiel kann kommen
Reschkes Worte klingen wie Ultimatum für Weinzierl – Nachfolgediskussion reißt nicht ab
STUTTGART (dpa/SID) - Mit verschränkten Armen stand Markus Weinzierl zum Auftakt der wegweisenden Woche nachdenklich auf dem Stuttgarter Trainingsplatz. Zumindest bis Samstag hat VfB-Sportvorstand Michael Reschke ihm eine Jobgarantie gegeben. Trotz aller Spekulationen im Umfeld des abstiegsbedrohten Bundesligisten, trotz der Gerüchte über Markus Gisdol, Felix Magath und Jürgen Klinsmann und dem nächsten Tiefpunkt mit dem 0:3 in Düsseldorf darf Weinzierl vorerst weitermachen. Seine Zukunft beim VfB Stuttgart dürfte aber vom Auftritt gegen den Tabellenvierten RB Leipzig am Samstag abhängen – und so klangen Reschkes Worte fast wie ein Ultimatum.
„Er wird gegen Leipzig auf der Bank sitzen – ohne Wenn und Aber“, sagte Reschke. „Unser aller Aufgabe ist es, die Mannschaft wieder in die Spur zu bringen. Wir dürfen uns jetzt nicht selbst zerfleischen.“Nach der „heftigen und bitteren“Pleite bei Fortuna Düsseldorf hatte Reschke geschwiegen – und die Gerüchte über eine Trennung von Weinzierl angeheizt. Es hätte deswegen nicht verwundert, wäre Reschke am Folgetag vor die Mikrofone getreten und hätte nach nur drei Siegen in 14 Bundesliga-Partien vor laufenden Kameras die Trennung von Weinzierl bekannt gegeben. Stattdessen forderte der 61-Jährige einen „Schulterschluss“im gesamten Club und nahm die Mannschaft in die Pflicht.
Wenige Meter entfernt leitete Weinzierl dann das Training der Reservisten, in dem auch der gegen Düsseldorf gesperrte frühere Nationalstürmer Mario Gomez und der ehemalige Bayern-Profi Holger Badstuber mitmischten. Intensiv sprach Weinzierl mit Torwart-Trainer Marco Langner, der trübe graue Himmel und der eisige Wind passten zur Stimmung.
Weinzierl hatte am Sonntag einen ratlosen und frustrierten Eindruck hinterlassen. Dass auf ihm vorerst weiter die Hoffnungen ruhen, ist das Ergebnis eines Gesprächs mit Reschke ebenso wie Diskussionen im Vorstand. „Wir müssen für die nächsten Spiele erreichen, dass die Mannschaft ein anderes Gesicht zeigt und müssen daran glauben, dass es uns gemeinsam gelingt, die Liga zu halten“, sagte Reschke.
Mit großen Erwartungen und ohne Gedanken an einen Abstieg war der Traditionsverein in die Saison gestartet. Nun bleiben noch 13 Spiele, um nach 2016 den erneuten Absturz in die Zweitklassigkeit zu vermeiden und zumindest die drei Punkte Rückstand auf den Tabellen-15. FC Augsburg aufzuholen. Als Tabellen-16. hat der VfB einen Punkt Vorsprung auf einen direkten Abstiegsplatz.
Derzeit macht wenig Hoffnung. „So, wie wir gestern gespielt haben, werden wir es nicht schaffen“, sagte Reschke. Auch VfB-Kapitän Christian Gentner meinte, die Entwicklung gehe „in die falsche Richtung“. „Wir haben heute versagt. Die Art und Weise, wie wir aufgetreten sind, war erschreckend“, betonte Gentner. Von Leidenschaft, Geschlossenheit und Aufbäumen ist momentan wenig zu sehen. Im Angriff fehlen die Ideen, die Abwehr ist mit 47 Gegentoren die
„So, wie wir gestern gespielt haben, werden wir es nicht schaffen.“
Michael Reschke
schwächste der Liga. „Man sieht, dass unsere Mannschaft nicht vor Selbstvertrauen strotzt und dass die Jungs mit der aktuellen Situation zu kämpfen haben“, hatte Weinzierl in Düsseldorf gesagt und behauptet, dass ihn seine Zukunft „nicht interessiert. Ich kann sehr gut mit dem Team arbeiten. Wir können die Nebengeräusche ausblenden. Man bekommt sie zwar mit, aber wir konzentrieren uns auf die Arbeit“.
Doch stehen in der sportlichen Krise auch VfB-Präsident Wolfgang Dietrich und eben Reschke in der Kritik. Der 61 Jahre alte Sportvorstand, der diese Saison fast 50 Millionen Euro für neues Personal ausgegeben und in seiner 18-monatigen Amtszeit in Hannes Wolf und Tayfun Korkut bereits zwei Trainer rausgeworfen hat, weist Fragen zu seiner Person noch zurück: „Meine persönliche Zukunft ist im Moment vollkommen uninteressant, es geht nur um den VfB und die schwierige Situation, die wir zu meistern haben“, betonte Reschke.
In Gisdol (49/zuletzt beim HSV) und Felix Magath (65/zuletzt in China bei Shandong Luneng) werden zudem prominente Feuerwehrleute gehandelt. Auch der ehemalige Bundestrainer Jürgen Klinsmann könnte als Retter einsteigen. Er werde „immer helfen“, sollte er gefragt werden, hatte Klinsmann jüngst erklärt.
Und Hilfe kann der VfB derzeit auf jeden Fall gebrauchen – von welcher Seite auch immer.
So viele Trainer hat der VfB Stuttgart seit der Meisterschaft 2007 verschlissen: