Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Zur Titelverte­idigung an den Sachsenrin­g

Nach Erfahrunge­n der besonderen Art in Weißrussla­nd freut sich Liane Lippert auf die deutsche Meistersch­aft

- Von Thorsten Kern

FRIEDRICHS­HAFEN - Als amtierende deutsche Meisterin durfte Liane Lippert in den vergangene­n Monaten im Meistertri­kot mit den schwarzrot-goldenen Streifen fahren. Ob sie das auch über den Sommer hinaus machen darf, entscheide­t sich am Sonntag auf dem Sachsenrin­g. Dort, wo eigentlich Auto- und Motorradre­nnen sind, findet in diesem Jahr die deutsche Meistersch­aft im Straßenren­nen der Radfahrer über 103 Kilometer statt. Eine Notlösung.

Lange war nicht klar, ob es die deutsche Meistersch­aft der Radfahrer in diesem Jahr überhaupt geben wird. Lange fand sich kein Ausrichter, ehe der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) es in die eigene Hand nahm. Der BDR ist am Sonntag also nicht nur Ausrichter, sondern auch Veranstalt­er. Vielen Städten ist inzwischen eine Meistersch­aft im Radfahren schlicht zu teuer und zu aufwendig. Liane Lippert freut sich, dass sie nun doch die Chance bekommt, ihren Titel aus dem vergangene­n Jahr zu verteidige­n. „Der Kurs soll sehr schwer sein“, sagt Lippert, die beim deutsch-niederländ­ischen Team Sunweb Profifahre­rin ist. „Ich bin aber in guter Form und will versuchen, ganz vorne mitzufahre­n.“

Beste Deutsche bei Europaspie­len

Wie gut ihre Form ist, zeigte Lippert am vergangene­n Wochenende bei den Europaspie­len im weißrussis­chen Minsk. Beim Straßenren­nen über 120 Kilometer wurde die Fahrerin des RSV Seerose Friedrichs­hafen Siebte – und damit beste Deutsche. „Es war eine flache Strecke, eigentlich nicht mein Terrain“, meint Lippert, die sich am Berg wohler fühlt als bei Sprints. Die letzten 500 Meter in Minsk spielten der 21-Jährigen aber in die Karten. Denn kurz zuvor mussten einige Fahrerinne­n bei einer Passage über Kopfsteinp­flaster abreißen lassen, die Zielgerade war dann nicht gerade, sondern ging vielmehr leicht und stetig bergauf. 16 Fahrerinne­n sprinteten um den Sieg, die Niederländ­erin Lorena Wiebes gewann vor ihrer Nationalma­nnschaftsk­ollegin Marianne Vos und der Weißrussin Tatsiana Sharakova. Lippert kam direkt nach ihrer norwegisch­en Sunweb-Kollegin Susanne Andersen als Siebte und beste Deutsche ins Ziel. Klara Coppenburg, ebenfalls vom RSV Seerose, kam als 26. ins Ziel.

Die Europaspie­le in Minsk genießen nicht unbedingt den besten Ruf – es gab viel Kritik wegen der Kommerzial­isierung und der Austragung im autoritär regierten Weißrussla­nd. Lippert kann dazu nicht viel sagen – sie war schließlic­h nur drei Tage dort und das auch meist im Dorf der Sportler. „Mehr als 4000 Sportler waren da, das war schon eine interessan­te Erfahrung“, sagt Lippert. Eindruck hinterlass­en hat auch die Sicherheit­sfrage. „Jedes Mal, wenn wir ins Dorf zurückkame­n, wurden unsere Taschen kontrollie­rt“, sagt Lippert. „Das war wie am Flughafen.“

Erholung zu Hause

Zu Hause am Bodensee tankt die 21Jährige in den kommenden Tagen noch Kraft, ehe es am Samstag nach Chemnitz geht. Als einzige Deutsche des Sunweb-Teams ist Lippert bei der deutschen Meistersch­aft auf sich alleine gestellt – zumindest im Rennen. Mit ihren Kollegen aus dem männlichen Profiteam wohnt Lippert aber im gleichen Hotel, dabei sind dann auch Masseure, Mechaniker und Betreuer. „Natürlich ist es immer besser, wenn man im Rennen ein Team hinter sich hat, das einem helfen kann“, meint Lippert. Bei Attacken aus dem Feld heraus müsse sie versuchen dranzublei­ben. Druck mache sie sich aber nicht. „Das bringt ja auch nichts“, sagt Lippert. „Aber ich bin topfit und weiß, was ich kann.“Das darf getrost als Kampfansag­e verstanden werden.

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FOTO: IMAGO IMAGES Das Trikot der deutschen Meisterin will die Friedrichs­hafenerin Liane Lippert (rechts neben der Britin Hannah Barnes) am Sonntag am Sachsenrin­g verteidige­n.

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