Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Mehr Geld für Verteidigung
Von der Leyen kündigt höhere Rüstungsausgaben an
MÜNCHEN (AFP) - Mit dem Ruf nach einem militärisch stärkeren Europa in einer starken Nato hat am Freitag die 55. Münchner Sicherheitskonferenz begonnen. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte in ihrer Eröffnungsrede: „Wir Europäer müssen mehr in die Waagschale werfen.“Die Nato bleibe „für unsere Sicherheit die erste Wahl“. Innerhalb des Bündnisses müsse es aber mehr Gerechtigkeit geben. Der Wunsch der USA „nach mehr Fairness“sei berechtigt. „Wir wissen, dass wir noch mehr tun müssen. Gerade wir Deutschen“, sagte sie. Die USA pochen darauf, dass alle Nato-Staaten mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben.
Bei der bis Sonntag laufenden Sicherheitskonferenz werden auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU), US-Vizepräsident Mike Pence sowie Russlands Außenminister Sergej Lawrow reden.
MÜNCHEN - Der Krieg in Syrien, die Angst vor erneuter atomarer Aufrüstung, der Streit um die Verteidigungsausgaben – und eine Europäische Union, die sich an ihrem westlichen Rand derzeit selbst zerlegt. Wie lange können sich die Europäer ihren Dornröschenschlaf in der Außenpolitik noch leisten? Diese Frage stand am Freitag im Mittelpunkt der 55. Münchner Sicherheitskonferenz.
Wolfgang Ischinger, Leiter der Konferenz, zeigte dabei nicht Flagge, sondern Pulli. Er eröffnete die Veranstaltung mit mehr als 600 Teilnehmern in einem Kapuzenpullover im Design der blauen EU-Flagge. „Europa muss für sich selbst sprechen und handeln“, hatte der 72-jährige frühere Spitzendiplomat zuvor im Bayerischen Rundfunk gefordert. Das System internationaler Beziehungen sei „ziemlich kaputt“. Gerade auf Deutschland hat sich der Druck in den Wochen vor der Sicherheitskonferenz noch einmal deutlich erhöht. US-Präsident Donald Trump drängt die Bundesregierung mit Nachdruck, den Verteidigungsetat in fünf Jahren auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen. Dazu kommt der Ausstieg Russlands und der USA aus dem INF-Vertrag, der landgestützte nukleare Mittelstreckenraketen seit 1987 verbietet. Ein definitives Ende dieses Abkommens würde vor allem die Mitte Europas treffen.
Vor diesem Szenario rückten auch die Briten – trotz des Brexits – wieder näher an den Kontinent heran. Der britische Außenminister Gavin Williamson warf Russland „Abenteurertum“vor und warb für höhere Militärausgaben der NatoStaaten. Seine deutsche Amtskollegin Ursula von der Leyen (CDU) bekräftigte, dass beide Staaten ihre militärische Partnerschaft trotz des geplanten Brexits noch vertiefen wollten. Es gebe Unsicherheit, aber auch Chancen. Keinem Staat könne es allein gelingen, Bürger vor Risiken zu schützen. Die Ministerin hatte zuvor erklärt, Deutschland habe die Rüstungsausgaben binnen sechs Jahren um 36 Prozent gesteigert. Laut einer Studie des Internationalen Instituts für Strategische Studien (IISS) lagen die deutschen Militärausgaben im Jahr 2018 bei 45,7 Milliarden Dollar. Die USA gaben demnach 643,3 Milliarden US-Dollar für Rüstung aus – und somit zehnmal so viel wie Russland (63,1 Milliarden Dollar).
Stoltenberg will USA besänftigen
Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonte, wie wichtig es sei, den Etat des Verteidigungsbündnisses zu erhöhen, um den Weltfrieden zu erhalten und die Amerikaner zu besänftigen. Derzeit erhöhten die USA die Zahl ihrer Truppen in Europa sogar. Das sei „ein deutliches Zeichen des US-Bekenntnisses zur Nato und zu Europa“.
Ein etwas anderes Bild der transatlantischen Verbundenheit zeichnete Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). „Wir dürfen nicht in kurzer Zeit verspielen, was in vielen Jahren aufgebaut wurde“, sagte er. Sein Gegenmittel für all die Unbill der vergangenen Zeit: mehr Multilateralismus in den internationalen Beziehungen. Dies sei kein Selbstzweck, sondern Voraussetzung für Sicherheit und Wohlstand. Die Europäer müssten eine stärkere Rolle in den internationalen Beziehungen haben, forderte Maas. Und diese Stärke müssten sie in konkretes Handeln umsetzen. „Wir müssen Subjekt, nicht Objekt der Weltpolitik sein“, forderte Maas. Dies sei allein mit höheren Verteidigungsausgaben nicht zu erreichen. Dazu gehörten auch eine stärkere Konfliktprävention, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit.