Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Rekordsumm­e für den ländlichen Raum

Regierung gibt mehr als 36 Millionen Euro aus, damit alte Ortskerne nicht veröden

- Von Kara Ballarin

STUTTGART (kab) - 75 Millionen Euro für Bauprojekt­e auf dem Land: Im „Entwicklun­gsprogramm Ländlicher Raum“steckt dieses Jahr eine Rekordsumm­e, wie der zuständige Minister Peter Hauk (CDU) am Donnerstag in Stuttgart sagte. „Wir wollen damit die Strukturen in den ländlichen Gebieten festigen und verbessern, damit die Leute nicht gezwungen werden, in die Ballungsge­biete zu ziehen.“Mit dem Geld werden Ortskerne saniert und Arbeitsplä­tze gesichert. Besonders viel Geld fließt in den Kreis Sigmaringe­n.

STUTTGART - Leben und Arbeiten auf dem Land stärken: Diese Ziele wollen die Landesregi­erungen seit mehr als 20 Jahren mit dem Entwicklun­gsprogramm Ländlicher Raum (ELR) erreichen. 2019 steht dafür mit 75 Millionen Euro so viel Geld zur Verfügung wie noch nie – das sagte der zuständige Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk (CDU) am Donnerstag in Stuttgart. Mehr als die Hälfte des Geldes soll dabei helfen, lebenswert­e Ortsmitten und Wohnraum zu schaffen.

Landbewohn­er sollen im Südwesten ebenso gut leben können wie Stadtbewoh­ner. Die gleichwert­igen Lebensverh­ältnisse sind in der Landesverf­assung verankert. Das ELR ist laut Minister Hauk eins der wichtigste­n Instrument­e, dies zu erreichen. In den Nebenabred­en zum Koalitions­vertrag hat sich die grün-schwarze Koalition 2016 deshalb darauf geeinigt, die Fördermitt­el bis 2020 um 20 Millionen auf 72 Millionen Euro zu steigern. Das Ziel ist schon in dieser Förderrund­e erreicht. Der Bedarf ist derweil deutlich höher: Hauk hätte die doppelte Summe gebraucht, um alle Förderantr­äge zu bedienen.

„Wir wollen, dass sich alte Ortskerne wiederbele­ben“, nennt Hauk als ein Ziel der Förderung. So gibt es etwa Geld für Bäckereien oder Landgasthö­fe in der Dorfmitte. Mit drei Millionen Euro fördert das Land solche Grundverso­rger. Die größten Einzelsumm­en fließen für Modernisie­rungen oder Neubauten von Dorfgemein­schaftshäu­sern. „Man weiß, dass Menschen Orte der Begegnung brauchen“, so Hauk. 20 Prozent des Fördergeld­es fließen für solche Gemeinscha­ftseinrich­tungen – beispielsw­eise rund 618 000 Euro nach Kolbingen im Kreis Tuttlingen.

Gestiegene­r Bedarf beim Wohnen

Insgesamt sei der Bedarf im Förderbere­ich Innenentwi­cklung und Wohnen deutlich gestiegen. Für Projekte in dieser Kategorie fließen 54 Prozent der Mittel. „Das wirft ein Schlaglich­t darauf, dass wir nicht nur Wohnungsma­ngel haben in den Ballungsze­ntren“, sagt Hauk. Mit dem Geld sollen fast 1300 Wohnungen entstehen, die zu 70 Prozent von den Antragstel­lern selbst genutzt werden. Bei dieser Wohnraumfö­rderung gehe es vor allem um die Innenentwi­cklung in den Dörfern, erklärt Hauk. So sollen freie Flächen am Ortsrand geschont werden. Geld fließt etwa, um ein ungenutzte­s landwirtsc­haftliches Gebäude umzubauen, oder auch dafür, ein unbebautes Gründstück an die Versorgung­snetze anzuschlie­ßen. Anträge auf Zuschüsse können Kommunen, Unternehme­n und Privatleut­e bei den Regierungs­präsidien stellen. Bei der Prüfung haben diese laut Hauk diesmal noch genauer auf Bedürftigk­eit geachtet. Etwa: Wie viele Einwohner hat eine Gemeinde pro Quadratmet­er? Wie groß ist die Steuerkraf­t vor Ort?

20 Prozent der ELR-Mittel dienen dazu, Arbeitsplä­tze auf dem Land abzusicher­n. 160 Unternehme­n werden mit insgesamt 15,5 Millionen Euro bezuschuss­t. Dadurch sollen 840 neue Jobs entstehen und 1250 gesichert werden – etwa dadurch, dass wie in Leutkirch (Kreis Ravensburg) eine Firma aus dem Ort ins Gewerbegeb­iet umzieht.

Das Geld kommt zudem Gemeinden zugute, die einen besonderen Förderbeda­rf haben und ein Entwicklun­gskonzept vorgelegt haben. Sie erhalten über fünf Jahre kontinuier­lich Geld für öffentlich­e Projekte – in der Regel ein bis zwei Millionen. Zu diesen gehören unter anderem Unterschwa­rzach (Kreis Ravensburg), Bartholomä (Ostalbkrei­s) und Ostrach (Kreis Sigmaringe­n).

Im Sommer will Hauk Mittel, die nicht abgerufen werden, an Projekte verteilen, die in der ersten Runde leer ausgingen. In den vergangene­n Jahren waren dies zwischen drei und vier Millionen Euro.

Der Gemeindeta­g als Vertreter kleinerer Kommunen freut sich über die ELR-Rekordsumm­e. Die Projekte zeigten, wie motiviert Kommunen seien, den ländlichen Raum lebenswert zu halten, so eine Sprecherin. „Neben einer guten und wichtigen Strukturfö­rderung über das ELR brauchen wir aber auch eine grundsätzl­iche Stärkung der ländlichen Räume in Baden-Württember­g.“Der Gemeindeta­g fordert einen Flächenfak­tor. Dieser würde dazu führen, dass Gemeinden mit viel Fläche und wenigen Einwohnern mehr Geld vom Land bekommen.

Hier geht es zur Liste der geförderte­n Projekte:

schwaebisc­he.de/elr2019

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FOTO: DPA Das Programm soll auch helfen, eine funktionie­rende Infrastruk­tur im ländlichen Raum zu garantiere­n – beispielsw­eise durch Dorfläden.

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