Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Gastronom kämpft gegen Verschwendung
Wie ein Lindauer Restaurantbesitzer per App Mahlzeiten rettet
LINDAU - Bärlauch-Maultaschen mit Frischkäsefüllung, gegrilltes Gemüse und eine asiatische Glasnudelsuppe stehen auf dem Mittagsbuffet des Strandhauses Lindau. Obwohl Inhaber Klaus Winter akribisch geplant hat, Überschuss lässt sich nicht komplett vermeiden. Vier Portionen bleiben übrig. Die Gerichte sind zu schade zum Wegwerfen, dürfen aber auch nicht wieder zurück in die Küche. Das ist der Zeitpunkt an dem Jasmin Schwabe-Winter ihr Handy zückt. Über die App „Too Good To Go“bietet sie die Mahlzeiten zum Verkauf an, für den halben Preis und zum Selbstabholen. „Ich ärgere mich, dass ich das nicht schon vorher gemacht habe“, sagt Jasmin Schwabe-Winter. Sie entdeckte die App bereits vor zwei Jahren, allerdings mitten in der Hochsaison. Die Idee geriet kurzzeitig in Vergessenheit. Doch das Problem mit den übrig gebliebenen Portionen blieb. Das Ehepaar überlegte bereits, die Lebensmittel der Tafel zu spenden, die darf jedoch keine gegarten Lebensmittel annehmen. Für die Inhaber des Strandhauses stand somit fest: „Wir probieren das jetzt einfach.“
Die Anmeldung war für Jasmin Schwabe-Winter unkompliziert. Ein Ansprechpartner von „Too Good To Go“unterstützte sie dabei, ein Profil zu erstellen. Nutzer melden sich einfach bei der App an und sehen, welche Anbieter in ihrer Nähe mitmachen. In Lindau ist Klaus Winter der erste Einzelgastronom, der dabei ist. Ansonsten gibt es noch die Kette Nordsee, die die App deutschlandweit nutzt. Die Portion wird online reserviert und bezahlt und kann dann zur angegebenen Uhrzeit abgeholt werden.
Symbolischer Preis
Den Preis für die Portion legen die Gastronomen selbst fest, er sei jedoch eher symbolischer Natur, sagt Jasmin Schwabe-Winter. Das reguläre Mittagsbuffet im Strandhaus kostet 8,90 Euro, die Reste bekommt man über To Good To Go für 4,50 Euro. Angst, dass Gäste das Angebot ausnutzen könnten, hat Winter keine. Im Gegenteil: Gerade wenn jemand wenig Geld habe, sei das eine gute Möglichkeit.
Klaus Winter bittet seine Gäste für ihr Essen eine eigene Box mitzubringen. „Wir wollen nicht auf der einen Seite gegen Verschwendung kämpfen und auf der anderen Seite dann wieder Müll produzieren“, sagt er. Bisher seien die Leute sogar noch zu bescheiden und bringen eher zu kleine Behälter mit. Da verleiht Winter schon mal spontan eine Schüssel aus seiner Küche.
„Es gibt nur Gewinner“, fasst Gastronom Klaus Winter das Konzept zusammen. Die Nutzer der App bekommen eine günstige Mahlzeit, die Restaurants müssen nichts wegschmeißen und Ressourcen werden geschont. Er würde sich freuen, wenn noch mehr Lindauer Betriebe mitmachen würden. Das Angebot richtet sich nicht nur an Restaurants, sondern auch an Bäckereien, Cafés, Hotels und Supermärkte.
Wiederverwendbare Kaffeebecher für Campingplatz
Auch in Zukunft soll es im Strandhaus nachhaltig zugehen. Jasmin Schwabe-Winter hat bereits einen Partnerbetrieb angesprochen, ob die sich nicht ebenfalls bei „To Good To Go“registrieren möchten. Außerdem plant sie, für den angrenzenden Camping-Platz auf wiederverwendbare Kaffee-Becher umzusteigen. „Es ist so einfach, etwas zu verändern.“