Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Fantastisches und Politisches
Das Sommertheater Überlingen zieht von der Kapuzinerkirche ins Pfarrzentrum
ÜBERLINGEN - Das Sommertheater Überlingen präsentiert diese Saison wieder zwei Stücke. Als Spielstätte dient allerdings nicht mehr die einsturzgefährdete Kapuzinerkirche, sondern der frisch renovierte Saal im Pfarrzentrum der Münstergemeinde St. Nikolaus. Im Zeitraum von Mittwoch, 7. August, bis Samstag, 10. August, werden die beiden Stücke „Alice“und „Make your heart beat again – Der blaue Planet im Mittelpunkt“gezeigt. Die Leitung übernimmt Regisseur und Schauspieler Florian Hackspiel.
Totgesagte leben länger. Dies scheint auch für das Sommertheater Überlingen zu gelten. Denn zunächst sah es so aus, als sei die Institution nach Jahrzehnten Geschichte. Zuerst hatte die Stadt Überlingen den Zuschuss in Höhe von ursprünglich 60 000 Euro sukzessive auf 30 000 Euro halbiert, vor dieser Saison strich sie den Zuschuss dann komplett. Und dann war da noch der Spielort, die Bühne in der Kapuzinerkirche. Das ehemalige Klosterkirchlein am Bodenseeufer bietet zwar eine einzigartige Atmosphäre, ist jedoch einsturzgefährdet. Es muss dringend saniert werden, bevor dort wieder Veranstaltungen stattfinden können. Im kommenden Jahr ist die Kirche dann schon anderweitig belegt: „2020 ist sie Teil der Landesgartenschau“, sagt Oswald Burger, stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins Sommertheater Überlingen. Mit einem Augenzwinkern fügt er hinzu: „Erst 2021 machen wir wieder Theater da drin.“
Kein Geld, kein Spielort: Für den Verein war das kein Grund, aufzugeben. „Wir machen es alleine, aber das muss sich wieder ändern“, sagt Burger. Das Programm sei sparsam, denn die Kosten müssten allein über die Mitgliedsbeiträge und die Rücklagen des Vereins finanziert werden. Außerdem hofft der Verein, dass möglichst viele Zuschauer kommen und mit den Eintrittskarten zur Entspannung der finanziellen Lage der Vereinskasse beitragen. „Reserven kann man nur einmal ausgeben“, ergänzt Joachim Scholz vom Förderverein. „Wir setzen jetzt alles auf eine Karte, brauchen in Zukunft aber eine Basisunterstützung.“.
Der aus Innsbruck stammende Regisseur und Schauspieler Florian Hackspiel leitet die beiden Inszenierungen, die der Förderverein in Kooperation mit dem Theater Melone zeigt. Bei „Alice“handelt es sich um die Geschichte von Alice im Wunderland in einer Fassung von Katja Hensel. „Es ist ein Familienstück, das für Kinder ab sechs Jahren geeignet ist“, sagt Hackspiel. Vier Schauspielerinnen zeigen ihrem Publikum die Welt von Alice. „Bei unserer Alice geht es um die Fantasie“, sagt der Regisseur. Immer wenn das Mädchen allein zu Hause ist, werden ihre Gedanken lebendig. Die Botschaft des Stücks: „Du kannst alles real machen, wenn du es willst. Glaube an dich und glaube an deine Fantasie“, sagt Hackspiel.
Das Stück „Make your heart beat again“hat Florian Hackspiel geschrieben und entwickelt. „Es ist ein hochpolitisches Stück ohne Fingerzeig“, sagt er. Es gebe dem Zuschauer keine Anleitung, wie er zu leben oder welche Partei er zu wählen habe. Vielmehr gehe es darum, auf sein Herz zu hören, wenn es um den Umgang mit unserem Planeten und anderen Menschen geht. Die drei zentralen Themen sind Europa, Rechtspopulismus und Plastikmüll. Doch auch viele andere kritische Themen, die das Leben auf der Erde betreffen, kommen zur Sprache. „Es ist trotzdem ein humorvolles Stück, das auch voller Widersprüche steckt“, sagt er. Nach der Uraufführung in Innsbruck und Aufführungen in Wien hat das Stück Premiere in Deutschland.