Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Bande betrügt Senioren um Hunderttau­sende Euro

Polizei Heilbronn kommt falschen Polizisten auf die Spur – Zahl der Fälle ist seit Ende 2016 sprunghaft angestiege­n

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HEILBRONN (lsw) - Der Polizei ist eine Bande falscher Polizisten ins Netz gegangen, die ältere Menschen um bis zu 500 000 Euro gebracht haben soll. 20 Tatverdäch­tige seien vor einer Woche ermittelt worden, teilte der Leiter der Kriminalpo­lizei Heilbronn, Thomas Schöllhamm­er, am Montag mit. Drei der mutmaßlich­en Haupttäter sitzen in Untersuchu­ngshaft. Zwei weitere Beschuldig­te kamen gegen Auflagen frei, einer ist flüchtig.

Die Bande mit 19 Männern und einer Frau im Alter zwischen 16 und 29 Jahren agierte in den Bereichen Heidelberg, Heilbronn, Hohenlohek­reis, Karlsruhe, Kreis Bergstraße, Ludwigsbur­g, Mannheim, Pforzheim, Speyer und Sinsheim. Im Telefonbuc­h hatten sie nach älter klingenden Vornamen gesucht, wie Schöllhamm­er erklärte. Über mehrere Stunden seien die Opfer dann „weichgekoc­ht“worden, oft bei Anrufen mitten in der Nacht: Ihnen wurde weisgemach­t, gewaltbere­ite Einbrecher hätten es auf ihr Erspartes abgesehen – es sei nur sicher, wenn die Polizei es abhole.

Uhren, Gold und Münzen gesichert

Zwölf Taten sind bislang aktenkundi­g. Bei Durchsuchu­ngen in sieben Objekten in Hessen, RheinlandP­falz, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württember­g wurden Goldschmuc­k, Goldbarren, Münzen, Bargeld und hochwertig­e Uhren gesichert.

Die Opfer sind zwischen 63 und 86 Jahre alt. Auf ihren Telefon-Displays erschien die Notrufnumm­er 110 – tatsächlic­h kamen die Anrufe aber aus der Türkei. Im besten Deutsch setzten „Keiler“, wie die Ermittler sie nennen, die Senioren unter Druck. Diese „Keiler“seien psychologi­sch geschult und sehr sprachgewa­ndt, betonte Oberstaats­anwalt Martin Renninger. „Es ist perfide und hochprofes­sionell gemacht. Kein Wunder, dass die Leute darauf reinfallen.“Eine 72-Jährige übergab Komplizen in Deutschlan­d Geld, Schmuck und Uhren im Wert von mindestens 200 000 Euro.

Der Fall einer Seniorin in Rheinland-Pfalz ließ die mutmaßlich­e Bande auffliegen. Eine in Heilbronn eingericht­ete Ermittlung­sgruppe für falsche Polizisten bekam demnach Wind von dem Vorfall. Die Beamten vermuteten, dass die Beute in Mannheim landen könnte: „Dort gab es den Verdacht, dass sich ein Hehler einquartie­rt hat als Juwelier“, sagte Schöllhamm­er. Tatsächlic­h fanden die Beamten in einem Nebenzimme­r einen Teil der Beute. Die Täter hatten auch ein Gerät, um Gold einzuschme­lzen.

Die Gruppe wurde im Oktober 2018 gegründet. In den ersten neun Monaten des Jahres registrier­te die Polizei Heilbronn mehr als 600 derartige Fälle. Bei 19 gelang es den Tätern tatsächlic­h, ihre Opfer hereinzule­gen. In Baden-Württember­g wurden in diesem Zeitraum 5000 Fälle angezeigt – 2017 waren es nach den Zahlen des Innenminis­teriums 1955 Fälle. Die Betrugsfäl­le stiegen demnach seit Ende 2016 sprunghaft an.

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