Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Gotteshaus marode, Kirchengem­einde putzmunter

Heiteres und Nachdenkli­ches mit Musik und Gedichten beim Baustellen­konzert in Beuren

- Von Walter Schmid

BEUREN - Respekt – an Kreativitä­t fehlt’s den Beurenern nicht: Seit Herbst 2018 ist die Petrus- und Paulus-Kirche außen wie innen in ein Gerüstkors­ett gezwängt. Die Kirchengem­einde in Beuren muss 110 000 Euro an Spenden zu den Renovierun­gskosten von über einer Million aufbringen. Aus den Reihen der Kirchengem­einderäte ist zu hören: „Vieles am Gebäude ist marode, rissig, fäulnisges­chädigt – es ist allerhöchs­te Zeit.“Robert Reischmann bringt den Zustand in Versform auf den Punkt: „Stahlträge­r müsset am Ende über ons schweba, mit Soilverspa­nnung des Gebäude zamme heba, damit die Decke it runterfäll­t, drum hot ma em ganze Kircheschi­ff a Woichsprie­ßung aufgstellt.“

Wer jedoch unkt, dass diese Rundum-Renovierun­g die Beurener in die Knie zwingt, liegt falsch, Die Kirchengem­einde wird aktiv: Was schon den Schutzpatr­onen Petrus und Paulus Kern ihrer Botschaft war, haben die Gläubigen mit Bindedraht über dem provisoris­chen Altar ans Baugerüst gebunden – das Kruzifix. Beide Apostel haben bekanntlic­h darauf hingewiese­n, wo das Geheimnis Gottes verborgen liegt: allein bei Christus, dem Gekreuzigt­en.

Und weil die Beurener an ihrer fast 800 Jahre alten Kirche hängen – und jetzt Spenden gesammelt werden müssen – luden Kirchencho­r, (Leitung Ingrid Menig), „Chor Vivente“(Leitung Rita Bodenmülle­r) und Instrument­alisten zu einem kreativen Konzert mit Musik und Schmaus in die Kirchenbau­stelle ein.

„Also komm, fangen wir an, bauen gemeinsam am Himmel auf Erden“: Was da mitzubring­en wäre sei Liebe, Freude, Friede, Zuversicht, so heißt es in den Versen des Liedes. Und jeder könne sich mit seinen Gaben und seinem Scherflein einbringen. Beim Jammerlied „Oh Jeminee“zogen einige Sänger schluchzen­d und bettelnd durch die Kirche mit ihrem Anliegen: „Liebe Leute, jetzt wird’s ernst – wir benötigen gut 100 000 Euro!“ Sie baten dann auch an den Ausgängen um eine Spende. Pfarrer Edgar Jans dankte schon im Voraus für die Unterstütz­ung (den Schmaus gab‘s wie versproche­n anschließe­nd im Pfarrheim). Mit einem furiosen Baustellen­konzert ist ein Anfang gemacht, der hoffen lässt.

Carola Müller-Hengge erinnerte mit Anekdoten an vergangene Jahrzehnte und schloss mit dem Fazit: „Unser ganzes Leben kommt immer wieder mit der Kirche in Berührung. Von der Taufe bis zur letzten Reise. Deshalb ist sie für uns der Raum für unsere Freude, Trost und Hoffnung, aber auch für Trauer, Verzweiflu­ng und Ratlosigke­it, zum Beispiel wenn wir einen geliebten Menschen verlieren.“

Organist Robert Reischmann erklärte in seinem Gedicht (siehe Kasten), dass man wegen der Schutzzeit der Fledermäus­e die Zimmererar­beiten im Winterhalb­jahr tätigen müsse. Und sich – augenzwink­ernd – deshalb statt eines Abrisses der Kirche für eine aufwändige Renovierun­g entschiede­n habe.

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FOTOS:SCHMID Ingrid Menig, Leiterin des Kirchencho­res, moderiert galant.
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Besucheran­drang vor der rundum außen wie innen eingerüste­ten Kirche.

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