Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Wenn das kein musikalischer Kontrast ist
Cellist Christian Brunner und Pianist Valerij Petasch gastieren im Barocktreppenhaus
BAD WURZACH - Das Barocktreppenhaus im Bad Wurzacher Schloss strahlt eine besondere und einmalige Atmosphäre aus. Das ist wohl auch der Grund, weshalb Konzertpianist Valerij Petasch hier immer wieder auftritt.
So auch am Sonntagabend dem Motto „Cello trifft Piano“. Den Cellistenpart übernahm Christian Brunner und nicht wie angekündigt Julius Berger. Die zahlreichen Besucher erlebten einen ebenso romantischen wie expressiven Auftritt.
Lange habe er gewartet und gehofft, dass Cellist Julius Berger, Professor am Augsburger Leopold-Mozart-Konservatorium, doch noch zusagen würde. Schließlich habe er aber aus gesundheitlichen Gründen passen müssen, schickte Valerij Petasch dem Konzert voraus. Über Bekannte sei er dann auf Christian Brunner gestoßen.
„Eine schöne und tolle Entdeckung“, freute er sich. Bestätigt bekamen die Zuhörer das gleich mit dem ersten Duo – einem Nocturne in cisMoll von Peter Tschaikowsky aus den sechs Klavierstücken Opus 19, das erst 1956 veröffentlicht wurde. Petasch, längst bekannt für seine perlenden Klavierakkorde und den Händen, die kaum die Tasten zu berühren scheinen, auf der einen Seite. Auf der anderen der Schweizer Christian Brunner, bekannt und vielfach ausgezeichnet für sein beherztes Zupacken, das keine noch so hohe Hürde scheut.
Wenn das keinen musikalischen Kontrast verspricht! Was zu Beginn noch etwas Einhören beim Zusammenspiel erforderte, löste sich spätestens in Sergei Rachmaninows „Danse Orientale“in a-Moll auf. Klavier und Cello forcieren sich gegenseitig bis hin zu eruptiven Höhen, um sich sogleich wieder im Nichts zu verlieren. Es ist ein beständiges Kreisen in immer neuen Variationen, die mit einem ruhigen Pizzikatoschluss ausklingen.
Davor interpretierte Petasch solo Alexandr Skrjabins Masurka in eMoll und Etüde op.2, gefolgt von Michail Glinkas „Die Lerche“. Ganz der Zeit der Romantik verpflichtet und als zehnte der zwölf Romanzen des Zyklus „Abschied von St. Petersburg“1840 entstanden, schwelgte Klangmeister Petasch in rasanten Tempi, so als wollten die Akkordläufe davonflattern, um im selben Moment verwegene poetische Töne anzuschlagen.
Risikofreudig und allzeit souverän
Im starken Kontrast hierzu stand Brunners Solopart mit ausgewählten Tänzen aus Mikis Theodorakis’ „Choros Asikikos – 11 Tänze“. Er, Brunner, sei zwar Schweizer, aber im Herzen sei er Grieche. Die Tänze beziehen sich auf die Zeit kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs, als Theodorakis während des griechischen Bürgerkriegs als kommunistischer Regimegegner auf die Insel Ikaria verbannt wurde.
Sehr griechisch tönen die 1989 im zweisechzehntel Takt komponierten Stücke. Sobald Brunner den Bogen ansetzt, geben sich die Tänze in ihrer ganzen Nüchternheit und Sprödigkeit zu erkennen. Es ist immer wieder ein tief gehendes Miterleben, einen Solisten so hautnah beim Spiel mitverfolgen zu können. Brunner greife risikofreudig und allezeit souverän in die Saiten, heißt es über seine Kabinettstücke, die voller Leidenschaft und technischer Brillanz sind. Wie ein Trommelfeuer lässt er die Klagelieder gleichenden Tänze herunterprasseln.
Und lacht, sobald der letzte Strich verhallt. Ein herzhaftes Lachen kann sich auch im Anschluss mit eigenen Kompositionen Valerij Petasch nicht mehr verkneifen. Dringt doch von draußen der blecherne Sound einer Blasmusikkapelle ins Innere vor. „Ich muss etwas Lautes spielen!“, beugt er sich über die Tasten und wechselt nach Frédéric Chopins ruhigem cMoll-Nocturne zu George Gershwins „Summertime“über.
Valerij Petasch ist wie gesagt ein Meister seines Fachs, und er kann sich ganz offen über sein Können freuen.
Das Finale bestritt er gemeinsam mit Christian Brunner und Rachmaninows „Vocalise op. 34“. Hierbei treffen sich beider Instrumente in einer harmonischen Einheit. Ohne Wort, mit purer Emotion.